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US-Sprengköpfe auch in Deutschland

Europa vor Aufrüstung: Welche Länder verfügen über Atomwaffen?

Die rund 12.000 Atomwaffen auf der Erde sind auf neun Länder verteilt. Die USA und Russland überstrahlen alle anderen Atom-Mächte.

München – Die Atombombe gilt als ultimative Waffe. Weil ihr Einsatz verheerendste Folgen hätte. Den Beweis traten die USA im Zweiten Weltkrieg an, als sie mit Abwürfen über Hiroshima und Nagasaki Japan zur Kapitulation zwangen. Hunderttausende Menschen bezahlten die beiden Angriffe aus der Luft mit dem Leben.

Auch mit diesem Wissen wird im Ukraine-Krieg regelmäßig vor einer Eskalation hin zu einem Atomkrieg gewarnt. Russland kokettiert wohl nicht zufällig mit dem Einsatz seiner Nuklearwaffen, sobald die Unterstützer der Ukraine Hilfspakete schnüren oder neue Sanktionen gegen den Aggressor auf den Weg bringen. Neben den USA gilt das Reich von Kreml-Chef Wladimir Putin als das Land, das mit Abstand über die meisten Atomsprengköpfe verfügt.

Atomwaffen auf der Welt: USA und Russland vereinigen 90 Prozent des Arsenals

Die Zahlen sind allesamt nur geschätzt, aber das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) listet mit Stand Januar 2024 weltweit 12.121 Nuklearwaffen auf, von denen 9585 potenziell einsatzfähig sind. Rund 90 Prozent davon entfallen auf Washington und Moskau, den beiden Hauptakteuren des Kalten Kriegs, die sich seit der erneuten Amtsübernahme von US-Präsident Donald Trump anzunähern scheinen.

Feuer frei: Aufnahmen dieses Raketentests gab das russische Verteidigungsministerium kurz vor dem Überfall auf die Ukraine heraus.

Inwiefern dies gute Nachrichten für den Rest der Welt sind, muss sich erst noch zeigen. In Europa jedenfalls wird befürchtet, dass der im Rahmen der Nato bestehende Nuklearschutz durch die USA bald Vergangenheit sein könnte. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat daher schon angeregt, seine Atomwaffen könnten künftig auch anderen Ländern wie Deutschland zugutekommen. Neben der Grande Nation hat aus Europa nur noch Großbritannien ein eigenes Atomwaffenarsenal.

Laut dem SIPRI verfügt Paris über 290 nukleare Gefechtsköpfe, London über 225. Zum Vergleich: Russland soll 5580 haben, von denen 1200 nicht mehr einsatzbereit sind, die USA kommen demnach auf 5044, von denen 1336 ausgemustert sind. Außerdem gibt es fünf weitere Nationen mit einem Nuklearwaffenarsenal. China soll 500 Sprengköpfe sein Eigen nennen, Indien 172, Pakistan 170, Israel 90 und Nordkorea etwa 50. Wobei die Zahl gerade bei Pjöngjang sehr unsicher sei, Machthaber Kim Jong-Un könnte auch Material für 90 Atomwaffen beisammen haben.

Zahl der Nuklearsprengköpfe nach Land (Stand: Januar 2024)

Russland: 5580 (davon 1200 ausgemustert)

USA: 5044 (davon 1336 ausgemustert)

China: 500

Frankreich: 290

Großbritannien: 225

Indien: 172

Pakistan: 170

Israel: 90

Nordkorea: 50

Atomwaffen in Deutschland: Fliegerhorst Büchel verfügt über US-Sprengköpfe

Deutschland zählt zu den sechs Ländern, die Nuklearsprengköpfe von Partnernationen auf seinem Territorium lagern. Im Fall der Bundesrepublik handelt es sich um US-Atombomben, die sich auf dem Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz befinden sollen. Laut einem Team der Federation of American Scientists (FAS) verteilen sich etwa 100 der Nuklearwaffen der USA auf Militärbasen in Italien, Deutschland, der Türkei, Belgien und den Niederlanden.

In Italien sollen sich zwischen 30 und 45 Exemplare auf den Luftwaffenstützpunkten Aviano und Ghedi befinden. In Büchel sind es demnach ebenso wie im belgischen Kleine Brogel und im niederländischen Volkel zehn bis 15. Im türkischen Incirlik lagern folglich 20 bis 30 dieser Nuklearsprengköpfe. Als sicher gilt, dass Russland einige seiner Atomwaffen in Belarus stationiert hat, zu den Zahlen geben die Experten aber nicht einmal Schätzungen ab.

