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Drohnen, Brände, Vandalismus

„Deutschland im Fokus russischer Sabotage“: CDU-Abgeordneter Kiesewetter fordert strategische Kultur

Der CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter hält Russland für den Urheber vieler Sabotageakte in Deutschland. Er hat einen Verdacht, warum die Bundesregierung das nicht so klar benennt.

Experten warnen seit Langem vor einer starken Zunahme russischer Sabotageakte in ganz Europa, einschließlich des Ostseeraums, des hohen Nordens – und auch in Deutschland. Kürzlich etwa herrschte auf dem Nato-Luftwaffenstützpunkt Geilenkirchen 24 Stunden lang die zweithöchste Sicherheitsstufe „Charlie“. Über dem Brunsbütteler LNG-Terminal schwebten verdächtige Drohnen. Es gab seltsame Brände und Sabotage gegen die Bahn. Täter wurden nicht ergriffen. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Oberst der Bundeswehr Roderich Kiesewetter äußert im Gespräch mit IPPEN.MEDIA einen klaren Verdacht gegen Putins Russland.

Es gibt eine Fülle kleinerer Sabotageakte in Europa und Deutschland, oft wird danach erstmal gegen Unbekannt ermittelt. Für wie wahrscheinlich halten Sie eine russische Beteiligung an Sabotageakten gegen die Bahn, an Trinkwasseranlagen oder gegen kritische Infrastruktur wie 2023 gegen die LNG-Pipeline in Brunsbüttel?
Deutschland ist im Fokus hybrider Angriffe und Einflussaktionen aus Russland. Die Nato sowie Sicherheitsexperten haben in der Vergangenheit immer wieder vor möglichen russischen Sabotageakten gewarnt. Sie haben insbesondere die Zunahme bei Cyberangriffen, Spionagefällen und hybriden Angriffen Russlands auf Nato-Staaten und militärische Einrichtungen verurteilt –und Prävention und Abschreckungsbemühungen eingefordert. Dass Russland an Sabotageakten gegen kritische Infrastruktur oder militärisch relevante Einrichtungen und Logistik direkt beteiligt ist oder diese als Drahtzieher beauftragt, ist deshalb sehr wahrscheinlich.
Warum ist Deutschland dabei in den Fokus gerückt?
Deutschland dient in Europa für die Nato als Logistik-Hub – und ist dabei besonders wichtig für die Logistik der Ukraine-Unterstützung. Deshalb sind wir im Fokus russischer Sabotage.

Kiesewetter: Verdacht gegen Russland und seine Koalitionäre klar ausdrücken

Wäre es aus Ihrer Sicht notwendig, auch bei unklarer Sachlage einen möglichen Verdacht gegen Russland klar auszusprechen?
Russland hat den hybriden Krieg auf ein neues Level gebracht, was die Komplexität, Gleichzeitigkeit, die Masse und die Effizienz der Angriffe anbelangt. Es ist wichtig, dass ein Verdacht gegen Russland und seine Koalitionäre klar ausgedrückt wird. Denn nur so lässt sich die Bevölkerung über die erhöhte Bedrohungslage aufklären und die Absicht Russlands verdeutlichen, Deutschland und Europa zu destabilisieren.
Roderich Kiesewetter (CDU), Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums
Warum wird es aus Ihrer Sicht denn dann meist vermieden, etwa russische Geheimdienste als mögliche Urheber von Sabotageakten ins Spiel zu bringen?
Osteuropäische und mitteleuropäische Staaten benennen diese hybriden Angriffe aus Russland sehr viel klarer; auch die Nato hat auf vergangenen Gipfeln eindeutige Beschlüsse gefasst, die diese hybriden Angriffe durch Russland klar bezeichnen. Deutschland hingegen scheut sich, dies so klar zu benennen – denn dann müsste man sich eingestehen, dass wir längst Kriegsziel Russlands sind und auch unsere Gesellschaft durch Russland längst angegriffen wird. Als Konsequenz würde ein enormer sicherheitspolitischer Handlungsdruck entstehen. Man müsste folglich die Ukraine viel mehr unterstützen und auch die eigenen Verteidigungsfähigkeiten anders aufstellen, sich materiell und mental auf Krieg einstellen.
Das wollen offenbar der Kanzler und seine Partei nicht, und deshalb wählt Olaf Scholz den Weg fortgesetzter strategischer Blindheit und verweigert es, die mentale Zeitenwende umzusetzen. Die Aussichten, mit Russland wieder ins Geschäft zu kommen, spielen wohl auch eine Rolle.

