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Runder Geburtstag

Chinas Staatschef Xi Jinping wird 70 – auf dem Zenit seiner Macht: Ein Nachfolger ist nicht in Sicht

Chinas Staatschef Xi Jinping spricht auf einem Schulgelände in Peking mit mehreren Schülern.
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Xi Jinping mischt sich gern gelegentlich unters Volk. Nun ist Chinas ewiger Staatschef 70 geworden.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping wird 70. Er gehört zu den Mächtigsten der Welt – und hat noch keinen möglichen Nachfolger ins Spiel gebracht. Das deutet auf eine lange Herrschaft hin.

Peking/München – 70 und kein bisschen amtsmüde: Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping feiert am heutigen Donnerstag Geburtstag. Er ist gut zehn Jahre im Amt und auf dem Höhepunkt seiner Macht. Vor wenigen Monaten hat er sich von der Kommunistischen Partei eine dritte fünfjährige Amtszeit absegnen lassen. Seit dem Ende der Pandemie reist er wieder durch die Welt – und durch sein Land, zuletzt in die Innere Mongolei und die Provinz Shaanxi zu einem Gipfel mit den Präsidenten der zentralasiatischen Nachbarstaaten.

Runde Geburtstage sind vor allem symbolisch, klar. Trotzdem wirft der 70. Geburtstag Xis ein Schlaglicht auf die Tatsache, dass Chinas starker Mann bislang keinen Nachfolger aufgebaut oder gar benannt hat. Xi ließ Amtszeitbegrenzungen abschaffen und kann daher theoretisch bis an sein Lebensende an der Staats- und Parteispitze regieren. Es gibt in den oberen Rängen der Partei derzeit keine ernsthaften Gegenspieler des Präsidenten. Xi sitzt fest im Sattel.

Und so ist es durchaus wahrscheinlich, dass er sich auf dem nächsten Parteitag 2027 erneut ernennen lässt, dann mit 74 Jahren. Beim übernächsten Parteitag 2032 wäre er 79. Das ist ein hohes Alter. Allerdings wird US-Präsident Joe Biden bei der kommenden Wahl im November 2024 bereits 82 Jahre alt sein, sein möglicher Herausforderer, Ex-Präsident Donald Trump, immerhin auch schon 78. Und so hat Xi Jinping möglicherweise das Gefühl, noch ewig Zeit zu haben, auch mit 70. Bundeskanzler Olaf Scholz ist übrigens genau fünf Jahre und einen Tag jünger als Xi. Er feierte am Mittwoch seinen 65. Geburtstag.

Xi Jinping und die Macht

Die Kommunistische Partei Chinas hatte sich mehrere Jahrzehnte an gestaffelte Altersobergrenzen zwischen 65 und 70 Jahren für verschiedene Ämter gehalten. Xi setzte diese mühsam gewonnenen Regeln wieder außer Kraft. Doch je mehr ein Machthaber die Normen erodiert, desto größer werde das Risiko für ihn selbst, warnen Experten. Die nachwachsende KP-Elite könnte Xi irgendwann satthaben und beiseiteschieben. Oder er stirbt im Amt, wie 1976 Mao Zedong mit 82 Jahren. Damals folgte ein chaotisches Ringen um die Nachfolge des greisen Revolutionsführers.

All das scheint Xi Jinping zumindest derzeit nicht anzufechten. Er hat die Volksrepublik von der Einparteien-Diktatur praktisch zur Ein-Mann-Herrschaft gemacht und prägt China und die Partei mit seiner Handschrift. Im Ständigen Ausschuss des Politbüros, Chinas Machtzentrale, sitzen ausschließlich Politiker, die Xi Jinping loyal verbunden sind. Mit Li Qiang ist einer seiner engsten Vertrauten aus diesem Zirkel seit März auch Ministerpräsident. „Xi selbst scheint Macht an sich darzustellen. Sie strahlt von ihm aus, fast wie eine physische Kraft“, schreibt Kerry Brown in Xi Jinping. A study of Power, einem der wenigen Bücher über Xi. Er rede wie ein Mann mit unendlichem Selbstvertrauen, so Brown, Direktor des Lau China Institute am King’s College in London und ausgewiesener Xi-Experte.

