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Übernahme der Herrschaft?
„Integration“ ab 2024: Russland hegt machtvolle Pläne mit Belarus
Russland möchte offiziell seine Beziehungen zu Belarus verbessern. Seit längerem arbeiten beide Staaten zusammen. Zunehmend wird deutlich, wer die Macht hat.
Moskau - Russland plant nach eigenen Angaben, die Verbindungen zu Belarus zu stärken. Dies soll im Rahmen des Projekts der Russisch-Belarussischen Union geschehen. Was harmlos klingt, könnte letztlich auf eine de-facto Übernahme der Herrschaft hinauslaufen.
Bei einer Ministerrats-Sitzung des Unionsstaates in Moskau wurde von den Regierungschefs am 29. November ein neues „Paket von Integrationsmaßnahmen“ für den nächsten Dreijahreszeitraum (2024-2026) verabschiedet. Das berichtet die staatliche russische Nachrichtenagentur TASS. Es werde erwartet, dass „dieses Paket Anfang nächsten Jahres vom obersten Staatsrat des Unionsstaates gebilligt wird“, so der russische Außenminister Sergej Lawrow. Weiter habe er erklärt, dass die Außenministerien Russlands und Weißrusslands die Aufgabe hätten, die Arbeit zur Vertiefung der Integration der Union „wirksam diplomatisch zu unterstützen“.
Politische, wirtschaftliche und militärische Integration - Eine echte Kooperation?
Die Russisch-Belarussische Union ist ein zwischenstaatlicher Vertrag, der im Jahr 1999 zwischen Russland und Belarus (früher Weißrussland) unterzeichnet wurde. Ziel war die Schaffung einer engen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Integration zwischen den beiden Ländern. Trotz der Unterzeichnung des Vertrags wurden viele der geplanten Integrationsschritte nicht vollständig umgesetzt. Die Union hat nicht die gleiche Tiefe wie beispielsweise die Europäische Union erreicht. Dennoch bestehen zwischen Russland und Belarus enge politische, wirtschaftliche und kulturelle Bindungen.
Allerdings kam es auch immer wieder zu Schwierigkeiten. Laut der Website Länder-Analysen war das Abkommen seinerzeit in erster Linie ein Versuch, die Bedeutung des Zerfalls der UdSSR herunterzuspielen. Ab dem Jahr 2000 hätten sich die Beziehungen dann zunehmend verkompliziert. Wladimir Putin sei für einen Beitritt von Belarus zur Russischen Föderation und wirtschaftlichen Pragmatismus eingetreten. Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko habe hingegen auf gleichen Bedingungen für Wirtschaftssubjekte bestanden. In Wirklichkeit habe dies eine Bereitstellung von Öl und Gas zu Vorzugspreisen bedeutet. Regelmäßig seien Streitigkeiten um Öl- und Gaspreise aufgeflammt.
Putin wollte überstaatliche Strukturen - Belarus lehnte dies ab
Erst mit dem Beginn des russischen Krieges im Donbass und der Annexion der Krim 2014, sowie den Sanktionen gegen Russland (2014–2015) und des von Lukaschenko 2015 begonnenen Dialogs mit der EU habe Belarus für Russland eine neue Bedeutung bekommen. Moskau habe damals vermeiden wollen, dass die Kontrolle über Minsk genau so entgleitet wie die über die Ukraine. Die jüngste Entwicklung habe mit der Erklärung des russischen Ministerpräsidenten Dimitri Medwedew vom Dezember 2018 ihren Anfang genommen. Russland habe ab diesem Zeitpunkt, gemäß dem Vertrag von 1999, überstaatliche Strukturen schaffen wollen, also ein Parlament, Ausschüsse und eine gemeinsame Notenbank.
Wladimir Putin: Der Aufstieg von Russlands Machthabern in Bildern
Die belarussische Seite sei mit der Schaffung von einheitlichen Verwaltungsorganen jedoch nicht einverstanden gewesen - das „Tätigkeitsprogramm der Republik Belarus und der Russischen Föderation zur Umsetzung der Bestimmungen des Gründungsvertrags des Unionsstaates“ war gescheitert. Stattdessen habe man sich, nach einigem Hin- und Her, auf eine Reihe von Roadmaps geeinigt. Das am 4. November 2021 unterzeichnete Dekret habe folgende Punkte enthalten:
Verfolgung einer einheitlichen makroökonomischen Strukturpolitik und Schaffung eines gemeinsamen Finanzmarktes.
Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes und Gewährleistung gleicher Bedingungen für unternehmerische Betätigung.
Harmonisierung der Steuer- und Zollgesetzgebung. Durchführung einer einheitlichen Steuerpolitik wie auch einer einheitlichen Handels-, Zoll- und Tarifpolitik in Bezug auf Drittländer, Internationale Organisationen und Zusammenschlüsse.
Erstellung und Umsetzung eines Haushalts des Unionsstaates.
Durchführung einer abgestimmten Politik in den Bereichen Arbeitsschutz, soziale Sicherung der Bevölkerung und Rentenversorgung.
Vereinheitlichung der Zivilgesetzgebung und Festlegung der Grundlagen für die Schaffung von Eigentum des Unionsstaates.
Sicherstellung, dass die Bestimmungen des Vertrags über die Gründung eines Unionsstaates vom 8.12.1999 und Stärkung der russisch-belarussischen Zusammenarbeit umgesetzt werden.
Gefährdung der belarussischen Souveränität - „klares Signal, auch für andere ehemalige Sowjetrepubliken“
Laut Länder-Analysen geht eine mögliche Gefährdung der Souveränität von Belarus dabei vor allem von der Annäherung der makroökonomischen Politiken, dem Unionsprogramm zur Harmonisierung der Steuer- und Zollgesetzgebung sowie dem Aufbau gemeinsamer Märkte für Öl und Ölprodukte aus. Seit 2022 sei eine beschleunigte Umsetzung einiger umstrittener Punkte zu beobachten. Es sei davon auszugehen, dass die Punkte, die die größte Bedrohung für die belarussische Souveränität darstellen, unter beträchtlichem Druck, und auch im Tausch gegen Vorzugspreise für Öl und Gas, bald umgesetzt werden.
Im Februar hatte ein Dokument mit der Überschrift „Strategische Ziele der Russischen Föderation in Belarus“ aus dem Jahr 2021 für Aufsehen gesorgt. Laut diesem Papier will Russland sich das Nachbarland bis 2030 gänzlich einverleiben. Ziel ist demnach ein „Unionsstaat“, in dem Moskau das Sagen hat. Mitarbeiter westlicher Geheimdienste bewerteten das Geheim-Papier damals als Teil von Wladimir Putins Plan, ein neues großrussisches Reich zu schaffen. Der in Ungarn lebende belarussische Sicherheitsexperte Anton Bendarjevskiy, sagte gegenüber der SZ, dies sei „ein klares Signal, auch für andere ehemalige Sowjetrepubliken“. (tpn)