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„Politischer Spielball“

Warum Ägypten das einzige Flucht-Nadelöhr der Palästinenser geschlossen hält

Viele Palästinenser hoffen im Israel-Krieg auf eine Fluchtmöglichkeit aus dem Gaza-Streifen, die einzige Lösung ist Ägypten. Doch das Land zögert.

Gaza/Kairo - Hinsichtlich der wachsenden Sorge um die humanitäre Lage im Gazastreifen nimmt der Druck auf Ägypten zu. Der Grenzübergang Rafah ist für viele palästinensische Flüchtlinge die einzige Möglichkeit im Israel-Krieg, Gaza angesichts der Bombardierungen Israels zu verlassen und in ein Nachbarland zu fliehen. Doch die Grenze ist seit Tagen abgeriegelt. Hilfsorganisationen warten auf ägyptischer Seite mit Hilfsgütern für die Menschen in Gaza, Zivilisten warten auf der anderen Seite auf eine mögliche Ausreise. Was hält die ägyptische Regierung davon ab, die Grenze für die Menschen zu öffnen?

„Wir befinden uns seit drei Tagen an der Grenze“, berichtete der Deutsch-Palästinenser Ahmad Al-Qassas der Nachrichtenagentur AFP. „Immer mehr Menschen kommen hierher, weil sie Sicherheit suchen, aber es ist nirgendwo wirklich sicher.“ In der Hoffnung auf eine Ausreise aus dem abgeriegelten Gazastreifen haben sich am Montag hunderte Palästinenser mit einer doppelten Staatsbürgerschaft am Grenzübergang Rafah an der Grenze zu Ägypten versammelt. Doch der Grenzübergang war auch am Montag weiterhin geschlossen. Er ist der einzige nicht von Israel kontrollierte Grenzübergang zum Gazastreifen.

Grenzübergang Rafah weiterhin geschlossen: Vor diesen akuten Herausforderung steht Ägypten

Quellen vor Ort berichten von unterschiedlichen Gründen für die Schließung der Grenze. Ein palästinensischer Grenzbeamter sagte gegenüber dem US-Sender CNN, Ägypten habe die Grenztore mit Betonplatten blockiert. Der ägyptische Außenminister Sameh Shoukry bestritt unterdessen den Vorwurf und behauptete, die palästinensische Seite sei durch israelische Bombariderungen beschädigt worden und daher unbenutzbar.

Palästinenser, einige mit ausländischen Pässen, warten am Grenzübergang Rafah auf Hilfe und eine mögliche Einreise nach Ägypten.

Journalisten vor Ort bestätigen seit Tagen die Angriffe auf den grenzübergang Rafah. Laut der Auskunft von AFP-Journalisten wurde die Umgebung des Grenzübergangs auch am Montag erneut von einem Angriff getroffen, nachdem die Gegend von der israelischen Luftwaffe Anfang vergangener Woche binnen 24 Stunden dreimal bombardiert worden war. Zudem haben sich Israel und Ägypten Berichten zufolge bislang nicht darauf einigen können, wie Hilfslieferungen nach Gaza überprüft werden, um Waffenschmuggel zu verhindern.

Warum Ägypten das einzige Flucht-Nadelöhr der Palästinenser aus strategischer Sicht weiterhin geschlossen hält

Bis eine Lösung gefunden wird, bleibt die Grenze vermutlich weiterhin geschlossen. Doch selbst bei einer Öffnung wird Ägypten voraussichtlich nur die Ausreise von Hilfsorganisationen nach Gaza erlauben, weniger hingegen die Einreise von Flüchtlingen. Mehr als zwei Millionen Palästinenser leben im Gazastreifen. Inzwischen sind nach UN-Angaben etwa eine Million Menschen vor der erwarteten israelischen Bodenoffensive vom nördlichen Gazastreifen in den Süden geflohen - und damit Richtung Ägypten. Das Land hat jedoch eigene politische und wirtschaftliche Interessen, und will einen massiven Flüchtlingsstrom aus mehreren Gründen unbedingt vermeiden.

Der ägyptische Präsident Abdel Fattah el-Sisi erklärte in einer Rede am Donnerstag, man fühle mit dem palästinensischen Volk mit und setze sich dafür ein, dass „Hilfe, ob medizinisch oder humanitär, in dieser schwierigen Zeit in den Streifen gelangt“. Eine Ausreise sieht er aber als große Gefahr an. „Es ist wichtig, dass die Menschen im Gazastreifen stehen bleiben und auf ihrem Land bleiben“, sagte Sisi weiter. Verlassen die Menschen den Gaza-Streifen, könnte das ihm zufolge „das Ende der (palästinensischen) Geschichte“ bedeuten.

Der Grenzübergang Rafah, wo Palästinenser auf Hilfe und eine mögliche Überfahrt nach Ägypten warten.

Eine Erklärung, die auf Kritik stößt. „Es ist sehr zynisch, das zu sagen“, sagt Bente Scheller von der Heinrich-Böll-Stiftung der Tagesschau hinsichtlich der Aussage des Präsidenten. Millionen von Menschen befänden sich in einem Angstzustand, trotzdem stünden die politischen Interessen klar über den humanitären Bedürfnissen. Man benutze die Menschen im Gaza-Streifen stattdessen „von allen Seiten als politischen Spielball“.

Palästinenser als „politischer Spielball“: Ägypten will Einnahme des Gaza-Streifens durch Israel unbedingt vermeiden

Ägypten befürchtet, dass mit der Flucht der Pälistenser aus dem Gaza-Streifen schließlich Israel den Landfleck zwischen Jordan und Mittelmeer einnehmen könnte. Das will die Regierung einerseits aus politischen Interessen verhindern. Andererseits befürchtet man einen massiven Flüchtlingsstrom, der sich statt weiter zu ziehen anschließend auf der ägyptischen Halbinsel Sinai ansiedeln könnte.

„Das Szenario, vor dem die ägyptische Regierung große Angst hat, ist, dass hunderttausende Palästinenser kommen. Dann wäre Ägypten für diese Menschen verantwortlich, müsste Aufnahmezentren aufbauen, sich um Nahrung, Wasser und medizinische Versorgung kümmern“, sagte der ägyptische Journalist Mourad Hegazy ebenfalls im Gespräch mit der Tagesschau. Gleichzeitig habe man Angst vor islamistischen Terroristen, die ins Land kommen und Ägypten angreifen könnten.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat unterdessen vor einer „echten Katastrophe“ im Gazastreifen binnen 24 Stunden gewarnt. In dem Palästinensergebiet seien nur noch für 24 Stunden Wasser, Strom und Treibstoff vorhanden, sagte der WHO-Regionaldirektor für das östliche Mittelmeer, Ahmed al-Mandhari, am Montag. Hilfskonvois, die bisher am Grenzübergang Rafah in Ägypten festhängen, müssten dringend durchgelassen werden. Wenn im Gazastreifen keine Hilfe eintreffe, müssten Ärzte bald „Sterbeurkunden für ihre Patienten erstellen“, sagte al-Mandhari. (nz)

Rubriklistenbild: © Mohammed Talatene/dpa

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