EU-Wahl
Europawahl-Desaster: Platzen Baerbocks und Habecks Träume einer Kanzlerkandidatur?
Anton Hofreiter stellt nach dem EU-Wahl-Absturz der Grünen die Kanzlerkandidatur seiner Partei infrage. Wie geht es weiter bei den Grünen?
Berlin – Noch am Wahlsonntag zog der grüne Europa-Ausschussvorsitzende im Bundestag, Anton Hofreiter, erste Konsequenzen aus dem Wahlergebnis. Die Partei müsse „eine realistische Chance auf einen Wahlsieg“ haben, wenn sie eine Kanzlerkandidatin oder einen Kanzlerkandidaten aufstellen wolle, sagte Hofreiter den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Bei der EU-Wahl rutschten die Grünen von 20,5 Prozent der Stimmen bei der Abstimmung 2019 auf knapp zwölf Prozent ab. Gegenüber der letzten Bundestagswahl 2021 verloren sie etwa drei Prozent. Wie geht es nun weiter mit den Grünen?
„Hauptverlierer“ der EU-Wahl: Grüne mit herben Verlusten bei jungen Wählern
Der Münchner Politologe Werner Weidenfeld attestierte den Grünen im Gespräch im IPPEN.MEDIA bereits „Hauptverlierer“ der Wahl gewesen zu sein. Besondere Sorge dürfte in der Partei darüber herrschen, dass sie offenbar nicht mal mehr unter jungen Wählern besonders gut abschnitt. Aus einer Nachwahlbefragung von Infratest dimap für die ARD geht hervor, dass lediglich elf Prozent der 16- bis 24-Jährigen grün wählten. Bei den 25- bis 34-Jährigen lag die Partei mit 15 Prozent knapp über ihrem Durchschnittsergebnis. 2019 lag die Partei in beiden Altersgruppen noch bei 34 respektive 25 Prozent. Parteichef Omid Nouripour zeigte sich gegenüber der Nachrichtenagentur AFP besorgt über diesen Aspekt des Ergebnisses.
Auch der zu Jahresbeginn aus dem Bundestag ausgeschiedene Jürgen Trittin, sah im Gespräch mit ARD-Journalistin Caren Miosga „schwierige Debatten“ auf seine Partei zukommen, die sich um die Fragen von Klimaschutz und Demokratie drehen würden. Prominente Gesichter der Grünen waren sich einig, es gehe nun darum, Vertrauen zurückzugewinnen, auch in dem man mehr auf sozialen Ausgleich des Klimaschutzes achte.
Kanzlerkandidatur? Baerbock und Habeck wären trotz „schwerer Fehler“ nicht die unbeliebtesten Kandidaten
Vor der Bundestagswahl 2021 gab die grüne Parteispitze der heutigen Außenministerin Annalena Baerbock den Vorzug vor dem heutigen Wirtschaftsminister Robert Habeck. Wer und ob es einer der beiden bei der 2025 anstehenden Bundestagswahl machen könnte, wollte Hofreiter im Funke-Gespräch nicht beantworten. Selbiges gilt für den Alt-Grünen Trittin. Im Beliebtheits-Ranking des ZDF-Politbarometers liegen Habeck und Baerbock gleichauf hinter Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf den Plätzen eins und zwei.
Besonders gut sind die Beliebtheitswerte trotzdem nicht. Hofreiter nannte das Heizungsgesetz aus Habecks Wirtschaftsministerium als einen Grund dafür. Dabei hätten die Grünen, so Hofreiter „schwere Fehler“ Fehler gemacht. Gleichzeitig sei für ihn klar: „Grüne müssen beim Klimaschutz liefern“. Und genau hier liegt die Problematik der Grünen in der Ampel: Ambitionierte Projekte scheitern an entsprechenden Mehrheiten und die FDP erzwang zuletzt etwa beim Klimaschutzgesetz Rückschritte bei den Klima-Zielen.
Grüne verloren Wähler an Kleinparteien, aber auch besonders an CDU und CSU
Das dürfte gerade denen, die die Grünen 2019 in der Hochphase der „Fridays for Future“-Bewegung gewählt haben, sauer aufgestoßen sein. Trittin ortete gegenüber Miosga darin einen Grund für die Verluste der Grünen an Kleinparteien, die einen dezidierten Schwerpunkt auf Umweltpolitik legten. Am Sonntag wählte mehr als ein Viertel der unter 34-Jährigen eine Kleinpartei. Da diese jedoch bei der Bundestagswahl wegen der Fünf-Prozent-Hürde kaum Chancen auf ein Mandat hätten, besteht hier gewisses Stabilisierungspotential für die Grünen. Die meisten Wähler verlor die Partei allerdings an die Union, wie Infratest dimap errechnete.
Anton Hofreiter gab derweil eine Zielmarke aus, die nicht wirklich danach klingt, als glaube er an eine Kanzlerkandidatur: Es brauche ein „besseres Ergebnis als bei der letzten Bundestagswahl“, also mehr als 15 Prozent der Stimmen. Das wäre, trotz aller Zersplitterung im Parteiensystem, weit von der „realistischen Chance auf einen Wahlsieg“ entfernt, die Hofreiter zur Bedingung für die Kanzlerkandidatur machte. (kb)
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