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Atomenergie, Migration, Hitler
Faktencheck zum Musk-Weidel-Talk: Hitler war kein Kommunist
Während des Live-Gesprächs zwischen Alice Weidel und Elon Musk war die Wahrheit nicht immer zentral. Unser Faktencheck liefert einen Überblick.
Frankfurt – Dass Elon Musk bei seinem X-Gespräch mit AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel keinen großen Wert auf Fakten legt, zeigte bereits der Titel, unter dem der Talk auf dem Kurznachrichtendienst angekündigt wurde: „Konversation mit der führenden Kandidatin, um Deutschland zu regieren“, benannte Musk den X-Space, in dem er sich knapp eine Stunde lang mit der Vorsitzenden der in Teilen als rechtsextremistisch eingestuften Partei unterhielt. Es sollte nicht die letzte Falschaussage am Donnerstagabend bleiben. Einen Überblick über falsche und irreführende Aussagen im Gespräch von Musk und Weidel geben wir im Faktencheck.
Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende, Parteivorsitzende und Kanzlerkandidatin der AfD, sitzt vor dem Live-Talk mit dem US-Milliardär Elon Musk auf der Plattform X an Mikrofonen und einem Laptop in ihrem Büro des Jakob-Kaiser-Hauses.
Zunächst zu der Behauptung aus dem Titel. Auch wenn Weidel die Kanzlerkandidatin ihrer Partei ist, hat sie nach aktuellem Stand nicht die Chance darauf, nach der Bundestagswahl das Land zu regieren. In einer jüngsten Umfrage des ZDF-Politbarometers kommt die AfD auf 21 Prozent und liegt damit weiterhin deutlich hinter der Union mit 30 Prozent. Andere Umfragen zeigen ähnliche Werte. Bei der Frage nach dem nächsten Kanzler, liegt Weidel in der Umfrage zwar vor Kanzler Olaf Scholz, aber deutlich hinter Friedrich Merz und Robert Habeck. Bei der ARD halten ebenfalls deutlich mehr Befragte CDU-Chef Merz für einen guten Kanzler als Weidel. Musks Aussage, Weidel sei die „führende Kandidatin“ für eine neue Bundesregierung, ist also falsch.
Faktencheck zu Musks Gespräch mit Weidel: AfD-Chefin verbreitet Unwahrheiten zum Atomausstieg
Mit Blick auf die Politik in Deutschland bespielte Weidel die komplette Klaviatur des AfD-Wahlprogramms. So behauptete die AfD-Chefin bei der Energiepolitik unter anderem: „Deutschland ist das einzige Industrieland, das einzige Industrieland, das der Atomkraft den Stecker gezogen hat.“ Doch das stimmt nicht. Italien hatte bereits 1990 in Folge der Nuklearkatastrophe in Tschernobyl alle Atomkraftwerke abgeschaltet. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat jedoch die Schaffung von gesetzlichen Rahmenbedingungen für einen Wiedereinstieg in die Kernenergie angekündigt.
Belgien und Spanien haben ebenfalls angekündigt, bis 2035 aus der Atomenergie aussteigen zu wollen. Belgien hat den ursprünglichen Ausstiegsplan bis 2025 jedoch bereits verworfen. Insgesamt werden im Januar 2025 nur in 12 der 27 EU-Mitgliedsstaaten Atomkraftwerke betrieben. Vereinzelte Länder – unter anderem Polen – planen den Einstieg in die Atomenergie.
Weidel-Aussage in Musk-Talk falsch: Deutschland hat nicht die höchsten Steuern aller OECD-Länder
Auch beim Thema Steuern betonte Weidel im Gespräch mit Musk Deutschland als Negativbeispiel. Die Bundesrepublik habe die höchsten Steuern aller OECD-Länder, behauptete die AfD-Chefin. In Wahrheit liegt Deutschland bei der durchschnittlichen Steuerbelastung für Single-Haushalte jedoch seit Jahren auf Platz zwei hinter Belgien – davon berichtete das Handelsblatt. Weidel verschweigt in ihrer Ausführung weiter, dass die Belastung für eine Familie mit zwei Kindern in Deutschland zwar über dem OECD-Durchschnitt liegt, aber dennoch hinter Frankreich, Belgien, Schweden, Italien und Portugal. Auf Platz eins liegt die Bundesrepublik bei keinem Haushaltstypen.