Gefahr durch Atomwaffen: Abwurf über New York könnte mehr als 580.000 Menschen töten

Die International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (ICAN) betont zwar, im Vergleich zu den Zeiten des Kalten Krieges, als die Atom-Mächte zusammen über rund 70.000 Sprengköpfe verfügt haben sollen, sei die Zahl nun deutlich geringer. Es sei jedoch davon auszugehen, dass sie im nächsten Jahrzehnt wieder steigt. Zudem seien die Streitkräfte heutzutage deutlich leistungsfähiger.

Die Detonation einer Atomwaffe über New York würde demnach rund 583.160 Menschenleben kosten. Selbst die in den genannten europäischen Ländern gelagerten nicht-strategischen US-Sprengköpfe würden über eine Sprengkraft von 300 Kilotonnen verfügen – das sei das 20-Fache der Hiroshima-Bombe. Aber selbst ohne solche Modellrechnungen im Hinterkopf verfangen Drohungen wie aus Moskau. Die Gefahr, die von Machthabern wie Putin ausgeht, lässt sich nicht leugnen. Denn niemand verfügt augenscheinlich über mehr Nuklearsprengköpfe als der Kreml-Chef.

Gefahr durch Russland: Raketen könnten Sprengköpfe über Tausende Kilometer transportieren

Zwar sind sich viele Beobachter und Experten darin einig, dass auch Putin eine solche Eskalation nicht wagen würde, da auch Russland umgehend zur Zielscheibe der anderen Atom-Mächte avancieren würde. Macron aber betonte in seiner Rede an die Nation: „Russland ist heute und für lange Zeit zu einer Bedrohung für Frankreich und Europa geworden.“

Abschreckung in Richtung Westen: Kreml-Chef Wladimir Putin demonstriert gerne, über welche Waffen Russland verfügt.

Zumal bekannt ist, dass Putin sein Land in eine Kriegswirtschaft verwandelt hat, um für weitere Konflikte gerüstet zu sein. Laut der Arms Control Association besitzt Russland zudem mehrere Raketenmodelle, die sich mit nuklearen Sprengköpfen bestücken lassen und mehr als 10.000 Kilometer zurücklegen können. Moskau und Berlin trennen gerade einmal rund 1600 Kilometer Luftlinie.

Auch wenn sich Deutschland nicht in den Reigen der Atom-Mächte einreihen wird und Frankreichs Angebot nicht so weit geht, dem Nachbarn Nuklearwaffen zu überlassen, ist die Debatte um eine weitere Aufrüstung nicht nur in Berlin entbrannt. Union und SPD haben den Weg für weitere Investitionen in die Verteidigung freigemacht, indem dafür die Schuldenbremse umschifft werden darf.

Russland reagiert auf Europas Aufrüstung: „Maßnahmen ergreifen, um Sicherheit zu gewährleisten“

Derweil feilen alle EU-Staaten an einer „Wiederbewaffnung Europas“. Noch vor dem nächsten Gipfel am 20. und 21. März sollen laut Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen detaillierte Vorschläge zur Finanzierung stehen.

