Turbulenter Ukraine-Talk
„Was zur Hölle...?!“ - Wagenknecht treibt Lanz bei Ukraine-Debatte zur Verzweiflung
Markus Lanz debattiert einmal mehr den Ukraine-Krieg - Sahra Wagenknecht irritiert dabei mehrfach die Talk-Runde. FPD-Vizechef Vogel: „Gott sei Dank haben wir die Amerikaner.“
Hamburg – Sahra Wagenknecht hatte am Donnerstagabend keinen leichten Stand bei Markus Lanz. Die Linke erntet in der Ukraine-Debatte des ZDF-Talkers teils heftigen Widerstand – und Fassungslosigkeit des Moderators.
„Markus Lanz“ im ZDF: 300 Euro im Entlastungspaket – FDP-Vize widerspricht Kritik gar nicht erst
Mit einer Verständnisfrage zum 300-Euro-„Energiegeld“ der Bundesregierung eröffnet Lanz die Runde. Wagenknecht nennt es kurz und bündig einen „Tropfen auf den heißen Stein“. Die Europaexpertin Daniela Schwarzer warnt, man müsse sich „Gedanken machen, wie die Bevölkerung auf diese Krise reagiert“. Lanz richtet die Frage nochmal direkt an einen, der als Mitglied der Regierungspartei in der Verantwortung steht: FDP-Vize Johannes Vogel.
„Wie kommt man eigentlich auf die Wahnsinnsidee, 300 Euro rauszuhauen einmalig und die Rentner außen vorzulassen?“, fragt Lanz. Der Moderator fasst mehrfach nach, erntet aber nur eine greifbare Aussage: Die Regierung sei für das Energiegeld „zu Recht kritisiert worden“. Anschließend schaltet Vogel auf Angriff: „Frau Wagenknechts Welt ist ja immer ganz einfach. Das ist auch okay, das ist ihre Marke“, sagt er in Richtung der Linke-Politikerin.
Ukraine-Krieg Thema bei „Lanz“: Wagenknecht im Kreuzfeuer
Doch wie mit dem Ukraine-Krieg umgehen? Mehr Waffen? Oder lieber Deeskalation? Diplomatie? Letztere identifiziert Wagenknecht als vernachlässigtes Mittel. Für Bild-Reporter Paul Ronzheimer sind Wagenknechts Redebeiträge hingegen sichtbar schwer verdaulich. Immer wieder schüttelt er den Kopf. Er liegt auf einer Wellenlänge mit den Grünen, die sagen: „Da muss mehr passieren, wir brauchen mehr Waffen.“
Diese Gäste diskutierten mit Markus Lanz:
- Sahra Wagenknecht – (Bundestagsabgeordnete, Die Linke)
- Daniela Schwarzer – (Executive Director der George Soros Open Society Foundations)
- Paul Ronzheimer – (Vize-Chefredakteur der Bild)
- Johannes Vogel – (FDP, Vize-Bundesvorsitzender)
Wagenknecht mahnt, man dürfe nicht vergessen, welche Provokationen seitens der USA und der Nato den aktuellen Ereignissen vorausgegangen seien. Ronzheimer entgegnet, die Ukraine habe bereits 1994 freiwillig alle Atomwaffen abgegeben und stehe nun trotzdem im Krieg. Die Argumente werden allerdings selten im respektvollen Miteinander ausgetauscht. Vielmehr reden bisweilen alle in der Talkrunde durcheinander.
Lanz erlebt turbulenten Talk – und wischt Wagenknecht-Einwand beiseite
Ronzheimer, der erst seit Kurzem wieder zurück aus der Ukraine nach Deutschland gereist ist, hat sich „wahnsinnig geärgert über den Auftritt des Bundeskanzlers“; er will Taten und zwar schnell. Als Wagenknecht behauptet, dass es hier um einen „geopolitischen Konflikt zwischen den USA und Russland“ geht, fängt Expertin Daniela Schwarzer an „schwer zu atmen“, wie Lanz konstatiert.