Die Vorgänger Jiang Zemin oder Hu Jintao waren stets Teil eines Führungskollektivs. Xi jedoch beansprucht die Führung zunehmend für sich allein. „Xi unterscheidet sich in Bezug auf seine Durchsetzungsfähigkeit radikal von seinen Vorgängern“, sagte kürzlich auch der frühere australische Premierminister, China-Experte und heutige Botschafter in den USA, Kevin Rudd.

Xi Jinping glaubt an den Kommunismus

Als Xi Jinping 2012 sein Amt antrat, hielten ihn viele Beobachter für einen pragmatischen Reformer. Auch deshalb, weil er über Positionen in wirtschaftlichen Boomprovinzen entlang der Küste in die Machtzentrale aufgestiegen war. Und weil sein Vater Xi Zhongxun in der Kulturrevolution wegen seiner pragmatischen Politik als Vize-Ministerpräsident in Ungnade fiel. Xi senior wurde erst zum Vizechef einer Traktorenfabrik degradiert, später von Roten Garden gefoltert und eingesperrt. Xi Jinpings Schwester nahm sich aus Angst das Leben. Und der damals 15-jährige Xi Jinping wurde 1969 mit rund 20 anderen Jugendlichen in einen Zug zur körperlichen Arbeit aufs Land verfrachtet.

Chinas Staats- und Parteichef: So stieg Xi Jinping zum mächtigsten Mann der Welt auf