Migration und Kriminalität: Weidel verbreitet irreführende Aussagen zur Kriminalitätsrate
Großer Aufmerksamkeit in dem Talk zwischen Musk und Weidel galt wenig überraschend auch dem Thema Migration. Dabei sagte die AfD-Vorsitzende, dass die damalige Kanzlerin Angela Merkel 2015 die Grenze für illegale Migration geöffnet habe. Diese Aussage ist falsch, da es bereits vor 2015 keine stationären Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraums gegeben hatte. Es gab somit keine geschlossenen Grenzen, die von Merkel geöffnet werden konnten.
Weiter behauptet Weidel mit Blick auf das Thema gleich zweimal, die Kriminalitätsraten in Deutschland würden explodieren. Laut polizeilicher Kriminalstatistik gab es im Jahr 2023 zwar einen Anstieg in der Kriminalitätsrate von gute fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf knapp sechs Millionen Fälle. Trotz Anstieg lagen die Zahlen der PKS für die Jahre 2015 und 2016 deutlich höher. Auch in den Jahren zwischen 2000 und 2009 lagen die Zahlen durchgehend höher als in 2023. Trotz Anstieg ist es zumindest ungenau von explodierenden Zahlen zu sprechen. Experten betonen weiter, dass bei der Interpretation der Zahlen auch Faktoren wie eine höhere Anzeigebereitschaft in der Bevölkerung relevant sein können.
Kuriose Musk-Behauptung im Gespräch mit Weidel: War Diebstahl in Kalifornien bis 2024 legal?
Doch auch Musk fiel beim Thema Kriminalität mit einer unwahren oder zumindest stark verkürzten Aussage auf. Der Tech-Milliardär behauptete, dass Diebstahl bis zu einem Wert von 1000 US-Dollar im US-Bundesstaat Kalifornien legal gewesen sei und erst im vergangenen Jahr durch einen Volksentscheid wieder strafbar gemacht wurde. In Wahrheit war Diebstahl bei einem Wert unter 950 Dollar durch einen Volksentscheid im Jahr 2014 lediglich als „Vergehen“ eingestuft worden. Dadurch konnten Täter milder bestraft und die kalifornischen Gefängnisse entlastet werden. Diese Entscheidung wurde im vergangenen Monat ebenfalls durch einen Volksentscheid teilweise rückgängig gemacht. Legal war Diebstahl in Kalifornien jedoch nie.
Elon Musk: Erst US-Schattenpräsident – und jetzt Trump-Gegenspieler?
Hitler war kein Kommunist: Weidel verbreitet bei Talk mit Musk Verschwörungsmythos
Die Aussagen von Weidel, die nach dem X-Gespräch mit Musk für den meisten Wirbel sorgten, waren sicherlich die zu der NS-Zeit und Adolf Hitler. Hitler „war ein kommunistischer, sozialistischer Typ. Punkt. Kein weiterer Kommentar dazu“, sagte Weidel und bekräftigte auch nach dem Gespräch ihre Aussage, Hitler sei ein Linker gewesen. Auch wenn der Name von Hitlers Nationalsozialistischer Deutscher Arbeiterpartei (NSDAP) etwas anderes vermuten lassen könnte, waren die Nazis keine Linken.
Wie der Historiker Werner Suppanz von der Universität Graz im Jahr 2022 im Interview mit dem Standard ausführte, hatte Hitler selbst im Jahr 1928 erklärt, dass seine Partei nicht sozialistisch ist. Darüber hinaus wurde die kommunistische KPD von den Nazis verboten und Kommunisten unter Hitler verfolgt und etwa 20.000 von ihnen ermordet. „Die Grundlage der nationalsozialistischen Weltanschauung ist die Ungleichwertigkeit der Menschen, die schließlich zum Rassenwahn des NS-Regimes geführt hat. Das ist das genaue Gegenteil des linken Gleichheitsideals“, bekräftige der Extremimmunexperte Jürgen P. Lang bereits 2018 im Bayerischen Rundfunk. Die Darstellung des Nazi-Regimes als politisch links ist ein seit Jahren verbreiteter Verschwörungsmythos. (fd)