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FR.de-Recherche

Exklusiv: Wie nahe stehen die Freien Wähler Hessen der AKP-Lobby in Deutschland?

Offenbar pflegen mehrere aktive und frühere Mitglieder der Freien Wähler beste Kontakte zu UID und Milli Görüs. Beide Vereine gelten als Erdogan-nah. Eine exklusive Recherche vor der Hessen-Wahl.

Frankfurt am Main – In Hessen läuft der Wahlkampf zur Landtagswahl am 8. Oktober auf Hochtouren. Die Freien Wähler um ihren Landesvorsitzenden und Europaabgeordneten Engin Eroglu wollen ins Wiesbadener Landesparlament. Allerdings war zuletzt bekannt geworden, dass Eroglu offenbar gute Verbindungen zu vom Verfassungsschutz beobachteten Organisationen und ihren Funktionären hatte. FR.de hat nun herausgefunden, dass das Phänomen in der Partei nicht nur Hessens FW-Landeschef betrifft.

Freie Wähler in Hessen: „Bedeutender Anstandsbesuch“ bei UID

Mindestens zwei Treffen zwischen Eroglu und der Führungsriege der UID (Union Internationaler Demokraten) hat es gegeben. Im Oktober 2018 hatte der Europaparlamentarier den damals neu gewählten Vorsitzenden der UID Hessen, Erkan Arslan, besucht. Der „Anstandsbesuch“ sei „bedeutend“, teilte die Lobbyorganisation auf Facebook mit. 2019 war Eroglu dann zu Gast in der UID-Zentrale Köln. 2022 soll Eroglu zudem bei einer Veranstaltung der UID zum Fastenbrechen teilgenommen haben. In Teilen der türkischen Presse wird Eroglu als Politiker gefeiert, der von der UID unterstützt wird.

Die UID (Union Internationaler Demokraten) ist eine Lobbyorganisation der türkischen Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Die Organisation ist darum bemüht, im Ausland ein positives Bild von der AKP und Erdogan zu zeichnen. Der Verfassungsschutz beobachtet die Organisation.

Freie Wähler mit Kontakten zu Milli Görüs

Recherchen von FR.de haben ergeben, dass auch andere Vertreter der Freien Wähler ebenfalls zu vom Verfassungsschutz beobachteten Organisationen Verbindungen haben. Das betrifft vor allem das Umfeld der sogenannten Landesarbeitsgemeinschaft Integration (LAG) der Freien Wähler. Mindestens zwei der Gründer haben enge Verbindungen zum Moscheeverein IGMG, der auch als Milli Görüs bekannt ist. In einem Instagram-Eintrag der IGMG-Jugend Hessen vom 16. Mai 2020 firmiert ein Mitgründer, Y.K., als Verantwortlicher für Studentenwohnungen (Irvan Evleri) der Gruppe.

Der Vorsitzende der LAG der Freien Wähler in Hessen, Mustafa Yüce, bestätigte die Aktivität des LAG-Gründers bei Milli Görüs: „„Herr K. hat es nach meiner Nachfrage bestätigt, dass er es ist“, so Yüce.

Die Milli Görüs heißt offiziell „Islamische Gemeinschaft Millî Görüs“. Hinter der Gemeinschaft versteckt sich ein Islamverband mit mehreren hundert Moscheen in Deutschland. Die Erdogan-nahe Organisation wird von verschiedenen Landesämtern für Verfassungsschutz und auch dem Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Laut Verfassungsschutz Baden-Württemberg hat der Islamverein eine „islamistische Agenda“.

Mehrere Mitglieder der Freien Wähler in Hessen pflegen beste Kontakte zu UID und Milli Görüs.

Landesarbeitsgemeinschaft Migration der FW mit Verbindungen zu Milli Görüs

Ein weiteres Gründungsmitglied der LAG ist Aziz A., der früher in der IGMG aktiv war. Bis mindestens 2021 galt A. als Sprecher der vom Verfassungsschutz beobachteten Milli Görüs in Limburg. Ob er noch immer der islamistischen Gemeinschaft angehört, darüber gibt es widersprüchliche Aussagen. „Aktive Milli-Görüs-Personen sind bei uns nicht vorhanden“, teilte die Bundesvereinigung der Freien Wähler FR.de auf Anfrage mit: „Herr A. ist schon länger nicht mehr Mitglied der Limburger Milli-Görüs-Moschee.“

(Frühere) Freie Wähler aus Kelsterbach pflegten offenbar ebenfalls Kontakte zu Milli Görüs

Und es gibt offenbar weitere Fälle von Verbindungen der Freien Wähler Hessens zu Mili Görüs. Im Juli 2020 übergab der Kelsterbacher FW-Vorstand zum Opferfest Masken an die IGMG-Gemeinde. Auch der Kreistagsabgeordnete Veysel P. hat enge Kontakte zu dem umstrittenen Moscheeverein. Er hat aber offenbar die Brücken zu den Freien Wählern abgebrochen. „Ich habe bei den Freien Wählern seit etwa zwei Jahren keine Ämter; meine Mitgliedschaft dort ist bereits gekündigt“, teilte P. FR.de mit. Fragen zu seinen Verbindungen zu Milli Görüs und UID ließ er allerdings offen.

Ein anderes Bild zeichnet sich dagegen in Köln und Umgebung. „Wir von der Partei Freie Wähler im Bezirk Mittelrhein distanzieren uns mit Nachdruck von verfassungsfeindlichen und islamistischen Gruppierungen“, teilte Torsten Ilg, FW-Vorsitzender in der Bezirksvereinigung Mittelrhein mit. „Deswegen lehnt die Partei Freie Wähler in Köln auch den Kontakt zu Vereinen wie der UID, Millî Görüş, sowie der DITIB kategorisch ab“, betonte Ilg.

