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Jugendgangs

Schweden: Privatfirmen helfen im Kampf gegen brutale Drogenbanden – CDU-Minister will Konzept kopieren

In Schweden eskaliert die Gewalt zwischen Drogengangs. Täter und Opfer werden immer jünger. Ein neuer Lösungsansatz soll die Gemeinschaft mit einbeziehen.

Stockholm – Wer an den bunten Häuschen in Gamla stan, der pittoresken Altstadt von Stockholm, entlang spaziert, käme nie auf den Gedanken, dass die schwedische Hauptstadt ein Problem mit Bandenkriminalität hat. Doch in den Vorstädten eskaliert seit Jahren die Gewalt: Schießereien auf offener Straße zwischen Drogengangs, jährlich gibt es Dutzende Todesopfer.

Bandenkriminalität in Schweden: Gangs heuern Jugendliche und Kinder an

Die Gangs heuern vor allem Minderjährige an, die in ihrem Auftrag dealen und morden. Manche Täter sind noch Kinder. Vor einigen Jahren haben die Schweden als Lösungsansatz das deutsche Präventionsprojekt „Kurve kriegen“ aus NRW importiert: Junge Intensivtäter werden dabei von Pädagogen intensiv betreut. Das Ziel: kriminelle Karrieren früh verhindern.

Keine Spur von Bullerbü: Wo Kinder in Schweden morden

Södertälje in Schweden
Die Straßenzüge wirken recht aufgeräumt. Auf den allerersten Blick würde man nicht darauf kommen, dass sich Drogen-Gangs in Södertälje südlich der schwedischen Hauptstadt Stockholm regelmäßig Schießereien liefern.  © Peter Sieben
Hovsjö in Södertälje in Schweden
Der Bezirk Hovsjö ist geprägt von Arbeitersiedlungen aus den 1970er Jahren. Unternehmen wie AstraZeneca und Scania stampften die Häuser einst aus dem Boden, um die vielen neuen Arbeiter unterzubringen.  © Peter Sieben
Häuser in Södertälje in Schweden
Heute ist Hovsjö eines von vier sogenannten gefährdeten Gebiete in der 75.000-Einwohner-Stadt.  © Peter Sieben
Södertälje
Viele der einstigen Arbeiter sind längst weggezogen. Heute ist der Ausländeranteil hoch in dem Viertel, die meisten Bewohner stammen aus Syrien und Armenien. Inzwischen haben sich vor allem Menschen angesiedelt, die sich die teuren Wohnungen etwa im 30 Kilometer entfernten Stockholm nicht leisten konnten. Experten sehen Versäumnisse der Politik, die über Jahre eine regelrechte Ghettoisierung zugelassen habe.  © Peter Sieben
Straße in Södertälje in Schweden
Seit einigen Jahren kommt es in den Straßen und Hinterhöfen immer wieder zu extremen Gewalttaten: Verfeindete Drogengangs bekämpfen sich mit Schusswaffen und immer öfter auch mit Sprengstoff. Ein Phänomen, das es auch in anderen Teilen von Schweden, etwa rund um Stockholm oder in Göteborg, gibt.  © Peter Sieben
Schweden, Södertälje südlich von Stockholm
Das Zentrum des Viertels wird immer wieder zum Tatort. © Peter Sieben
Tatort Södertälje
Auf diesem Platz gleich hinter dem „Hovsjö Grill“-Imbiss schoss im Juli 2024 ein 16-Jähriger einem 15-Jährigen ins Gesicht, in den Bauch und in die Beine – der Junge überlebte nur knapp. Die Gangs heuern neuerdings immer mehr Kinder und Jugendliche an und drängen sie zu schweren Straftaten.  © Peter Sieben
Einsatzkräfte der Polizei Patrick Torneus und Jessica Edmann.
Die schwedischen Sicherheitsbehörden setzen auf Repression und Prävention: Einsatzkräfte der Polizei patrouillieren regelmäßig in den gefährdeten Gebieten, zeigen Tag und Nacht Präsenz. Zwei von ihnen sind Patrick Torneus und Jessica Edmann.  © Peter Sieben
Polizei in Schweden
Patrick Torneus und Jessica Edman suchen immer wieder auch den Kontakt zu den Jugendlichen und Kindern im Viertel, sind Bezugspersonen für sie.  © Peter Sieben
Polizei Schweden
Viele Bewohner des Viertels kennen und vertrauen den Polizisten.  © Peter Sieben
Bandenkriminalität in schweden
Täglich sind Polizistinnen und Polizisten in dem Gebiet auf Streife. Schwedische Zeitungen nannten die gefährdeten Zonen einst „No-go-Areas“. Bei der Polizei hört man das nicht gern. Dort spricht man von „priorisierten Gebieten“: Bei der Bevölkerung verfange das Signal, stigmatisiert fühle sich niemand, dafür besonders geschützt.  © Peter Sieben
Sicherheitskameras, Bandenkriminalität in Schweden
An vielen Gebäuden sind Kameras angebracht, die hochauflösende Bilder der Gegend liefern. Die Polizisten können mit ihren Smartphones direkt darauf zugreifen.  © Peter Sieben
Polizisten, Bandenkriminalität Schweden
Denn die verwinkelten Hinterhöfe der Plansiedlung sind nicht gut einsehbar, die Wege nicht mit dem Auto befahrbar: Die Polizisten sind zu Fuß unterwegs.  © Peter Sieben
Polizei schweden
Ausgestattet sind die Polizeikräfte mit Schusswaffen, aber auch Tasern. Die nicht tödlichen Waffen kommen immer wieder zum Einsatz.  © Peter Sieben
Schweden: Die Polizisten Jessica Edman und Patrick Torneus in Södertälje
„Im Idealfall verhindern wir aber Verbrechen, bevor sie passieren“, sagt Jessica Edman. Wenn sie bemerken, dass Jugendliche und Kinder sich in der Nähe der Gangs herumtreiben, bringen sie sie im Streifenwagen direkt nach Hause, wo sie das Gespräch mit den Eltern suchen.  © Peter Sieben
Schweden, Bandenkriminalität, Polizei
Als Vorbild für die Präventionsarbeit der Sicherheitsbehörden gilt das deutsche Projekt „Kurve kriegen“ aus NRW.  © Peter Sieben
Herbert Reul in Schweden
Im März 2025 machte sich NRW-Innenminister Herbert Reul ein Bild von der Situation in Schweden.  © Peter Sieben
Patrick Torneus in Södertälje
Gespräch direkt am Zaun: „Na, habt ihr schon Schule aus?“, fragt Patrick Torneus eine Gruppe Kinder.  © Peter Sieben

