„Völlig unangemessene Reaktion“
Experte attestiert CSU „Hybris“ - und hält eine „Bayern-GroKo“ für denkbar
Die CSU liegt bei nur noch 33 Prozent. Wir sprachen mit dem Politikwissenschaftler und CSU-Experten Heinrich Oberreuter über die Lage vor der anstehenden bayerischen Landtagswahl.
Prof. Heinrich Oberreuter: Ich wüsste nicht, womit man noch reagieren könnte. Vielleicht müsste die programmatisch angekündigte bayerische Weltraumfahrt am nächsten Mittwoch mit einer Mondlandung starten. Es gibt weder normale noch unnormale dramatische positive Ereignisse, die man noch inszenieren kann.
Oberreuter: Darauf zu setzen, war schon immer falsch. Denn die verhalten sich ähnlich wie die Entschlossenen.
Oberreuter: Diese Botschaft ist eine völlig unangemessene Reaktion. Die Demokratie in Bayern ist nicht gefährdet, wenn die CSU nicht allein regieren kann, die Stabilität in Bayern ist nicht gefährdet, wenn es eine Koalition braucht.
Oberreuter: Beide müssen aufpassen, dass sie die Situation der CSU nicht noch mehr verschlechtern. Denn alles, was sie an zugespitzen Gefährdungspotentialen benennen, beruht im Grunde auf der Hybris, dass das Wohl des Freisstaats Bayern mit dem Wohl der CSU identisch ist. Die Position sollte man in einer pluralistischen Demokratie besser nicht einnehmen, wenn man es mit der Demokratie ernst meint.
Oberreuter: Das ist eine Frage nach der Einsichtsfähigkeit der politischen Akteure und ob sie verantwortlich mit der Situation umgehen. Eine CSU, die an einer Kabinettsbildung scheitern würde, würde bei einer Neuwahl erst recht abgestraft. Und alle anderen würden mitabgestraft.
Oberreuter: Ich sah neulich den Gauland im TV, als er sagte: Die sollen nur so weiter machen. Das treibt uns die Wähler zu.
Süddeutsche schwarz-grüne Regierungsschiene? Das sagt Prof. Oberreuter
Oberreuter: Das wahrscheinlichste ist eine Koalition mit den Freien Wählern, und der FDP, wenn sie reinkommt.
Oberreuter: Abenteuerlich. Wäre aber insofern interessant, weil wir dann mit Hessen und Baden-Württemberg eine süddeutsche schwarz-grüne Regierungsschiene hätten. Das würde aber beiden Beteiligten eine sehr pragmatische Postion abfordern. Beide müssten dann wohl auch Kernpositionen vorübergehend zurückstellen. Mit Schwarz-Rot rechnet man in Bayern nicht, aber manchmal tritt genau das ein, womit man nicht rechnet. Für die CSU wäre sie vielleicht sogar weniger herausfordernd als schwarz-grün, auch weil die SPD dem rückwärtsgewandten Parteityp näher steht.
Oberreuter: Eine Wahl ist kein Wunschkonzert. Wenn man ehrlich ist, kann man eigentlich gar nichts prognostizieren – außer, dass die Lage der CSU schwierig und in ihrem Selbstverständnis geradezu unerträglich ist.
Oberreuter: Das sieht man ja. Mit zu dieser merkwürdigen Diskussion, die keinen Wähler gewinnt, gehört ja, dass man acht Tage vor der Wahl den Eindruck hat, dass das wichtigste, was die CSU umtreibt, die Schuldzuweisung ist. Ich bin mir fast sicher, dass sich Seehofer das nicht kampflos gefallen lässt. Und damit steht die Partei vor der nächsten Herausforderung – womöglich zeitgleich vor einer dann möglicherweise anstehenden Neuwahl. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was dann passiert. Aber im Moment scheint alles möglich.
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Wolfgang de Ponte