Chinas heutiger Staatschef Xi Jinping (2. von links) mit anderen Jugendlichen im Mao-Anzug
Xi Jinping wurde am 15. Juni 1953 in Peking geboren. Als Sohn eines Vize-Ministerpräsidenten wuchs er sehr privilegiert auf. Doch in der Kulturrevolution wurde er wie alle Jugendlichen zur Landarbeit aufs Dorf geschickt. Das Foto zeigt ihn (zweiter von links) 1973 mit anderen jungen Männer in Yanchuan in der nordwestlichen Provinz Shaanxi. Dort soll Xi zeitweise wie die Einheimischen in einer Wohnhöhle gelebt haben. © imago stock&people
Xi Jinping steht vor der Golden Gate Bridge in San Francisco
Xi Jinping 1985 vor der Golden Gate Bridge in San Francisco: Damals war er als junger Parteichef des Landkreises Zhengding in der nordchinesischen Agrarprovinz Hebei Delegationsleiter einer landwirtschaftlichen Studienreise nach Muscatine im US-Bundesstaat Iowa. Dort nahm die Gruppe nach offiziellen Berichten „jeden Aspekt der modernen Landwirtschaft unter die Lupe“. Anschließend reiste Xi weiter nach Kalifornien. Es war sein erster USA-Besuch. © imago stock&people
Xi Jingping und Peng Liyuan
Zweites Eheglück: Xi Jinping und seine heutige Ehefrau, die Sängerin Peng Liyuan, Anfang 1989. Zu dieser Zeit war Xi Vizebürgermeister der ostchinesischen Hafenstadt Xiamen. Die beiden haben eine gemeinsame Tochter. Xis erste Ehe war nach nur drei Jahren an unterschiedlichen Lebenszielen gescheitert. Seine erste Frau, die Diplomatentochter Ke Lingling, zog in den 1980er-Jahren nach Großbritannien. © imago
Xi Jinping gräbt mit Parteikollegen an einem Damm zur Verstärkung eines Deiches in Fujian
Aufstieg über die wirtschaftlich boomenden Küstenregionen: 1995 war Xi Jinping bereits stellvertretender Parteichef der Taiwan gegenüberliegenden Provinz Fujian – und noch ganz volksnah. Im Dezember 1995 arbeitet er mit an der Verstärkung eines Deiches am Minjiang-Fluss. © Imago/Xinhua
Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt Chinas Vizepräsident Xi Jinping das Regierungsviertel in Berlin
Vizepräsident Xi Jinping 2009 im Kanzleramt bei Angela Merkel: Die deutsch-chinesischen Beziehungen waren unter Merkel relativ eng und von wirtschaftlicher Zusammenarbeit geprägt. Merkel und Xi reisten aus Berlin weiter nach Frankfurt, um die dortige Buchmesse zu eröffnen. China war als Ehrengast geladen. © GUIDO BERGMANN/Pool/Bundesregierung/AFP
Die Vizepräsidenten Xi Jinping aus China und Joe Biden aus den USA halten T-Shirts mit einer Freundschaftsbekundung in die Kamera
Ein Bild aus besseren Zeiten: Aus ihrer jeweiligen Zeit als Vizepräsidenten kamen Joe Biden und Xi Jinping mehrmals zusammen. Im Februar 2012 demonstrierten sie bei einer Reise Xis nach Los Angeles in einer Schule „guten Willen“ zur Freundschaft mit T-Shirts, die ihnen die Schüler überreicht hatten. Damals fehlten Xi nur noch wenige Monate, um ganz an die Spitze der Kommunistischen Partei aufzusteigen. © FREDERIC J. BROWN/AFP
Ein alter Mann in Shanghai schaut auf Xi bei seiner ersten Rede als Parteichef im Fernseher.
Xi Jinping hat es geschafft: Zum Ende des 18. Parteitags am 15. November 2012 wurde Xi als neuer Generalsekretär der Kommunisten präsentiert – und ganz China schaute zu. Xi gelobte in seiner ersten kurzen Rede als Parteichef, die Korruption zu bekämpfen und ein „besseres Leben“ für die damals 1,3 Milliarden Menschen des Landes aufzubauen.  © PETER PARKS/AFP
Der neue Staatschef Xi Jinping geht hinter seinem Vorgänger Hu Jintao zu seinem Platz in der Großen Halle des Volkes in Peking.
Übernahme auch des obersten Staatsamtes: Xi Jinping wurde auf dem Nationalen Volkskongress im März 2013 Präsident und schloß damit den Übergang von seinem Vorgänger Hu Jintao (vorn im Bild) zur Xi-Ära ab. © GOH CHAI HIN/AFP
Chinas Präsident und seine Ehefrau Peng Liyuan gehen über den Flughafen Orly in Paris.
Xi Jinpings Ehefrau Peng Liyuan ist die erste First Lady Chinas, die auch öffentlich in Erscheinung tritt. Hier kommt das Ehepaar zu einem Staatsbesuch in Frankreich an. Die Gattinnen von Xis Vorgängern hatten sich nie ins Rampenlicht gedrängt. Vielleicht auch, weil Maos politisch aktive dritte Ehefrau Jiang Qing nach dem Tod des „Großen Vorsitzenden“ als Radikale verurteilt worden war. © YOAN VALAT/Pool/AFP
Funktionäre der Kommunistischen Partei Chinas auf dem Weg zum Parteitag in Peking
So sehen KP-Funktionäre aus: Delegierte des 19. Parteitags auf dem Weg zur Großen Halle des Volkes in Peking im Oktober 2017. Auf diesem Parteitag gelang es dem Staats- und Parteichef, seine „Xi Jinping-Gedanken zum Sozialismus Chinesischer Prägung in der Neuen Ära“ in die Parteiverfassung aufzunehmen. Er war der erste nach Mao, der zu Lebzeiten in der Verfassung eine Theorie mit seinem Namen platzieren konnte. Einen Kronprinzen präsentierte Xi auf dem Parteitag nicht – entgegen den normalen Gepflogenheiten. © GREG BAKER/AFP
Xi Jinping nimmt in einer Staatslimousine „Rote Fahne“ die Parade zum 70. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China ab.
70 Jahre Volksrepublik China: Staatschef Xi Jinping nahm 2019 in einer offenen Staatslimousine Marke „Rote Fahne“ die Militärparade in Peking zum Jahrestag der Staatsgründung ab. © GREG BAKER/AFP
Wirtschaftsforum in Wladiwostok
Xi Jinping pflegt eine offene Freundschaft zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin – bis heute, trotz des russischen Angriffskrieges in der Ukraine. Putin und Xi teilen die Abneigung gegen die von den USA dominierte Weltordnung. Hier stoßen sie 2018 bei einem gemeinsamen Essen auf dem Wirtschaftsforum von Wladiwostok, auf dem sich Russland als Handelspartner und Investitionsziel im asiatischen Raum präsentierte, miteinander an. © Sergei Bobylev/POOL TASS Host Photo Agency/dpa
Xi Jinping besucht im weißen Kittel ein Labor und lässt sich die Impfstoffentwicklung erklären
Ende 2019 brach in China die Corona-Pandemie aus. Im April 2020 informierte sich Xi Jinping in einem Labor in Peking über die Fortschritte bei der Impfstoffentwicklung. Xi ist bis heute überzeugt, dass China die Pandemie besser im Griff hat als der Rest der Welt. Seine Null-Covid-Politik beendet er nicht, wohl auch wegen der viel zu niedrigen Impfquote unter alten Menschen. © Ding Haitao/Imago/Xinhua
Xi Jinpings Konterfei lächelt von einem Teller mit rotem Hintergrund
Auf dem 20. Parteitag im Oktober 2022 ließ sich Xi Jinping zum dritten Mal zum Generalsekretär der Kommunisten ernennen. Damit ist er der mächtigste Parteichef seit Mao Zedong. © Artur Widak/Imago

