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Wettstreit der Großmächte

Indien will globale Supermacht werden – mehr Menschen als der Rivale China hat es bereits

Mit dem Schattendasein soll es vorbei sein: Ministerpräsident Narendra Modi will Indien zum Großmachtstatus führen
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Mit dem Schattendasein soll es vorbei sein: Ministerpräsident Narendra Modi will Indien zum Großmachtstatus führen

Indien will zur Supermacht Asiens aufsteigen und mehr geopolitischen Einfluss. In diesen Tagen wird es China als bevölkerungsreichstes Land ablösen. In der Wirtschaft wird die Aufholjagd aber schwieriger.

Neu-Delhi/Frankfurt – Indien hat die Spitze erreicht – vielleicht schon vergangene Woche, vielleicht erst in ein paar Tagen. Lange Zeit war China das bevölkerungsreichste Land der Welt. Doch jetzt überholt Indien die Volksrepublik. Zwar können die Vereinten Nationen aufgrund der Datenlage nicht exakt das Datum bestimmen, wann Indien China übertroffen haben wird. Doch nach am Mittwoch veröffentlichten Schätzungen des UN-Bevölkerungsfonds UNFPA werden schon Mitte 2030 rund drei Millionen mehr in Indien leben als in China. In beiden Riesenstaaten leben derzeit gut 1,4 Milliarden Menschen. Doch Indiens Bevölkerung wächst weiter, während Chinas beginnt zu schrumpfen.

Indien stand lange im Schatten Chinas, nicht nur bei der Einwohnendenzahl. Ein rasanter Boom ließ die Volksrepublik seit den 1990er-Jahren zur „Fabrik der Welt“ für alles vom T-Shirt bis zum Hightech-Produkt aufsteigen. Der Westen pries Indien derweil zwar als „größte Demokratie der Welt“; Geschäfte aber machten die Unternehmen lieber mit dem kommunistisch regierten China. Zu bürokratisch und verschlossen präsentierte sich Indien, das zudem auf eine lange Tradition der Blockfreiheit zurückblickt – Nähe zur Sowjetunion und später zu Russland inklusive.

Doch mit dem Schattendasein soll es vorbei sein. Ministerpräsident Narendra Modi will Indien zum Großmachtstatus führen. Sein Fernziel ist es, einer von mehreren Polen einer künftigen multipolaren Welt zu werden, auf Augenhöhe mit den USA und China. Aus dem Konflikt der beiden Supermächte hält Indien sich heraus. Modi agiert geschickt zwischen beiden und positioniert Indien zudem – ähnlich wie China – als Schutzmacht des globalen Südens.

Indiens Bevölkerungszahl wächst weiter – China schrumpft

Nun wird sich die Welt also daran gewöhnen müssen, dass nicht mehr in China, sondern in Indien die meisten Menschen leben. Nach dem „mittleren Pfad“ der Vereinten Nationen – also jenem wahrscheinlichsten, zwischen den Extremen gelegenen Szenario – wird Indiens Bevölkerung bis Ende dieses Jahrzehnts die Marke von 1,5 Milliarden Menschen überschreiten und bis 2064 weiter langsam zunehmen. Dann wird sie mit rund 1,7 Milliarden Menschen ihren Höhepunkt erreicht haben.

China musste dagegen im Januar melden, dass seine Bevölkerung 2022 erstmals seit Jahrzehnten geschrumpft ist. Die inzwischen aufgegebene Ein-Kind-Politik hat dazu geführt, dass China beginnt zu altern, bevor es reich geworden ist. Dieser Trend wird Chinas Wirtschaft langfristig schwächen; schon jetzt beginnt der früher endlose Pool an jungen Arbeitskräften auszutrocknen, auf den sich Chinas Firmen jahrzehntelang verlassen hatten. In Indien liegt das Durchschnittsalter bei 28 Jahren, in China bei 39 – Tendenz steigend.

Indiens Wirtschaft: Schwierige Aufholjagd

Wirtschaftlich hat Indien allerdings noch einiges aufzuholen. Chinas jährliche Wirtschaftsleistung war 2022 mit knapp 18 Billionen US-Dollar rund sechsmal so groß wie jene Indiens (drei Billionen US-Dollar). Und bislang erwartet die OECD für die Volksrepublik weiterhin ein starkes Wachstum – in einem weitgehend parallelen Pfad zu Indien, der dem Subkontinent zwar ein deutlich stärkeres Wachstum bescheren würde als bisher, Indien bis 2060 aber nicht näher an China heranbringen wird.

