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„Nicht dafür bezahlt“

„Demo-Hopping“? Söders Staatskanzlei-Chef deutet Rüffel für Aiwanger an

Die CSU stört sich daran, dass Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger die Bauern zu seinem Top-Thema macht. Jetzt gab es im Kabinett eine Ansage.

Update vom 24. Januar, 9.30 Uhr: Ausgerechnet aus Markus Söder Staatskanzlei war am Dienstag (23. Januar) eine mutmaßliche indirekte Rüge an Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) zu vernehmen. Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) betonte, gerade für Regierungsmitglieder sei „das Demo-Hopping nicht das Mittel der Wahl“.

„Wir werden nicht bezahlt und gewählt, dass wir auf Demonstrationen gehen“, sagte Herrmann. Natürlich könne man Proteste besuchen, um sich solidarisch zu zeigen. „Aber die eigentliche Arbeit der Regierungsmitglieder findet im Parlament und in der Regierung statt.“

Statt „Demo-Hopping“: Aiwanger soll sich um Exportstrategie kümmern

Fast im selben Atemzug verwies Herrmann auf einen Bericht des Münchner Ifo-Instituts zu Exportrückgängen. Bayern gründe seinen Wohlstand auf Export, die Exportüberschüsse gehörten aber der Vergangenheit an. „Deshalb hat der Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger den nachhaltigen Auftrag bekommen, eine Exportstrategie zu entwickeln beziehungsweise die bestehende zu vertiefen.“

Auf Nachfrage, ob die Bemerkung mit dem Demo-Hopping an Aiwanger gerichtet sei, erklärte Herrmann: Es ist eine „Frage der Abwägung von Prioritäten und eine ganz allgemeine Feststellung“.

CSU-Chef Markus Söder und Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). (Archiv)

Aiwanger nervt die CSU – Ständig bei Bauerndemos, aber „kein Konzept“

Meldung vom 17. Januar 2024: München – Bayerns Ministerpräsident Markus Söder machte seinem Koalitionspartner Hubert Aiwanger nach der Bayern-Wahl ein Zugeständnis: Die Zuständigkeit für die Jagd und gewisse Verantwortlichkeiten bei den Staatsforsten schlug er Aiwangers Wirtschaftsministerium zu – davor waren die beiden Bereiche jahrzehntelang Sache des Landwirtschaftsministeriums gewesen. Da die Freien Wähler bei der Wahl knapp fünf Prozent dazugewannen, durfte ihr Chef offenbar Extrawünsche anmelden.

Ob die CSU wohl damals gehofft hat, dass der Landwirt Aiwanger sich durch dieses Geschenk künftig weniger im Metier von Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) einmischt? Sollte es so gewesen sein, ist das Gegenteil der Fall: Aiwanger ist bei den aktuellen Bauernprotesten mittendrin statt nur dabei, geriert sich als Kämpfer für die Landwirte und hat beinahe täglich Vorwürfe und Kritik zum Thema parat. Man könnte fast meinen, er selbst sei der Landwirtschaftsminister – und der ein oder andere Bürger denkt das vielleicht sogar.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger auf einer Kundgebung von Landwirten in München.

CSU-Landwirtschaftsministerin Kaniber stichelt gegen Aiwanger

Was sagt die CSU dazu – speziell Landwirtschaftsministerin Kaniber? „Ich beteilige mich nicht an irgendwelchen Wettbewerben“, stellte sie gegenüber dem Straubinger Tagblatt klar. Doch eine Spitze gegen den umtriebigen Aiwanger gibt es dann doch: Sie habe den Eindruck, sagte Kaniber, dass Aiwanger „gerne alles hätte wie früher. Aber das macht keinen Sinn, denn die Dinge verändern sich.“ Sie dagegen müsse als zuständige Ministerin „perspektivisch die Zukunft der Landwirtschaft beschreiben.“ Man müsse den Bauern schon ehrlich sagen, „wo die Reise hingeht und was zukunftsfähig ist.“