Sieben Jahre lebte der junge Xi in dem Dorf Liangjiahe im Nordwesten Chinas, teilweise in einer Wohnhöhle, der traditionellen Unterkunft einfacher Bauern in der Region. Der Horror der Kulturrevolution muss Xi extrem geprägt haben. Doch statt sich gegen Partei-Willkür oder Einpersonenherrschaft zu stellen, drängte er selbst in die KP, die ihn Anfang der 1970er aufnahm.

Xi Jinping: Erstaunliche Lehren aus der Kulturrevolution

Noch im Dorf Liangjiahe begann Xi dann 1974 seine Parteikarriere. Aus der Zeit ist überliefert, dass sie hart war für Xi und die anderen, dass die Menschen des Dorfes in Armut lebten. „Ich verstand ihre Bedürfnisse. Mein größter Wunsch war es damals, den Dorfbewohnern die Möglichkeit zu geben, Fleisch zu essen, und zwar oft“, sagte Xi 2015 über sein erstes Amt. Die Menschen waren ihm offenbar wichtig. Auch heute soll Xi seine Stärken vor allem im Umgang mit einfachen Menschen auf dem Land haben; dort ist er auch wegen seiner Bemühungen zur Armutsbekämpfung und seinem Kampf gegen korrupte Kader durchaus populär.

Schon während seiner Zeit in den aufstrebenden Küstenprovinzen sah Xi die Partei als zentral für das Streben Chinas nach einem höheren Status in der Welt an, wie seine Schriften aus jener Zeit zeigen. Doch zugleich unterstützte er damals eine stärkere Trennung von Geschäftswelt und Politik. Heute hingegen fördert Xi Staatsunternehmen und zwingt Privatfirmen die Gründung von Parteizellen auf. Ideologie und Sicherheit scheinen ihm heute wichtiger zu sein als etwa die wirtschaftliche Entwicklung. Geopolitisch entwickelt Xi Theorien für eine neue multipolare Weltordnung, in der China einen führenden Platz einnehmen soll. Er sieht sein Land eher an der Seite Russlands als in Kooperation mit den USA oder dem Westen insgesamt. Stattdessen will er mit China Anwalt des Globalen Südens sein.

Xi Jinping: Der Unverzichtbare?

Hält Xi Jinping sich in der von Spannungen geprägten Weltlage für unverzichtbar? Auf dem jüngsten Parteitag hatte er von „heftigen Winden und schwerer See“ im Umfeld Chinas gesprochen. Kann darin aus seiner Sicht niemand der jüngeren Funktionäre navigieren? Oder sorgt Xi sich darum, dass seine Aufräumaktion unter korrupten Kadern – die praktischerweise auch einige gewichtige Gegner aus dem Weg räumte – genug Groll hinterlassen hat, dass ihm dies im Altenteil gefährlich werden könnte? Das weiß er vermutlich nur selbst.

Um sein Ziel, die „große Verjüngung der chinesischen Nation“, zu erreichen, brauche die Partei Generationen geeigneter Nachfolger, hat Xi immer wieder betont, zuletzt auf dem Parteitag im Oktober 2022. Doch ab wann diese das Ruder übernehmen dürfen, das will er allein entscheiden.

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