Nordkorea – Kim Jong-uns abgeschottete Diktatur

Menschen an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea
Nordkorea ist das wohl geheimnisvollste Land der Erde: eine totalitäre Diktatur, in der der Einzelne nichts zählt, ohne Freiheiten und Menschenrechte, abgeschottet vom Rest der Welt. Schätzungsweise 26 Millionen Menschen leben in dem Land, das im Norden an China und Russland grenzt und im Süden an das freiheitliche, demokratische Südkorea. Nordkoreas Grenzen sind für die meisten Menschen unüberwindbar – kaum einer kommt rein, noch weniger Menschen kommen raus.  © Ed Jones/afp
Die Skyline von Pjöngjang
Hauptstadt sowie kulturelles und wirtschaftliches Zentrum des Landes ist Pjöngjang. Rund drei Millionen Menschen leben in der nordkoreanischen Metropole, die so anders ist als die anderen Mega-Städte Asiens. Pjöngjang ist grau, geprägt von Hochhäusern, gesichtslosen Wohnblöcken und gigantischen Monumenten, die der herrschenden Kim-Familie huldigen sollen. Wer in der Hauptstadt leben darf, ist privilegiert: Hier ist die Stromversorgung besser als auf dem Land, die Regale der Geschäfte sind voller, es gibt Freizeitparks, Kinos, Theater. © Olaf Schuelke/Imago
Kim Jong-un auf einem Pferd
Beherrscht wird Nordkorea seit 2011 von Kim Jong-un, einem Diktator, der skrupellos vor allem ein Ziel verfolgt: den eigenen Machterhalt und den seiner Sippe. Nordkorea ist das einzige kommunistische Land der Welt mit einer Erb-Monarchie, in der die politische Macht vom Vater auf den Sohn übergeht. Die sogenannte „Paektu-Blutlinie“ kontrolliert das Land seit dessen Gründung im Jahr 1948. Die Macht der Kims ist unanfechtbar, Aufstände gab es nie, dafür sorgt die lückenlose Überwachung und Kontrolle der gesamten Gesellschaft. © KCNA via KNS/afp
Sowjetische Soldaten in Pjöngjang
Korea war über Jahrhunderte ein geeintes Land. Die Geschichte der Teilung beginnt erst im 20. Jahrhundert: Von 1910 bis 1945 ist Korea eine japanische Kolonie, nach der Niederlage der Japaner besetzen sowjetische Truppen den Norden des Landes, der Süden wird von amerikanischen Truppen besetzt. Weil Verhandlungen über eine Vereinigung der beiden Landesteile scheitern, gründen sich 1948 auf der koreanischen Halbinsel zwei Staaten. © Jacob Gudkov/Imago
Szene des Koreakriegs
Zwei Jahre später dann die Tragödie: Der Korea-Krieg bricht aus. Kim Il-sung, Machthaber im Norden, schickt seine Truppen in den Südteil des Landes, um Korea mit Gewalt zu vereinen. Wenige Wochen später greifen die UN-Truppen unter Führung der USA den Norden an, stoßen bis an die chinesische Grenze vor. Das beunruhigt Peking – das nun auf der Seite von Nordkorea in den Krieg eingreift. 1953 wird ein Waffenstillstand verhandelt, das Land bleibt entlang des 38. Breitengrades geteilt. Ein Friedensvertrag wurde bis heute nicht unterzeichnet. © Imago
Familie Kim
Kim Il-sung, der Gründer und erste Präsident Nordkoreas, ist ein Machthaber von Stalins Gnaden. Geboren 1912, ist er als junger Mann im Widerstand gegen die japanische Besatzungsmacht aktiv. 1940 geht er ins Exil in die Sowjetunion, wo er schließlich zum späteren Machthaber Nordkoreas aufgebaut wird. Ab 1948 etabliert Kim einen auf ihn zugeschnittenen Personenkult. Mit brutalen Säuberungsaktionen entledigt er sich seiner Gegner. Politisch pendelt sein Land zwischen China und der Sowjetunion, vor allem, nachdem sich die beiden kommunistischen Führungsmächte ab Ende der 50er-Jahre zunehmend voneinander entfremden. © Imago
Kim Il-sung und Kim Jong-il
Schon in den 1970ern beginnt Kim Il-sung, seinen Sohn Jong-il zu seinem Nachfolger aufzubauen. Als er 1994 stirbt, übergibt er Kim Jong-il ein verarmtes Land. Mit dem Untergang der Sowjetunion wenige Jahre zuvor hat Nordkorea seinen wichtigsten und engsten Partner verloren, es stürzt in eine wirtschaftliche Krise, auf die eine fatale Hungersnot folgt. Hunderttausende Menschen verhungern. Unter Kim Jong-il, der 1941 oder 1942 geboren wurde, verschlechtern sich die Beziehungen zwischen Nordkorea und dem Rest der Welt, das Land schottet sich immer mehr ab. Vor allem die USA sowie Südkorea – das sich seit den 80ern zur Demokratie gewandelt hat – werden zu Feindbildern. © KCNA via KNS/afp
