CSU-Chef in der Kritik
Kommentar zur Debatte um Seehofer: Riskante Nadelstiche
Die Personaldebatte über Horst Seehofer muss kommen - die Fehler des CSU-Chefs waren erheblich. Doch die Gegner sollten die Nadeln und Messer vorerst stecken lassen, meint Christian Deutschländer.
München - Mit dem Messer im Rücken lasse es sich schwer verhandeln, warnte dieser Tage ein weiser Seehofer-Loyaler seine Partei. Nun reicht’s bei Gauweiler und Beckstein nicht mehr für das Messer, aber ein paar Nähnadeln haben sie dem Parteichef in den Rücken gejagt mit ihrer Kritik. Auch das schmerzt vor den Verhandlungen über den gemeinsamen Kurs der Union. Und es ist nicht klug: Denn die Gespräche in Berlin sind extrem wichtig.
Gelingt es nicht, die Union zusammenzubringen – das heißt nach gesundem Menschenverstand, die CDU näher an die CSU zu rücken oder zumindest breiter aufzustellen –. ist eine Regierungsbildung verbaut. Spöttisch gesagt: Welche CSU würde mit zwei linken und einer liberalen Partei für Jamaika koalieren? Aktuell ist ein Zeitfenster offen, die schweren Fehler aus dem Unions-Wahlkampf zu korrigieren, zumindest zu lindern. Wer glaubt, ein möglichst destabilisierter Seehofer könnte da mehr ausrichten, der handelt nur auf eigene Rechnung.
Seehofer wird die Personaldebatte nicht auf den Nimmerleinstag verschieben können; sie muss kommen, vielleicht sogar per Mitgliederbefragung, ihr Ergebnis ist offen. Zu erheblich waren auch seine Fehler im laufenden Jahr. Vorerst sollten seine Gegner aber die Nadeln und Messer stecken lassen. Nicht aus Mitleid oder Zuneigung, sondern aus Einsicht, notfalls aus Eigeninteresse: Denn was im Moment in Berlin auszuverhandeln ist, könnte kein Einziger von ihnen besser als er.