China und Indien hätten sich bereits früher parallel entwickelt – bis China Anfang der 1990er-Jahre mit einem starken Reformschub die bekannte rasante Entwicklung auslöste, erklärt Gerwin Bell, Chefvolkswirt Asien des globalen Asset Managers PGIM Fixed Income, im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA.

Indien und China: Wer wird die künftige Supermacht Asiens?

Bell sieht bei allem Optimismus für eine künftig größere Rolle Indiens große Herausforderungen, die das Land dringend anpacken müsse: Das Haushaltsdefizit sei zu hoch, die Sparquote zu niedrig, die Rechtssicherheit noch ausbaufähig. Ähnlich wie einst China brauche auch Indien einen Reformschub, etwa im Eigentumsrecht oder bei der Landnutzung. „Doch all das geht im Tempo eines Gletschers voran, drei Schritte vor und zwei zurück.“ Sollte Indien sich aber öffnen und seine Probleme lösen, könnte es für internationale Investoren schnell attraktiver werden. Nicht jedes Unternehmen sei mit der derzeitigen Rolle Chinas als „Fabrik der Welt“ dauerhaft zufrieden, sagt Bell. „Die Antwort darauf ist: Man muss einen Produktionsstandort finden, der genauso groß ist wie China. Und das könnte Indien sein.“

Wer also wird in ein paar Jahrzehnten die wichtigste Supermacht Asiens sein, Indien oder China? Indien wolle führen und sich nicht länger mit einer ausgleichenden Rolle zufriedengeben, sagte Modi bereits kurz nach seinem Amtsantritt 2014. Im August 2022 versprach er in seiner Rede zum 75. Jahrestag der Unabhängigkeit von Großbritannien, Indien innerhalb des nächsten Vierteljahrhunderts – also bis 2047 – zu einem entwickelten Land zu machen. Doch auch Chinas Staatschef Xi Jinping hat große Pläne. Bis 2049, dem 100-jährigen Bestehen der Volksrepublik China, will er erreichen, dass sein Land „in Bezug auf seine nationale Stärke und seinen internationalen Einfluss an der Spitze der Welt steht“.

Indiens geopolitische Taktik: Lavieren zwischen allen Seiten

China schöpft seine Macht auch aus seinem wirtschaftlichen Erfolg und der starken Vernetzung mit der Welt; viele Staaten hängen von Produkten und Rohstoffen aus China ab. Modi aber scheint nicht warten zu wollen, bis ein Wirtschaftsboom seinem Land automatisch geopolitischen Einfluss verschafft. Ziel des Premierministers und seiner hindu-nationalistischen Regierung sei es, „für Indien eine unabhängige Supermachtrolle zu gestalten, den Übergang zu einem multipolaren internationalen System zu beschleunigen – und den neuen Status schließlich mit einem ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu zementieren“, schreibt Derek Grossmann von der US-Denkfabrik Rand Corporation.

Indien ist Mitglied im Sicherheitsbündnis Quad für den Indopazifik, gemeinsam mit den USA, Australien und Japan. Und zugleich ist es Mitglied der von China gegründeten Shanghai Cooperation Organisation (SCO, mit China, Russland und mehreren zentralasiatischen Staaten) sowie der BRICS-Gruppe mit China, Russland, Brasilien und Südafrika. Doch Neu-Delhi ist misstrauisch gegenüber Peking und dessen Großmachtambitionen in Asien. Immer wieder kommt es zu Grenzscharmützeln an der langen Grenze der beiden Riesenstaaten quer durch den Himalaya. Vor ein paar Monaten prügelten sich die Soldaten beider Länder dort mit Stöcken.

„Delhi ist sich natürlich bewusst, dass seine Bereitschaft, ein stärkerer Partner der USA zu werden, Peking irritiert“, meint C. Raja Mohan vom Asia Society Policy Institute in Delhi. „Neu-Delhi weiß aber auch, dass es seine engeren Beziehungen zu den USA sind, die Peking zu einem milderen Ton gegenüber Indien veranlassen.“ Es sind die ersten Machtspiele eines Landes, das mitreden will.

*Dieses Bild wurde mithilfe maschineller Unterstützung erstellt. Dafür wurde ein Sprachmodell genutzt, das Informationen aus ausgewählten Quellen verarbeitet. Auswahl der Quellen und Sprachmodellanfragen sowie finale Bearbeitung des Bildes: Art Director Nicolas Bruckmann.

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