Fernsehbilder vom ersten nordkoreanischen Atomtest 2006
Unter Kim Jong-il beginnt die beispiellose Aufrüstung des bettelarmen Landes. Wichtigstes Ziel Kims ist es, Nordkorea zur Atommacht zu machen. 2006 gelingt ihm das, Nordkorea testet erstmals eine Atombombe. Die Welt ist geschockt, die Vereinten Nationen erlassen Strafmaßnahmen, denen insgesamt neun weitere Sanktionsrunden folgen. Heute ist Nordkorea eine Atommacht, die wohl Dutzende Sprengkörper besitzt. © Jung Yeon-Je/afp
Kim Jong-un beobachtet einen Raketentest
Zudem testet das Land regelmäßig ballistische Raketen, auf denen die nuklearen Sprengköpfe montiert werden können. So kann das Regime mit seinen Atomwaffen sogar die USA erreichen – zumindest in der Theorie, denn noch ist unklar, wie leistungsfähig die Raketen tatsächlich sind. © KCNA via KNS/afp
Donald Trump und Kim Jong-un an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea
Kim Jong-il stirbt 2011. Ihm folgt einer seiner Söhne nach: Kim Jong-un. Der treibt das Raketen- und Nuklearprogramm seines Vaters weiter voran. Als Hauptfeinde hat er Südkorea und die USA ausgemacht, die sein Regime regelmäßig mit drastischen Beleidigungen überzieht. Unter US-Präsident Donald Trump sieht es für einen kurzen Moment so aus, als könnten sich die Spannungen zwischen Nordkorea und dem Westen abkühlen – dreimal treffen sich Kim und Trump, auch Südkoreas damaliger Präsident kommt mit Kim zu einem Gipfeltreffen zusammen. © Brendan Smialowski/afp
Passanten in Pjöngjang währen der Corona-Pandemie
Doch die diplomatischen Initiativen scheitern 2019. Ein Jahr später sucht die Corona-Pandemie die Welt heim. Auch Nordkorea schließt seine Grenzen – und schottet sich gegen das Virus so hermetisch ab wie kein anderer Staat weltweit. Trotzdem meldet das Regime im Mai 2022 erste Corona-Fälle. Auch nach dem Ende der Pandemie bleibt Nordkorea ein international isoliertes Land. © Imago
Putin und Kim in Russland
Enge Beziehungen unterhält das Regime in Pjöngjang heute vor allem zu seinen beiden nördlichen Nachbarn China und Russland. Zu Wladimir Putin pflegt Kim ein besonders gutes Verhältnis, denn Russlands Präsident benötigt Nordkoreas Unterstützung für seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine – als Lieferant von Waffen und Munition. Im Herbst 2023 treffen Putin und Kim in Russlands Fernem Osten zusammen, es ist Kims erste Auslandsreise seit der Pandemie. © KCNA via KNS/afp
Kim Jong-un und seine Tochter Ju-ae
Kim Jong-un wurde 1982, 1983 oder 1984 geboren, hat also möglicherweise noch viele Jahre vor sich. Nordkoreas Diktator ist allerdings bei schlechter Gesundheit. Er gilt als Kettenraucher und Alkoholiker und ist sichtbar übergewichtig. Was, wenn er stirbt? Experten glauben, dass Kim seine Tochter Ju-ae zu seiner Nachfolgerin aufbauen will. Seit November 2022 zeigen Staatsmedien das Mädchen, das wohl 2012 oder 2013 zur Welt gekommen ist, regelmäßig an der Seite ihres mächtigen Vaters. © KCNA via KNS/afp
Kim Yo-jong
Aber auch Kims Schwester Kim Yo-jong gilt als mögliche Erbin auf den Thron. Die Macht, die die Kims seit bald 80 Jahren innehaben, dürften sie jedenfalls so schnell nicht aus der Hand geben. © Jorge Silva/afp

Diese Entwicklungen im Westen wiederum riefen Dmitri Peskow auf den Plan. Der Kreml-Sprecher wirft den Europäern vor, Russland als „Hauptfeind“ darzustellen und eine „konfrontative Rhetorik“ zu nutzen. Die Diskussionen der EU über eine Aufrüstung und eine Stärkung der Verteidigung würden sehr genau verfolgt werden.

„Dies könnte natürlich ein Thema sein, das uns große Sorgen bereitet, und es könnte erforderlich sein, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um unsere Sicherheit zu gewährleisten“, betonte Putins Sprachrohr. Dass dazu auch die Drohung mit den eigenen Atomwaffen gehört, ist wohl nicht auszuschließen. (mg)

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