Ein entscheidender Unterschied zwischen dem deutschen und dem schwedischen Präventionsmodell: Die Skandinavier finanzieren ihren Kampf gegen die Bandenkriminalität nicht nur mit staatlichen Mitteln, sondern auch mithilfe von großen schwedischen Unternehmen wie H&M oder AstraZeneca. Die steuern Geld bei, wenn zum Beispiel Sportangebote für die jugendlichen Programm-Teilnehmer finanziert werden sollen, oder vermitteln Ferienjobs. „Es ist für uns wichtig, die ganze Gemeinschaft miteinzubeziehen. Alleine können wir das Problem nicht lösen“, sagt Kristoffer Olofsson, Polizeichef in Södertälje. In der 70.000-Einwohner-Gemeinde südlich von Stockholm ist die Gangkriminalität seit Jahren ein Problem.

Jugendkriminalität und sogenannte Clans in NRW: Reul will Prävention auch privat finanzieren lassen

NRW-Innenminister Herbert Reul war jetzt zu Besuch in Stockholm, um mit den dortigen Behörden ins Gespräch zu kommen. Wir haben in vor Ort begleitet. Reul zeigte sich begeistert vom schwedischen Ansatz – und will ihn in Deutschland etablieren, um zumindest Teilbereiche von Präventionsprogrammen privat finanzieren oder fördern zu lassen.

„Ich finde es richtig, die Gemeinschaft mehr miteinzubeziehen. Gerade angesichts klammer Haushaltskassen“, so Reul am Rande des Treffens. „Denn das ist ja nicht ein Projekt des Innenministers, sondern der ganzen Gesellschaft.“ Teile von NRW sind, ebenso wie Teile von Berlin, Niedersachsen und Bremen, von Bandenkriminalität beziehungsweise der sogenannten Clankriminalität betroffen.

Rubriklistenbild: © Peter Sieben

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