Schwarzer arbeitet für die Stiftung „George Soros Open Society Foundations“, deren Gründer George Soros Milliarden in der Ukraine investiert hat. Das greift Lanz auf: „Es steht ja der Vorwurf im Raum, dass der Westen, die Briten aber auch die Amerikaner, ein Interesse daran haben, diesen Krieg fortzusetzen, weil man daran prächtig verdient.“ Schwarzer widerspricht: „Mit einer Ausdehnung des Krieges ist überhaupt kein strategisches Interesse verbunden.“
Wagenknecht betont, man müsse „alles dafür tun, dass dieser Krieg schnellstmöglich beendet wird“. Ihr gehe es um die Souveränität aller Staaten. Dazu versucht sie, die aktuellen Vorfälle im Südpazifik zu erläutern, wo die USA der kleinen Salomonen-Inselgruppe mit Konsequenzen drohen, wenn sie den Bau eines chinesischen Militärstützpunkts zulassen. Markus Lanz faltet das Thema mit einem bemerkenswerten Satz zusammen: „Die Salomonen in allen Ehren, ich war noch nie da, bestimmt schön da.“ An anderer Stelle rutscht dem Moderator fast schon verzweifelt ein „Was zur Hölle, Frau Wagenknecht“ heraus.
Wagenknecht will sich von Lanz nicht festnageln lassen: „Ich krieg‘ die Antwort nicht“
In der Ukraine herrsche „ein verbrecherischer Krieg“, sagt Wagenknecht zur Klarstellung, aber „ich wünschte mir, all diejenigen, die jetzt diesen Krieg so wortreich verurteilen, hätten mit gleicher Intensität auch den Irak-Krieg, den Afghanistan-Krieg, den Libyen-Krieg und all die Kriege mit verurteilt, wo vor allem die USA und ihre Verbündeten die Kriegführenden waren. Ich finde diese Kriege alle verbrecherisch“.
Lanz will ein kürzeres, knackigeres Statement. „Ob es in ihren Augen gut wäre, wenn sich Russland von der Krim und aus dem Donbass zurückzieht?“ Wagenknecht findet die Frage obsolet, weil Putin dies niemals tun werde. Doch Lanz ist das nicht genug. Er beißt bei Wagenknecht allerdings auf Granit: „Ganz kurz, bitte! – Ganz einfache Frage! – Ja oder Nein, bitte! – Haben Sie keine Haltung dazu?“, fragt er. Und konstatiert schließlich resignierend in die Runde: „Ich krieg‘ die Antwort nicht.“
Als Bild-Reporter Ronzheimer von seinen Eindrücken in Butscha erzählt, den Leichen in den Straßen, wird die Runde für einen Moment ruhiger. Dass Wagenknecht explizit nicht nur dieses Kriegsverbrechen, sondern alle in allen Kriegen generell verurteilt sehen will, bringt die Stimmung erneut zum Siedepunkt. Was dort passiert ist, das sei nicht normal, sagt Ronzheimer. „Doch“, entgegnet Wagenknecht, „es ist belegbar, dass in Afghanistan und im Irak Kriegsverbrechen begangen wurden. Einer, der solche Kriegsverbrechen aufgedeckt hat, Julian Assange, der sitzt im Knast, der wird nicht gefeiert. Butscha ist ein Grund mehr, alles dafür zu tun, dass dieser Krieg schnell endet.“
Noch einmal meldet sich FDP-Vize Vogel zu Wort. „Wenn wir eine Welt wieder zulassen mit so Einfluss-Sphären von großen Mächten, in welche Welt kommen wir da?“ „Es geht um das Ende des Sterbens und das Ende des Krieges“, mahnt Wagenknecht hingegen. Für Vogel liegt die Lösung jedoch auf der Hand. „Sie reden ganz viel von Washington, wo die Amerikaner die Bösen sind. Gott sei Dank haben wir die Nato und die Amerikaner“, sagt er in Richtung Wagenknecht. (Michael Görmann)