Kommentar
Entfremdung und Eigennutz: Kommentar zum SPD-Austritt von Alexander Reissl
Der Fall Alexander Reissl hat vor der Kommunalwahl 2020 für ein politisches Erdbeben im Münchner Rathaus gesorgt. Dazu ein Kommentar von Politik-Redakteur Klaus Vick.
Kein Zweifel: Der Parteiaustritt von Alexander Reissl trifft die SPD tiefer ins Mark als die CSU unlängst der von Marian Offman vollzogene Seitenwechsel zu den Sozialdemokraten. Die SPD-Krise, die die Genossen gerne nach Berlin schieben, hat auch die München-Partei mit voller Wucht erfasst.
Reissl hat recht mit seiner Analyse, dass die SPD kaum erfolgreich sein wird, wenn sie grünen Themen hinterherhechelt. Die Rolle der modernen Großstadtpartei, die die SPD anstrebt, haben die Grünen übernommen. Die SPD wird sich schwer tun, den Rückstand bis zur Kommunalwahl 2020 aufzuholen. Reissls Abgang mögen manche Sozis als Befreiung von einer Altlast ansehen, er könnte sich aber als Hypothek erweisen.
Alexander Reissl: Schon länger vergrämt und frustriert von der SPD
Nun zur Person Reissl: Dass er schon lange vergrämt und frustriert über seine Partei war, wusste man. Dass er als konservativer Sozialdemokrat galt, auch. Aber so kurz vor der Wahl die Seiten zu wechseln? Zum früheren Erzfeind? Bei einem Mann, der politisch in der Sozialdemokratie verwurzelt ist? Das hätte auch keiner gedacht. Gut, er ist der CSU nicht flugs beigetreten.
Aber dennoch bleibt ein Beigeschmack, weil er bei der CSU ja nun eine Chance bekommt, die er bei der SPD nicht mehr erhalten hätte: für den Stadtrat zu kandidieren. Hinter seiner Entscheidung steckte also nicht nur pure Verbitterung, sondern auch purer Eigennutz.
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