Dass Aiwanger dermaßen bei den Bauern wildern soll -wohl auch als potenzielle Wähler – sorgt in der CSU schon länger für Unmut. Denn auch die Christsozialen sehen sich als ureigener Vertreter des ländlichen Volks. Aiwanger macht ihnen diese Position immer mehr streitig. Auf Bauern-Demos skandieren die Landwirte regelmäßig „Hubsi, Hubsi“. Kanibers Kommentar dazu: „Jeder Minister hat seine Arbeitsweise. Mein Ding ist Populismus nicht, mir ist es wichtig, authentisch zu bleiben.“

CSU-Fraktionschef Holetschek wirft Aiwanger Vernachlässigung seines Amts vor

CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek äußerte seine Kritik bereits deutlicher: Er warf Aiwanger vor, sein eigentliches Amt als Wirtschaftsminister zu vernachlässigen. „Wir leben gerade viel von der Substanz der Vergangenheit, das ist keine gute Bilanz für einen Wirtschaftsminister“, sagte er vor wenigen Tagen der Augsburger Allgemeinen.

Dass Aiwanger derzeit gefühlt bei den meisten Bauern-Demos mit dabei ist, stieß bei Holetschek auf Unverständnis: An Demonstrationen teilzunehmen sei „kein wirtschaftliches Konzept“, stichelte er. Aiwanger müsse die Probleme anpacken. „Es wäre schön, wenn der Wirtschaftsminister auch eigene Ideen in unseren Prozess einbringt.“  

