Folgenreicher Fehlschuss
Fehlschuss bei Ostsee-Manöver: Russlands Marine versenkt versehentlich eigenen Fischtrawler
Nach dem folgenschweren Vorfall in der Ostsee verdichten sich nun die Anzeichen darauf, ein russischer Fehlschuss könnte für die Explosion an Bord gesorgt haben.
Kaliningrad – Bei einem Ostsee-Manöver der russischen Kriegsmarine ereignete sich am Dienstag ein folgenschweres Unglück: Auf dem Fischerboot „Kapitan Lobanow“ kam es infolge einer Explosion zu einem Brand. Drei Besatzungsmitglieder sind tot, vier weitere verletzt, meldete der russische Sender Doschd (international bekannt als TV Rain). Warum das Feuer auf dem Fischtrawler ausbrach, blieb zunächst unklar.
Folgenschwerer Vorfall bei russischer Kriegsübung: Eigenes Schiff offenbar beschossen
Mittlerweile aber deutet vieles darauf hin, dass der Fischtrawler durch einen Beschuss aus den eigenen Reihen zum Sinken gebracht wurde. Dies geht zumindest aus Meldungen mehrerer russischer Medien hervor. Demnach sei das Schiff von einer Rakete getroffen worden, die während einer Übung der baltischen Flotte abgefeuert wurde. Eine Bestätigung von offizieller Seite gibt es bislang nicht.
Der Vorfall ereignete sich innerhalb der Zehn-Meilen-Zone vor der Küste der russischen Ostsee-Exklave Kaliningrad. Dort soll die russische Marine in den vergangenen Tagen ein Manöver abgehalten haben. Rahmen und Zielsetzung des Manövers sind bislang nicht bekannt. Im russischen Seegebiet vor Kaliningrad in der Ostsee hält Russland regelmäßig Manöver der Kriegsmarine ab.
Gründe für Explosion auf Fischtrawler in der Ostsee blieben zunächst unklar
Zunächst hatten russische Medien lediglich von einem Feuer an Bord des Schiffes berichtet, wobei dafür zunächst kein konkreter Grund genannt wurde. Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge sollte das Wrack des Schiffes noch in den Hafen von Kaliningrad befördert werden, wie der Sprecher des Gouverneurs, Dmitry Lyskow, mitteilte.
On March 19, a number of Russian media reported that the Russian Trawler “Captain Lobanov” sank in the Baltic Sea. Preliminarily, due to «an explosion» on board. Now information has appeared in the Russian media that the ship was sunk as a result of a Russian Navy missile… pic.twitter.com/MxacRh0Zdr
— Special Kherson Cat 🐈🇺🇦 (@bayraktar_1love) March 21, 2024
Videoaufnahmen des Unglücks waren etwa auch auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) geteilt worden. Zunächst war die Rede von einem Toten und drei Verletzten. Die Familie des Getöteten soll auf Anordnung des Gouverneurs von Kaliningrad, Anton Alikhanow, eine Million Rubel (rund 10.000 Euro) Entschädigung erhalten haben.
Nach Brand auf Fischtrawler – Angehöriger eines Getöteten schildert Hergang des Unglücks
Die nun bestehende Vermutung, der Trawler sei versehentlich durch russischen Raketenbeschuss getroffen worden, war vom Fernsehsender Doschd aufgebracht worden. Den Angaben des Senders zufolge soll ein Angehöriger eines Crewmitglieds dies bestätigt haben.
Doschd ist ein russischer Fernsehsender, der international TV Rain genannt wird und seinen Hauptsitz mittlerweile in Amsterdam hat. Im Zuge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine stellte Doschd seinen Sendebetrieb zunächst ein und verließ Russland anschließend ganz.
Der Angehörige des ersten Getöteten soll erklärt haben, dass eine Rakete den Trawler versehentlich getroffen habe, als die Crew gerade dabei war, sich schlafen zu legen. Im Anschluss brach ein Feuer aus, später sank der Fischtrawler dann. Zudem sollen drei Crewmitglieder ums Leben gekommen sein, die vier anderen seien verletzt, ein Crewmitglied schwer. Infolge des Unglücks sollen die Überlebenden dem Angehörigen zufolge in ein Krankenhaus in der Stadt Pionersk gebracht worden sein. Dort hätten Beamte des russischen Geheimdienstes FSB auf die Verletzten eingewirkt, nicht über den Vorfall zu sprechen.
Nach vermeintlich russischem Fehlschuss in der Ostsee ist das Schiff weiterhin lokalisierbar
Eine Bestätigung von offizieller Seite zu dem Vorfall in der Ostsee gibt es bisher nicht. Auf der Website vesselfinder.com ist das Schiff gegenwärtig immer noch zu finden. Es wird tatsächlich nur wenige Kilometer vor der russischen Exklave Kaliningrad lokalisiert. Aktualisierte Koordinaten des Schiffes gibt es zudem nunmehr seit zwei Tagen nicht.
In den mittlerweile mehr als zwei Jahren andauernden Gefechten zwischen Russland und der Ukraine hat es bisher einige Fälle gegeben, in denen Russland versehentlich das eigene Territorium angriff. Im russischen Belgorod unweit der Grenze zur Ukraine hatte ein russischer Kampfjet im April vergangenen Jahres (24.04.2023) versehentlich eine Rakete auf die Stadt gefeuert. Später teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit, ein russischer Kampfjet habe „ungeplant Munition abgeschossen“.
Und auch im Februar dieses Jahres (01.02.2024) berichteten der russische Nachrichtenkanal Astra auf Telegram von zwei Vorfällen, bei denen versehentlich FAB-250-Luftbomben auf Dörfer in der Region Belgorod abgeworfen wurden. Eine der Bomben soll dabei eine Farm im Dorf Postnikow getroffen haben, während die andere eine städtische Straße in einem anderen Dorf namens Strelestkoye traf. Es wurde berichtet, dass bis zu 150 Zivilisten evakuiert werden mussten. Innerhalb eines Jahres soll es fünf solcher Vorfälle gegeben haben, wobei sich der erste am 20. April 2023 ereignet haben soll. (fh)
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