„Unmoralische Methoden“
Franziskus bricht mit Benedikt – konservative Katholiken wütend über Papst
Papst Franziskus entließ Benedikts engsten Vertrauten kurzerhand aus dem Vatikan. Stattdessen macht er einem Landsmann Platz für liberale Veränderungen.
Rom – Jahrelang war er einer der mächtigsten Amtsinhaber im Vatikan – am Freitag (7. Juli) stand er plötzlich mit seinen Umzugskisten vor einer Mietwohnung zurück in Freiburg. Georg Gänswein, ehemaliger engster Benedikt-Vertrauter, wurde von Papst Franziskus ohne offizielle Aufgabe in seine alte Heimat verbannt. Während dem als konservativ geltenden Gänswein seine Macht im Vatikan damit endgültig aus den Fingern gleitet, geht Franziskus mit einem neuen Vertrauten an seiner Seite die liberalen Reformpläne für die Kirche an.
Gänsewein war viele Jahre Privatsekretär und Vertrauter des deutschen Papstes Benedikt XVI.. Doch der liberale Nachfolger Franziskus fand für ihn keinen Nutzen mehr. Im Jahr 2020 beurlaubte er Gänswein dauerhaft, wodurch der Deutsche keine offizielle Aufgabe mehr hatte. Vor kurzem ging Franziskus einen Schritt weiter: Mit einer kurzen Zwei-Zeilen-Nachricht hatte der Heilige Stuhl Mitte Juni bestätigt, dass der einst mächtige Vertraute von Papst Benedikt XVI. in seine Heimat im deutschen Südwesten zurückkehren muss.
Franziskus bricht endgültig mit Benedikt: Gänswein muss zurück nach Freiburg
Warum Franziskus Gänswein sprichwörtlich abserviert, dürfte neben seinen generell konservativen Ansichten eng mit seinem Buch „Nichts als die Wahrheit“ zusammenhängen. Der gebürtige Freiburger hatte kurz nach Benedikts Tod ein Buch über ihn herausgebracht und beworben. Darin macht er auch interne Angelegenheiten aus dem Heiligen Stuhl öffentlich – so zitiert er zum Beispiel aus privaten Konversationen mit Franziskus und äußert seine Enttäuschung über einige Entscheidungen des Argentiniers.
Papst Franziskus ist vielen konservativen Katholiken ein Dorn im Auge. Grund ist seine Vision von liberalen Veränderungen in der katholischen Kirche. Nun ernannte er dafür seinen Landsmann Victor Manuel Fernández zum Leiter des mächtigen Glaubensdikasterium. Die Behörde hat insgesamt zur Aufgabe, die Glaubens- und Sittenlehre in der ganzen katholischen Kirche zu fördern und vor „Ketzerei“ zu schützen.
Konservative Katholiken wütend über Reformpläne von Papst Franziskus
Franziskus warf der bisherigen Arbeit im Glaubensdikasterium unmoralische Methoden vor, „die das Dikasterium in der Vergangenheit angewandt hat und die, anstatt theologisches Wissen zu fördern, mögliche lehrmäßige Irrtümer verfolgten“, zitiert ihn die Catholic News Agency aus einem persönlichen Brief an den Erzbischof Fernández.
Mit ihm an seiner Seite wolle er sich zukünftig der Wiederbelebung des Glaubens widmen. „Unterschiedliche Denkrichtungen in Philosophie, Theologie und pastoraler Praxis können die Kirche wachsen lassen, wenn sie offen sind für die Versöhnung durch den Geist in Respekt und Liebe“, so der Papst weiter.
Franziskus schuf unter anderem auch eine spezielle Abteilung mit Fachleuten für Angelegenheiten wie Kindesmissbrauch. Zu seinem generell geplanten Wachstum der Kirche schrieb Franziskus an Fernández, dass er „die christliche Lehre wirksamer bewahren [wird] als jeder Kontrollmechanismus“. (nz mit dpa-Material)
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