Debatte beim ESC
Politische Botschaft beim ESC: Kandidat aus Schweden sorgt mit Palästinensertuch für Kontroverse
Der Gaza-Krieg überschattet den ESC: Eröffnungsact Eric Saade zeigt seine Verbundenheit mit den Menschen in Gaza. Und er ist nicht der Einzige.
Malmö – Beim 68. Eurovision Song Contest steht diesmal nicht die Musik im Vordergrund, sondern der Gaza-Krieg. Eröffnungsact Eric Saade aus Schweden nutzte gleich einmal seinen Auftritt im Halbfinale des Contest, um durch das Tragen eines Palästinensertuchs seine Verbundenheit mit den Menschen in Gaza zu demonstrieren.
„Menschlich verständlich, aber letztlich ein Verstoß gegen die Richtlinien beim ESC“, berichtet ESC kompakt. Denn das Zeigen der palästinensischen Flagge und entsprechenden Symbolen ist in der Show untersagt, weil das Land nicht am Wettbewerb teilnimmt. Aber das von Saade getragene Palästinensertuchs könnte noch in eine Grauzone fallen, so die Veranstalter.
Wegen Israels Teilnahme am ESC: Viele distanzieren sich vom Wettbewerb
Schon im Vorfeld der Veranstaltung war die Stimmung angespannt: „Da Israel am diesjährigen ESC teilnimmt, gibt es eine Tendenz unter den Künstler/innen in Schweden, sich von dem Wettbewerb zu distanzieren oder diesen zu boykottieren“, zitiert ESC kompakt den Veranstalter.
Ob von der European Broadcasting Union (EBU), die den ESC ausrichtet, eine Strafe gegen Saade oder das die Show produzierende schwedische Fernsehen SVT verhängt wird, bleibt abzuwarten. Die SVT-Verantwortliche Ebba Adielsson sagte bereits zur Tageszeitung Aftonbladet: „Wir finden es traurig, dass er seine Beteiligung auf diese Weise nutzt. Eric Saade ist sich der Regeln bewusst, die gelten, wenn man beim Eurovision Song Contest auf der Bühne steht.“
Saade soll in den Proben das Palästinensertuch noch nicht um das Handgelenk getragen haben. Sein Auftritt war sowohl für das Publikum als auch den Veranstalter eine Überraschung.
Künstlerin aus Irland darf beim ESC Statement zum Nahost-Konflikt nicht zeigen
Nicht nur Saade nutzte die Veranstaltung in Malmö, um auf das Thema Gaza-Krieg aufmerksam zu machen. Nach dem Einzug ins Finale des ESC hat Bambie Thug aus Irland die Organisatoren kritisiert, weil sie auf die Änderung einer Körperbemalung bestanden hatten. Dabei ging es ebenfalls um eine Aussage im Nahost-Konflikt.
Eigentlich hatte Thug („Doomsday Blue“) in der Ogham-Schrift, die in Irland im frühen Mittelalter genutzt wurde, die Wörter „Waffenstillstand“ und „Freiheit“ auf den Körper geschrieben – als Hinweis auf die Lage im Gazastreifen. „Es war sehr wichtig für mich, weil ich für Gerechtigkeit und für Frieden bin“, sagte Thug nach dem ersten Halbfinale am Dienstagabend (8. Mai) in Malmö, wie die britische Nachrichtenagentur PA meldete. „Leider musste ich diese Botschaften in ‚Krönt die Hexe‘ ändern, was eine Anordnung der EBU war.“
Palästinensische Flaggen und Symbole werden beim ESC in Malmö nicht zugelassen
Der Auftritt, dessen Show mit okkultistischen Ritualen spielte, hatte an dem Abend künstlerisch viel Aufsehen erregt. Das Lied „Doomsday Blue“ ist ein Mix aus Sprechgesang, harten Elektronikklängen und sanfter Ballade. Es ist das erste Mal seit 2018, dass ein irischer Beitrag das ESC-Finale erreicht hat. Thug ist eine non-binäre Person, versteht sich also nicht als Frau oder Mann, sondern denkt jenseits dieser Kategorien.
Eine Sprecherin derr EBU, die den ESC veranstaltet, sagte: „Die Schrift, die auf Bambie Thugs Körper während der Kostümproben zu sehen war, verstieß gegen die Wettbewerbsregeln, die den unpolitischen Charakter der Veranstaltung schützen sollen.“ Die irische Delegation habe daraufhin zugestimmt, den Text für die Liveshow zu ändern. Die EBU hatte zuvor gewarnt, palästinensische Flaggen und Symbole seien nicht in der Malmö Arena zugelassen. Israel ist traditionell Teilnehmerland des ESC.
Weltlage überschattet Wettbewerb: ESC will unpolitisch bleiben
Nach Ausbruch des Gaza-Krieges infolge der Attacke der Hamas auf Israel hatte es in diesem Jahr vor allem in sozialen Netzwerken immer wieder Diskussionen um das Antreten des Landes gegeben, denen die EBU stets entschieden entgegentrat. Künstlerin Eden Golan, die Israel vertritt, musste auf Druck der EBU ihren Text und Songtitel ändern – auch er war den Veranstaltern erst zu politisch erschienen, berichtet die Deutsche Presse-Agentur.
Die erklärt unpolitische Haltung hinter dem ESC ist oft Gegenstand von Debatten. Immer wieder überschattet die Weltlage den Wettbewerb. Geduldet werden auf der Bühne in der Regel nur sehr abstrakte Äußerungen. In Liverpool zeigten die britischen Ausrichter im vorigen Jahr Ruinen und Raketen in einer Pausenshow und bauten auch eine Tanzeinlage in einer U-Bahn-Station ein - als Anspielung auf den Luftkrieg gegen ukrainische Städte (bg/dpa).
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