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Neue Studie aus Dänemark
Flucht vor Putins Krieg: Immer weniger wollen in die Ukraine zurück – „Desaster“ droht
Russlands Krieg dauert drei Jahre an – und die Zahl der rückkehrwilligen Geflüchteten sinkt. Mit Kriegsende könnte sich die Lage verschärfen.
Kopenhagen/München – Hinter dem oft so abstrakt verhandelten Phänomen Migration stecken Menschen – und deren Verhalten ist nicht immer leicht vorhersagbar. Eine häufiger zu beobachtende Fehlannahme: Menschen kommen, bleiben mehrere Jahre... und gehen dann wieder. So erwartete man es etwa in Deutschland, als man einst „Gastarbeiterinnen“ und „Gastarbeiter“ anwarb.
Die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine ist in einigen Ländern klar befristet. Dänemark etwa hat im Herbst die Aufenthaltserlaubnisse angesichts des unvermindert tobenden Ukraine-Kriegs bis April 2026 verlängert. Eine aktuelle Umfrage zeigt nun aber: Ein Großteil der Ukrainerinnen und Ukrainer in Dänemark will bleiben, auch wenn die Lage in der Heimat wieder sicher ist. Vielen von ihnen haben den Daten zufolge auch Angst vor Abschiebung.
Laut Experte Eduard Klein von der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen zeigen andere Umfragen ein ähnliches Bild. Er warnt auf Anfrage des Münchner Merkur vor einem „Desaster“ für die Ukraine. Auf den ersten Blick paradox: Mit Kriegsende könnte sich dieses Problem sogar noch verschärfen.
Studie aus Dänemark: Viele Ukrainer wollen bleiben – „Wahrscheinlich auf andere Länder übertragbar“
Die Universität Kopenhagen hat nun in Zusammenarbeit mit der Rockwool Foundation einen Fragebogen an alle bis Juli 2024 in Dänemark angekommenen ukrainischen Geflüchteten über 18 Jahren geschickt und 8.318 Antworten erhalten. Es handle sich um eine „Momentaufnahme“, schreiben die Studienmacher.
Ukraine-Krieg: Geflüchtete im Ausland
In Dänemark lebt eine vergleichsweise kleine Zahl an Geflüchteten aus der Ukraine. Nach Angaben Kiews kamen bis zum 31. Dezember 40.000 Ukrainerinnen und Ukrainer über das offizielle Aufnahmeangebot ins Land. Laut dem Centre for Economic Strategy hatten Ende November 2024 rund 4,2 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer einen befristeten Schutz in EU-Ländern. Der größte Teil davon in Deutschland (1,2 Millionen), Polen (988.000) und Tschechien (385.000). Gemessen an der eigenen Bevölkerungszahl haben auch Moldau (47,3 Geflüchtete aus der Ukraine pro 1.000 Einwohner) und Montenegro (34/1.000 Einwohner) sehr viele Geflüchtete aufgenommen.
Das Ergebnis: 69 Prozent der Antwortenden erklärte, sie wollten in Dänemark bleiben, „auch wenn der Krieg keine Bedrohung mehr darstellt“. 42 Prozent sahen die „Angst, zurückgeschickt zu werden“ als „schwerwiegendes“ oder „ziemlich großes“ Problem. In einer Befragung im Frühjahr 2023 wollten noch „nur“ 50 Prozent in Dänemark bleiben. „Wir halten diese Ergebnisse für wahrscheinlich übertragbar auf andere Länder Europas“, sagte Forscherin Mette Foged.
Neue Migrationsbewegung aus der Ukraine bei Kriegs-Ende? „Hunderttausende Ehemänner“
Der Ukraine-Experte Klein bestätigt diese Einschätzung. Er verweist auf weitere Umfragen unter ins Ausland geflüchteten Menschen aus der Ukraine. Die Zahlen unterschieden sich zwar leicht – aber sie belegten dieselbe Entwicklung: Je länger der Krieg dauere, die Geflüchteten sich im Ausland ein neues Leben aufbauten, umso geringer werde die Absicht, zurückzukehren. In einer Umfrage-Reihe des Center for Economic Strategy hätten im November 2022 noch 50 Prozent der Befragten angegeben, definitiv zurückzukehren. Zuletzt nur noch 20 Prozent – „Tendenz weiter sinkend“.
Die Studie der Uni Kopenhagen zeigt indes, dass gerade Menschen ohne Familienangehörige in der Ukraine nicht zurückkehren wollen. Unter ihnen seien es 73 Prozent. Doch das Problem könnte noch größer sein. Fast die Hälfte aller Geflüchteten aus der Ukraine seien Kinder (29 Prozent) und Frauen (21 Prozent), sagt Klein unserer Redaktion. „Bei einem Kriegsende ist zu befürchten, dass Hunderttausende Ehemänner nachkommen, die in ähnlichem Alter sind“, sagt er. Damit verlöre die Ukraine einen bedeutenden Anteil der produktiven Bevölkerung – und der Kinder. Aktuell dürfen wehrfähige Männer die Ukraine nicht verlassen.
Flucht vor dem Ukraine-Krieg: Viele wollen im neuen Land bleiben – „Desaströse Entwicklung“ droht
„Es wäre somit nicht nur ein demografisches Desaster, auf das die Ukraine zusteuert, sondern auch ein wirtschaftliches – wer soll die zerstörte Infrastruktur, die Städte wiederaufbauen und die Wirtschaft wieder ankurbeln?“, erklärt Klein. Laut der Studie aus Dänemark sind es vor allem die Älteren, die noch in die Ukraine zurückkehren wollen. Unter ihnen seien das weiterhin mehr als 50 Prozent.
Bilder des Ukraine-Kriegs: Großes Grauen und kleine Momente des Glücks
Klein mahnt: Damit stehe die ukrainische Politik vor einer gewaltigen Herausforderung, ebenso wie die europäische. Russlands Angriffskrieg müsse enden, zu Bedingungen im Sinne der Ukraine – und es brauche attraktive Rückkehrbedingungen: Wohnraum, Jobs, westliche Standards in Sachen Korruptionsbekämpfung, gute Dienstleistungen. Sonst sei denkbar, dass bis 2035 nur noch 31 Millionen Menschen im Land leben. Noch um das Jahr 2000 seien es circa 50 Millionen gewesen. „Eine desaströse Entwicklung mit dramatischen Konsequenzen für die Zukunft des Landes“, warnt Klein.