Sie waren Hessens Ministerpräsidenten

1945 - 1946: Karl Geiler und Bayerns damaliger Ministerpräsident Wilhelm Högner (SPD) unterzeichnen ein Gesetz zur Befreiung vom Nationalsozialismus.
1945 - 1946: Karl Geiler und Bayerns damaliger Ministerpräsident Wilhelm Högner (SPD) unterzeichnen ein Gesetz zur Befreiung vom Nationalsozialismus. © dpa
20. Dezember 1946 - 1950: Der hessische Ministerpräsident Christian Stock (SPD) überbringt dem Direktor der amerikanischen Militärregierung von Groß-Hessen, Oberst James R. Newman, seine Neujahrswünsche. Stock half in seiner vierjährigen Amtsperiode dabei, den demokratischen Staat aufzubauen.
20. Dezember 1946 - 1950: Der hessische Ministerpräsident Christian Stock (SPD) überbringt dem Direktor der amerikanischen Militärregierung von Groß-Hessen, Oberst James R. Newman, seine Neujahrswünsche. Stock half in seiner vierjährigen Amtsperiode dabei, den demokratischen Staat aufzubauen. © dpa
1950 - 1969: Georg-August Zinn (SPD) war 19 Jahre lang als hessischer Ministerpräsident im Amt.
1950 - 1969: Georg-August Zinn (SPD) war 19 Jahre lang als hessischer Ministerpräsident im Amt. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehörten der Wiederaufbau und die Integration der Kriegsvertriebenen. © dpa
1969 - 1976: Albert Osswald (SPD) übernahm das Ministerpräsidentenamt nach dem Rücktritt von Georg-August Zinn.
1969 - 1976: Albert Osswald (SPD) übernahm das Ministerpräsidentenamt nach dem Rücktritt von Georg-August Zinn. Hier befindet sich Osswald im Gespräch mit dem nordirischen Politiker John Hume und dem hessischen Landtagspräsidenten Klaus Peter Möller. © dpa
1976 - 1987: Während der Amtszeit von Holger Börner (SPD) bildete sich die erste rotgrüne Koalition.
1976 - 1987: Während der Amtszeit von Holger Börner (SPD) bildete sich die erste rotgrüne Koalition. Nachdem das Bündnis zerbrochen war, entschied sich Börner gegen eine erneute Kandidatur. © dpa
1987 - 1991: Walter Wallmann (CDU) war früher Frankfurter Oberbürgermeister.
1987 - 1991: Walter Wallmann (CDU) war früher Frankfurter Oberbürgermeister. In seine Amtszeit musste sich der erste christdemokratische Ministerpräsident Hessens mit einigen Krisen auseinandersetzen, wie einem schweren Störfall im Atomkraftwerk Biblis. © IMAGO
1991 - 1999: Die rotgrüne Regierung von Hans Eichel (SPD) profitierte von dem Stimmengewinn der Grünen und wurde 1995 im Amt bestätigt.
1991 - 1999: Die rotgrüne Regierung von Hans Eichel (SPD) profitierte von dem Stimmengewinn der Grünen und wurde 1995 im Amt bestätigt. © IMAGO
1999 - 2010: Roland Koch (CDU) stand elf Jahre lang an der Spitze der hessischen Regierung, bis er seinen überraschenden Rücktritt ankündigte.
1999 - 2010: Roland Koch (CDU) stand elf Jahre lang an der Spitze der hessischen Regierung, bis er seinen überraschenden Rücktritt ankündigte. © IMAGO
2010 - 2022: Volker Bouffier (CDU) zusammen mit seiner Frau Ursula beim 52. Ball des Sports. Mit fast zwölf Jahren Amtszeit war er der am zweitlängsten amtierende Ministerpräsident Hessens.
2010 - 2022: Volker Bouffier (CDU) zusammen mit seiner Frau Ursula beim 52. Ball des Sports. Mit fast zwölf Jahren Amtszeit war er der am zweitlängsten amtierende Ministerpräsident Hessens. © IMAGO
Seit 2022: Boris Rhein (CDU) ist hessischer Ministerpräsident und Vorsitzender der CDU Hessen.
Seit 2022: Boris Rhein (CDU) ist hessischer Ministerpräsident und Vorsitzender der CDU Hessen. Davor war er seit dem 18. Januar 2019 Präsident des Hessischen Landtages. © IMAGO

Auch SPD zeigt Verbindungen zu Milli Görüs und UID

Doch es sind nicht nur Teile der Freien Wähler, die Kontakte zu den vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppierungen unterhalten. Auch kommunale Mandatsträger anderer Parteien stehen offenbar im Austausch mit UID und IGMG. Yüce machte darauf aufmerksam, dass etwa der SPD-Bürgermeister von Limburg, Marius Hahn, den Vorsitzenden der IGMG-Moschee in seinem Amtsbüro empfangen habe. Auch der erste Kreisbeigeordnete des Landkreises Limburg-Weilburg, Jörg Sauer (SPD), irritierte 2018 als Redner einer UID-Veranstaltung. Die Frage, ob er denn zu dem Zeitpunkt davon wusste, dass die UID vom Verfassungsschutz beobachtet wird, beantwortete der Politiker nur mit einem kurzen „Nein“.

Rubriklistenbild: © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

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