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Großes tz-Interview vor der Landtagswahl

Exklusiv: S-Bahn, Wohnungsnot, Behörden-Satelliten - das ist Söders München-Plan

Markus Söder CSU TZ Redaktion Interview Landtagswahl Bayern
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Markus Söder (M.) traf sich mit den tz-Redakteuren Sebastian Arbinger, Sascha Karowski, Klaus Rimpel und Johannes Welte zum Interview.

Miese Umfragewerte, Störfeuer aus Berlin vom unberechenbaren CSU-Chef Horst Seehofer: Schwierige Bedingungen für den Wahlkampf von Markus Söder. Die tz traf ihn zum Interview.

München - Trotz der Umstände wirkte der bayerische Ministerpräsident beim Besuch in der tz*-Redaktion ziemlich entspannt und (gewohnt) selbstbewusst. Auf die Frage, ob der Zug für eine CSU-Alleinregierung schon abgefahren sei, verwies er auf die vielen unentschlossenen Wähler. 

Söder weiß, dass er vor allem bei Großstadt-Bewohnern einen schweren Stand hat. Bei ihnen will er mit seinem „München-Plan“ punkten. Leere Versprechungen oder echte Lösungen für Münchens Probleme? Die tz hakt nach.

Sie rackern unermüdlich, kein Bierzelt ist vor Ihren Wahlkampfauftritten sicher – und trotzdem sind die CSU-Werte und Ihre persönlichen Sympathiewerte im Keller. Sind die Bayern undankbar?

Markus Söder: Nein. Die Umfragewerte spiegeln eher die Unsicherheit über Berliner Themen wider und nicht die gute Situation in Bayern. Aber die letzten Umfragen waren ein Weckruf an alle Demokraten. Denn ein so zersplittertes Bayern mit möglicherweise sieben Parteien im Parlament mit Rechts- und Linksextremen, das will sich keiner ausmalen. Das würde die Stabilität Bayerns massiv gefährden.

Wie sehr schadet das Hickhack um Verfassungsschutzpräsident Maaßen Ihrem Wahlkampf?

Söder: Wir konzentrieren uns voll auf Bayern. Denn Bayern ist das erfolgreichste Land in Deutschland. Wir sind auch die einzigen, die in dieser schwierigen Zeit Mut zur Verantwortung haben. Schauen Sie, wie schwierig allein die Regierungsbildung in Berlin war. Da war eine FDP, die sich der Verantwortung entzogen hat, und eine SPD, die vom Bundespräsidenten gemahnt werden musste, in die Regierung zu gehen…

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Markus Söder wird von tz-Chefredakteur Sebastian Arbinger in der Redaktion begrüßt.
Ihre Aufzählung könnte man noch ergänzen mit: Eine CSU, die erst den AfD-Themen nachläuft und jetzt massiv auf die Rechtspopulisten draufhaut. Wirkt das nicht unglaubwürdig?

Söder: Das ist sehr glaubwürdig. Wir haben eine neue Führungs­generation bei der AfD. Spätestens seit Chemnitz hat die AfD ihre Maske fallen lassen! Höcke marschiert Seit an Seit mit Hooligans, Pegida und Neonazis. Und er hat einen Plan: Das Land mit Bürger-Milizen und Waffen zu destabilisieren. Wir müssen klarmachen, dass diese AfD bekämpft werden muss!

Haben Sie persönlich in diesem Wahlkampf bisher alles richtig gemacht?

Söder: Nach bestem Wissen und Gewissen kann ich sagen, dass wir im letzten halben Jahr Bayern ein ganzes Stück stärker gemacht haben: Familien- und Pflegegeld, Stärkung der Polizei, einen Asylplan, der die Balance von Humanität und Ordnung zeigt… Sicher kann man alles immer noch besser machen, aber wenn ich uns mit unseren politischen Mitbewerbern vergleiche, liegen wir in Bayern besser als jedes andere Bundesland.

War es ein taktischer Fehler, mit dem Versprechen eines Münchner Ein-Euro-Tickets für die ferne Zukunft um die Ecke zu kommen, wo doch bei der aktuellen Tarif-Reform der Freistaat keinen Cent zahlen wollte?

Söder: Im Gegenteil. Ohne den Freistaat Bayern wäre gar nichts passiert. Kein anderes Bundesland unterstützt Kommunen so stark wie Bayern. Wir haben neu 100 Millionen Euro mehr für den gesamten öffentlichen Nahverkehr ausgegeben. Das eigentliche Problem des MVV ist ein anderes: Die Zusammenarbeit in der Region muss noch besser werden. Die Zusammenarbeit zwischen der Landeshauptstadt und den Landkreisen sowie dem Freistaat könnte intensiver werden. Der Freistaat finanziert allein vier Milliarden Euro pro Jahr für Verkehr, Infrastruktur, Kinderbetreuung, Schulen und Universitäten in München. Und jetzt helfen wir wieder. Die Ein-Euro-Diskussion ist nur der Beginn für weiterreichende Reformen: Wir brauchen eine vernünftige Preisstruktur, mehr Fahrzeuge und neue Linien. Weil München und die Landkreise sich verhakt haben, wollen wir jetzt helfen.

