Berliner Linke
Linken-Parteitag eskaliert: Bekannte Delegierte verlassen den Saal – Streit um „linken“ Antisemitismus
Ein Antrag gegen linken Antisemitismus führte zu intensiven Debatten auf dem Parteitag der Berliner Linken. Bekannte Mitglieder verließen den Saal in Protest.
Berlin – Der Parteitag der Berliner Linken geriet am Freitagabend ins Stocken, als eine hitzige Debatte über einen Antisemitismus-Antrag zu einem Eklat führte. Der Antrag, der sich auch kritisch mit dem sogenannten linken Antisemitismus auseinandersetzte, konnte nicht verabschiedet werden, da zahlreiche Änderungsanträge die ursprüngliche Intention verwässerten. Die nächste Episode in der Selbstdemontage der Partei, die bundesweit laut letzten Umfragen bei nur noch drei Prozent steht.
Eklat bei Berliner Linken-Parteitag: „Linker Antisemitismus“ spaltet Partei
Der ursprüngliche Antrag, unterstützt von mehreren Bezirksverbänden und Mitgliedern der Abgeordnetenhausfraktion, zielte darauf ab, auch den „linken Antisemitismus“ innerhalb der Partei zu thematisieren. Eine Passage des Antrags lautete: „Dass von sich politisch links verortenden Menschen in Berlin das Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 […] relativiert und mitunter gar gefeiert wurde oder zur Vernichtung Israels aufgerufen haben, alarmiert uns zutiefst.“ Zum Antragstext gab es allerdings eine Reihe von Änderungsvorschlägen, die aus Sicht der Antragssteller die klare Verurteilung von Antisemitismus verwässert – oder sie sogar in ihr Gegenteil verkehrt hätten.
Laut Tagesspiegel wollte man die Passage wie folgt ändern: „Dass Menschen in Berlin das Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 u. a. an Zivilist*innen, darunter Kleinkindern, Familien und Festival-Besucher*innen und asiatischen Arbeitsmigrant*innen relativiert und mitunter gar gefeiert haben, kritisieren wir entschieden.“ Entscheidende Passagen zu „politisch links verortenden Menschen“ und dem Vernichtungsaufruf Israels fehlten also. Auch der Zusatz „unter Einsatz rechtsstaatlicher Mittel“ beim Schutz des jüdischen Lebens wurde gestrichen – dies wurde als Repression gegen pro-palästinensische Proteste zur Lage in Nahost interpretiert.
Delegierte des Berliner Linken-Parteitags stürmen wütend aus dem Saal – „tief emotionales Thema“
Klaus Lederer, Ex-Kultursenator und Sprecher für Drogen- und Queerpolitik warb eindringlich für die Annahme des Antrags und zeigte sich enttäuscht über die Verwässerung durch Änderungsanträge, die entscheidende Passagen strichen. Nachdem eine Mehrheit der Delegierten für die Änderungen gestimmt hatte, wurde der ursprüngliche Antrag zurückgezogen. Ein großer Teil der Delegierten stürmte schließlich wütend aus dem Saal, darunter mehrere Mitglieder der Abgeordnetenhausfraktion wie Klaus Lederer, Ex-Sozialsenatorin Elke Breitenbach und Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau.
Eine Antragstellerin erklärte in einer persönlichen Stellungnahme, dass für sie die Voraussetzungen, weiterhin am Parteitag teilzunehmen, nicht mehr gegeben seien. Ein Initiativantrag, der vorsah, trotz der beschlossenen Änderungen über den Antrag abzustimmen, erreichte nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit.
Der Co-Landesvorsitzende der Berliner Linken, Maximilian Schirmer, betonte die Notwendigkeit einer tiefergehenden Debatte innerhalb der Partei. „Das Thema Nahost-Konflikt ist in der gesamten Stadt Berlin ein tief emotionales Thema“, sagte Schirmer dem RBB. „Wir als Berliner Linke stehen fest für den Schutz des jüdischen Lebens ein und stellen uns gegen jede Form des Antisemitismus.“ Schirmer erklärte weiter, dass die Debatte verdeutlicht habe, wie wichtig es sei, sich intensiver mit allen Facetten des Antisemitismus auseinanderzusetzen.