„Anfälligkeit für russische Narrative“ in Deutschland

Sehen Sie es so, dass manche Bevölkerungsgruppen oder auch Unternehmen den Wunsch nach einer Rückkehr zum „Business as usual“ hegen?
Russland hat in Deutschland traditionell auch Unterstützung in Wirtschaft, Politik, Militär, Medien und Wissenschaft. Und wir machen es Russland besonders einfach in Deutschland. Die Bedrohung durch hybride Informationsverfälschung wird in einem Teil unserer Gesellschaft völlig ausgeblendet. Vielmehr sind eine Anfälligkeit für russische Narrative und eine Mischung aus nationalen Denkweisen, Russlandromantik und pazifistischem Anti-Amerikanismus in einigen Gesellschaftsbereichen fest verankert. So verbreiten tausende Deutsche seit Beginn des Angriffskrieges in den sozialen Netzwerken die Propaganda des Aggressors Russland. Der Staat hat hier kaum eine Handhabe. 
Wie können wir dann aus Ihrer Sicht verhindern, dass die Sabotageakte noch weiter zunehmen und in der Gesellschaft für Verunsicherung oder Ärger sorgen?
Wir brauchen einen Aufwuchs an nachrichtendienstlichen Fähigkeiten und Kapazitäten bei der Spionageabwehr und der Aufklärung von Finanzströmen, sowie technische Mittel und rechtliche Möglichkeiten. Unsere Fähigkeiten im Bereich der Spionageabwehr sind nahezu bei null, und Sanktionen zur Abschreckung werden nur halbherzig umgesetzt.
Zuletzt sind auch Militärstützpunkte stärker ins Visier von Saboteuren geraten. Warnungen kamen teilweise aus dem Ausland. Warum?
Wir sind bei solchen Warnungen vor allem auf ausländische Partnerdienste angewiesen, weil unseren eigenen Diensten gesetzliche Befugnisse fehlen, um hybride Bedrohungen frühzeitig zu erkennen und die Bedrohungserkenntnisse weiterzugeben. Es geht dabei etwa um die Aufklärung von Messengerdiensten, Finanztransaktionen oder den Zugriff auf Bewegungsdaten russischer Proxies, sowie um die Weitergabe von Daten an Polizei und Sicherheitsbehörden. Hier stehen unsere Dienste vor viel zu großen Schranken, Überkontrolle – und es fehlen gesetzliche Befugnisse.

Kiesewetter: Mehr Ausstattung für Drohnenabwehr und Cybersicherheit

Woran fehlt es nach Ihrer Ansicht noch?
Sowohl bei der Bundeswehr als auch bei den Sicherheitskräften im Bereich des Schutzes kritischer Infrastruktur fehlt Personal zur Aufklärung und gegebenenfalls Überwachung verdächtiger Personen. Materiell fehlt es an Ausstattung bei Bundeswehr und Polizei, zum Beispiel im Bereich der Drohnenabwehr, Cybersicherheit und elektronischer Kriegführung. Sonst wären die zig Drohnenüberflüge über Bundeswehreinrichtungen in den vergangenen zwei Jahren längst gestoppt und geahndet worden.
Was empfehlen Sie?
Es braucht mental endlich ein Umdenken bei den politischen Entscheidungsträgern, und eine ‚strategische Kultur‘, um Sicherheit in allen Facetten zu priorisieren und den finanziellen Bedarf bei Bundeswehr wie Sicherheitsbehörden endlich adäquat im Bundeshaushalt abzubilden.

Rubriklistenbild: © Monika Skolimowska/dpa/Archivbild

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