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Markus Söder.
Der andere „Stress-Faktor“ für München, so nennen Sie es in Ihrem München-Plan, ist der Wohnungsbau. Warum ist über Jahre beispielsweise auf dem Areal der McGraw-Kaserne nichts passiert, um Wohnungen für Staatsbedienstete zu bauen?

Söder: Das Thema Wohnungsbau liegt in der Kernzuständigkeit der Kommune. Da ist unter Rot-Grün und Christian Ude vieles jahrelang verschlafen worden. Auch hier helfen wir. Wir haben die kommunale Wohnungsbau-Finanzierung massiv erhöht. Wir brauchen einen Pakt für Wohnungsbau. Für Lehrer, Polizisten und Beamte haben wir schon Wohnungen gebaut – aber wir brauchen auch Wohnungen für Pfleger und andere soziale Berufe sowie für Studenten. Wir müssen das Grundstücksmanagement verbessern: Frei werdende Flächen müssen vernünftig bebaut werden – nicht so wie die Grünen es fordern: Bettenburgen in den Vorstädten. Das würde den Charakter der Gartenstädte zerstören. Sondern intelligentes Bauen muss das Ziel sein! Beispielsweise wollen wir prüfen, wo wir Schneisen übertunneln können – wie zum Beispiel bei der McGraw-Kaserne. So ein Deckel wirkt auch verkehrsberuhigend. Und dann müssen wir die Bau-Planungen massiv beschleunigen. Die Bauträger klagen einhellig über den Wust an Vorschriften und zu lange Genehmigungszeiten.

Der Freistaat besitzt in München zahlreiche Grundstücke. Durch die Zusammenlegung der verschiedenen Justizzentren etwa werden weitere Flächen frei. Werden dort Wohnungen gebaut?

Söder: Da ist vieles denkbar! Wir werden auch weiter Behörden aus München heraus verlagern. Dafür wollen wir Behörden-Satelliten schaffen. Das heißt: Mitarbeiter, die außerhalb Münchens wohnen, aber Bedienstete des Freistaats sind, werden in einen sternförmigen Ring um München in 30 oder 40 Kilometer Entfernung an vier Standorten in Behörden-Satelliten arbeiten. Dank der Digitalisierung ist die Kommunikation kein Problem mehr. Dort kann genauso effektiv gearbeitet werden, die Menschen müssen nicht extra nach München einpendeln.

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Markus Söder (l.) mit tz-Chefredakteur Sebastian Arbinger.
Und wie finden das die Beamten?

Söder: Wir haben vor allem Versetzungswünsche aus München heraus, herein in die teure Stadt wollen die wenigsten. Die Beamten sind froh, wenn sie nicht pendeln müssen.

Wie stehen Sie zur Tram durch den Englischen Garten?

Söder: Die Stadt München soll einen Vorschlag erarbeiten, und dann schauen wir uns das an. Ich denke, dass man auch Alternativen prüfen sollte, wie etwa auch Elektro-Busse. Und mir ist wichtig: die Belastung von Schwabing und Bogenhausen darf nicht wachsen. Aber ich will mich nicht in die Kommunalpolitik einmischen – ich will nicht Münchner OB werden.

Und wer will dann 2020 gegen OB Reiter in den Ring steigen? Grünen-Chefin Katharina Schulze?

Söder: Die Herausforderungen bei einer OB-Wahl werden größer sein. Die Grünen werden die SPD stärker fordern als früher.

Und die CSU hat keine Chance?

Söder: Doch. Aber es wird spannender als früher. Denn München hat die Herausforderung, dass viele Neubürger aus ganz Deutschland zu uns kommen, die weder den Bayern-Mythos noch das München-Feeling haben. Deshalb können bei einer Kommunalwahl echte Zufallsergebnisse rauskommen.

Schulze gegen Reiter? Ist nach der Landtagswahl nicht wahrscheinlicher: Schulze mit Söder in der Regierung? Machen Sie das?

Söder: Ich kann mir das mit den Grünen nur sehr schwer vorstellen. Das Grünen-Wahlprogramm ist ein deutlicher Rückschritt in alte spießige Zeiten: Tempolimit, Fahrverbote, Schwächung der Polizei, Verhinderung von Abschiebungen und überall Windräder. Alles das Gegenteil von dem, was wir für richtig halten.

Was wäre dann die Alternative?

Söder: Wir wollen so stark wie möglich werden.

Und wird Horst Seehofer am 15. Oktober, dem Tag nach der Wahl, noch CSU-Chef sein?
Söder: Ja.

Interview: Sebastian Arbinger, Sascha Karowski, Klaus Rimpel, Johannes Welte

Wer bei seiner Wahlentscheidung unsicher ist, kann sich beim Wahl-O-Mat Bayern Hilfe holen. Das beliebte Online-Tool vergleich auch bei der Landtagswahl 2018 die Positionen aus den Wahlprogrammen der Parteien.

*tz.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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