Gesundheitsminister im Interview
Jens Spahn mit kritischer Zwischenbilanz: „Die SPD verspricht allen alles“
Seit einem Jahr regiert die dritte Große Koalition unter Angela Merkel. Wir haben Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für eine Zwischenbilanz getroffen.
Es war ein intensives, gutes Jahr. Gerade im Bereich Gesundheit und Pflege haben wir viel angepackt.
Weil es die Patienten auch eilig haben. Sie und auch die Ärzte, Physiotherapeuten und Pflegekräfte warten darauf, dass wir ihren Alltag erleichtern. Die dafür notwendigen Entscheidungen zu treffen, das ist Aufgabe von Politik. Natürlich muss das vorher gut abgewogen werden. Das darf aber nicht Jahre dauern.
Nein. Ich gehe davon aus, bis 2021 in dieser Koalition Gesundheitspolitik zu gestalten.
Lesen Sie auch: Spahn will Impfzwang einführen: Es drohen hohe Geldstrafen und Kita-Verbot
Was halten Sie von der aktuellen SPD? Machen Sie mit und stimmen ab
Spahn: „Bürger haben Anspruch, dass wir Probleme lösen“
Derartige Debatten führen wir in der Union nicht. Die kommen immer nur aus der SPD. Die Koalition ist jetzt gerade mal ein Jahr im Amt. Nach einer Regierungsbildung, die sich so lange hingezogen hat wie nie zuvor, haben die Bürger Anspruch darauf, dass wir Probleme lösen und ihr Leben konkret besser machen, statt dauernd taktisch zu diskutieren.
Ich denke, die Menschen haben ein feines Gespür, dass die SPD allen alles verspricht, ohne zu sagen, wie sie es finanzieren will. Die Bürger wissen, dass vor dem Verteilen das Erwirtschaften kommt.
Auch wir sind für die Grundrente. Denn es muss einen Unterschied machen, ob jemand 35 Jahre gearbeitet, Kinder erzogen oder gepflegt hat – oder eben nicht. Aber um zielgerichtet helfen zu können, muss man wissen, ob jemand wirklich Hilfe braucht.
Spahn: „Steht im Koalitionsvertrag, dass Bedürftigkeit geprüft wird“
Haben wir doch schon. Es steht sehr konkret im Koalitionsvertrag, dass die Bedürftigkeit geprüft wird. Sobald SPD-Sozialminister Hubertus Heil einen Vorschlag vorlegt, der umsetzt, was wir vereinbart haben, werden wir das sehr schnell beschließen können.
Mag sein. Aber die Frage ist: Wo steht das Land? Passen unsere Debatten noch zur wirtschaftlichen Lage? In Gesprächen mit Unternehmern spüren wir, dass die Auftragsbücher nicht mehr so voll sind wie vor zwei, drei Jahren. Wir spüren die Dynamik in China und den USA. Wir müssen Impulse setzen, um wieder stärkeres Wachstum zu schaffen. In den letzten Jahren haben wir den Anteil der Sozialausgaben am Bundeshaushalt stark erhöht. Jetzt, wo wir spüren, dass sich wirtschaftlich etwas ändert, sollten wir den Fokus auf Investitionen und Steuersenkungen legen.
Noch sind wir in Etat-Verhandlungen. Aber scheinbar soll hier tatsächlich besonders stark gekürzt werden. Aber das wäre fatal, denn das sind die Investitionsetats, hier geht es um unsere Infrastruktur, den Breitbandausbau und die gute Ausrüstung unserer Soldaten. Statt immer mehr Umverteilung brauchen wir diese Investitionen in die Zukunft.
Spahn: 50 Prozent Aufschlag für einen Termin binnen einer Woche
Ja, wir wollen die heute kaum bekannten Terminservicestellen zu der zentralen Anlaufstelle für die Patienten machen. Wir führen sie unter der Nummer 116 117 mit dem ärztlichen Notdienst zu einem 24-Stunden-Angebot jeden Tag zusammen. Dort und bald auch per App auf dem Handy können Patienten sich Termine holen. Und die Ärzte, die diese Termine dann schnell annehmen, bekommen eine zusätzliche Vergütung. Für einen Termin binnen einer Woche gibt es zum Beispiel spürbare 50 Prozent Aufschlag.
Das hängt natürlich davon ab, wie viele Patienten das Angebot nutzen. Wir gehen von 600 bis 700 Millionen Euro pro Jahr aus. Das ist gut investiertes Geld in eine bessere Versorgung.
Erstens: Der nötige finanzielle Spielraum ist da. Die Kassen haben das Jahr 2018 mit zwei Milliarden Euro Überschuss abgeschlossen. Zweitens sind die oft zu langen Wartezeiten auf einen Termin beim Facharzt das große Aufregerthema für viele. Also ist das eine wichtige Investition für mehr Vertrauen in unser Gesundheitssystem.
Lesen Sie auch:
SPD-Ministerium plant mehr Geld für Asylbewerber - CSU-General ist empört
Diskussion um Kramp-Karrenbauer als Kanzlerin: "Unverantwortlich und koalitionsschädigend"
Nackte Femen attackieren Gesundheitsminister Spahn - er kontert cool