Bayerns Ministerpräsidenten seit 1945

Bundeskanzler Konrad Adenauer (mit Zylinder, CDU), Bundesratspräsident Karl Arnold (l, CDU) und Fritz Schäffer (r, CSU) bei der feierlichen Eröffnungssitzung des Deutschen Bundestages am 07.09.1949 in Bonn.
28. Mai 1945 – 28. September 1945: Fritz Schäffer (r, CSU) mit Konrad Adenauer (mit Zylinder, CDU), Bundesratspräsident Karl Arnold (l, CDU) bei der feierlichen Eröffnungssitzung des Deutschen Bundestages am 07.09.1949 in Bonn. © dpa
28. September 1945 – 21. Dezember 1946: Wilhelm Hoegner (SPD), ernannt durch die USA.
28. September 1945 – 21. Dezember 1946 (erste Amtszeit): Wilhelm Hoegner (SPD), ernannt durch die USA. © IMAGO/Rolf Poss
21. Dezember 1946 –
 14. Dezember 1954: Hans Ehard (CSU) mit Ehefrau Sieglinde.
21. Dezember 1946 – 14. Dezember 1954: Hans Ehard (CSU) mit Ehefrau Sieglinde. © IMAGO
14. Dezember 1954 – 16. Oktober 1957 (zweite Amtszeit): Wilhelm Hoenger (SPD) trat nach Verlust der Mehrheit im Landtag zurück.
14. Dezember 1954 – 16. Oktober 1957 (zweite Amtszeit): Wilhelm Hoenger (SPD) trat nach Verlust der Mehrheit im Landtag zurück. © IMAGO
16. Oktober 1957 – 26. Januar 1960: Hanns Seidel (CSU) überreicht General Lauris Norstad den Bayerischen Lowen.
16. Oktober 1957 – 26. Januar 1960: Hanns Seidel (CSU) überreicht General Lauris Norstad den Bayerischen Lowen. © IMAGO
26. Januar 1960 – 11. Dezember 1962 (zweite Amtszeit): Hans Erhard (CSU).
26. Januar 1960 – 11. Dezember 1962 (zweite Amtszeit): Hans Erhard (CSU). © IMAGO
11. Dezember 1962 – 7. November 1978: Ministerpräsident Alfons Goppel und Parteivorsitzender Franz Josef Strauß (beide CSU).
11. Dezember 1962 – 7. November 1978: Ministerpräsident Alfons Goppel, der aus Altersgründen zurücktrat, und Parteivorsitzender Franz Josef Strauß (beide CSU). © IMAGO
7. November 1978 – 3. Oktober 1988: Franz Josef Strauß (CSU) mit Münchens ehemaligem Oberbürgermeister Erich Kiesl.
7. November 1978 – 3. Oktober 1988: Franz Josef Strauß (CSU) mit Münchens ehemaligem Oberbürgermeister Erich Kiesl. © Heinz Gebhardt/IMAGO
3. Oktober 1988 – 19. Oktober 1988: Max Streibl (CSU) führte das Amt erst kommissarisch und trat dann in seiner offiziellen Amtszeit (19. Oktober 1988 – 28. Mai 1993) wegen der „Amigo-Affäre“ zurück.
3. Oktober 1988 – 19. Oktober 1988: Max Streibl (CSU) führte das Amt erst kommissarisch und trat dann in seiner offiziellen Amtszeit (19. Oktober 1988 – 28. Mai 1993) wegen der „Amigo-Affäre“ zurück. © IMAGO
28. Mai 1993 – 9. Oktober 2007: Edmund Stoiber (CSU) trat nach einem innerparteilichen Machtkampf zurück.
28. Mai 1993 – 9. Oktober 2007: Edmund Stoiber (CSU) trat nach einem innerparteilichen Machtkampf zurück. © IMAGO/Astrid Schmidhuber
9. Oktober 2007 – 27. Oktober 2008: Günther Beckstein (CSU) schied aus dem Amt, als die CSU bei der Landtagswahl 2008 einen deutlichen Stimmenverlust hinnehmen musste.
9. Oktober 2007 – 27. Oktober 2008: Günther Beckstein (CSU) schied aus dem Amt, als die CSU bei der Landtagswahl 2008 einen deutlichen Stimmenverlust hinnehmen musste. © IMAGO
27. Oktober 2008 – 13. März 2018: Horst Seehofer (CSU) gab das Amt ab, als die Ernennung zum Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat anstand.
27. Oktober 2008 – 13. März 2018: Horst Seehofer (CSU) gab das Amt ab, als die Ernennung zum Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat anstand. © Sammy Minkoff/IMAGO
13. März 2018 – 16. März 2018: Ilse Aigner (CSU) übernahm das Amt der Ministerpräsidentin kommissarisch.
13. März 2018 – 16. März 2018: Ilse Aigner (CSU) übernahm das Amt der Ministerpräsidentin kommissarisch. © Charles Yunck/IMAGO
Seit 16. März 2018: Markus Söder (CSU) ist Ministerpräsident von Bayern und CSU Vorsitzender.
Seit 16. März 2018: Markus Söder (CSU) ist Ministerpräsident von Bayern und CSU Vorsitzender. © IMAGO

CSU-Größe Theo Waigel findet Freie-Wähler-Chef Aiwanger „unmöglich“

Noch schärfer ging CSU-Ehrenvorsitzender und Ex-Bundesfinanzminister Theo Waigel den Freie-Wähler-Chef an: „Ich gehöre nicht gerade zu seinen Freunden“, sagte er beim jüngsten Sonntags-Stammtisch im BR Fernsehen. Er finde Aiwangers „populistische Art und Weise, Stimmungen zu bedienen und zu fördern, unmöglich“.

Dass Aiwanger womöglich eines Tages im Bundestag lande, wolle er „versuchen zu verhindern“, legte Waigel nach. Aiwanger will ab 2025 auch im Bund mitregieren, wie er nach der Klausurtagung der Freien Wähler verkündete.

Bayerns Wirtschaftsminister verteidigte unterdessen seine Teilnahme an den Bauernprotesten. „Landwirtschaft ist Kernelement einer Wirtschaftspolitik“, sagte Aiwanger der Augsburger Allgemeinen. Dass er sich auch auf der Straße für Landwirte starkmache, ergänze sich. Er beschwerte sich, die CSU wolle Auftritte seinerseits auf großen Kundgebungen blockieren: „Die sollen ihre Arbeit tun und sollen mir nicht ständig sagen, wo ich nicht hindürfe“, monierte er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. (smu)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Frank Hoermann/SVEN SIMON

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