Regierungs-Beben im Nachbarland
Nach Kickl-Knall: Doch Neuwahlen und Kurz-Rückkehr?
Nach dem Zusammenbruch der Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ, Neos und ÖVP soll die FPÖ mit letzterer eine Regierung bilden. Kommt es zu einer Koalition?
Wien – Die österreichische Innenpolitik startete turbulent in das neue Jahr. Die Koalitionsverhandlungen zwischen der Kanzlerpartei ÖVP, den liberalen Neos und den Sozialdemokraten der SPÖ sind innerhalb der ersten Woche des neuen Jahres gescheitert. Bundeskanzler Karl Nehammer kündigte seinen Rücktritt als ÖVP-Chef an.
Am 6. Januar teilte Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen dann in einem Statement mit, dass er FPÖ-Chef Herbert Kickl damit beauftragt hat, eine Regierung mit der ÖVP zu bilden.
ÖVP, SPÖ und Neos können sich nicht einigen: Kickl-Partei soll mit ÖVP Regierung in Österreich bilden
Bislang hatten sich die großen Parteien in Österreich geschlossen gegen eine Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ ausgesprochen. Die geplante Dreier-Koalition zwischen ÖVP, SPÖ und Neos sollte ursprünglich genau das verhindern. Trotz scharfer Kritik in der Vergangenheit zeigt sich die ÖVP nun offen für Verhandlungen mit der rechten FPÖ.
Der designierte ÖVP-Parteichef Christian Stocker erklärte, seine Partei sei bereit, in Verhandlungen einzutreten, falls sie eingeladen werde, berichtete die Deutsche Presse-Agentur. Stocker gehörte bislang zu den schärfsten Kritikern Kickls. Er hatte, wie auch Nehammer, den FPÖ-Chef in der Vergangenheit sogar als „Sicherheitsrisiko“ bezeichnet.
Stocker als Vizekanzler in Österreich: Gelingen die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP?
Ob die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP erfolgreich sein werden, bleibt abzuwarten. Innerhalb der ÖVP heißt es, dass Stocker „unbedingt Vizekanzler werden“ wolle. Jedoch würde man nicht alles „schlucken“, erklärte ein VP-Stratege laut OE24.
Politisch steht die FPÖ für einen restriktiven Kurs in der Migrationspolitik, ein konservatives Familienbild sowie eine weitgehend liberale Wirtschaftspolitik. Die ÖVP hofft auf Übereinstimmung, insbesondere bei der Ablehnung neuer Steuern. Doch es gibt auch erhebliche Differenzen, insbesondere in der Europapolitik.
Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle sieht hierin eine zentrale Hürde. Sie glaube nicht daran, dass die Vereinbarung zu einem Regierungsübereinkommen gelingt, erklärte sie im Interview mit tagesschau24. „Die FPÖ steht vor allem für einen sehr skeptischen EU-Kurs bis hin zur Ablehnung der EU. Das wird eine Hürde in den Verhandlungen darstellen“.
Neuwahlen in Österreich sind noch nicht ausgeschlossen: Wird es ein Kurz-Comeback geben?
Sollten die Koalitionsgespräche zwischen ÖVP und FPÖ scheitern, wären vorgezogene Neuwahlen die Konsequenz. Doch laut Einschätzungen des Standards würde sich das Kräfteverhältnis im Parlament voraussichtlich kaum verändern. Ein noch deutlicherer Wahlsieg der FPÖ könnte deren Position in zukünftigen Koalitionsverhandlungen stärken.
Ein bekannter Name der österreichischen Politik könnte hier aber nochmal Schwung in die Sache bringen: Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Eine Neuwahl wäre aufgrund der gesetzlichen Vorgaben wahrscheinlich im Mai 2025 realistisch – genügend Zeit, um den Ex-Kanzler als mögliche Trumpfkarte ins Spiel zu bringen. Sein Comeback als ÖVP-Chef hatte er bereits abgesagt. Laut Standard wurde allerdings in den Medien zuletzt spekuliert, dass Kurz mit einer eigenen Liste antreten könnte. Durch seine unternehmerischen Erfolge „hätte er auch das nötige Kleingeld für eine eigene Liste beisammen“, berichtet heute.at. (lw)
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