Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

„Zutiefst schockiert“

Regierungssprecherin von Macrons Partei wenige Tage vor Frankreich-Wahl angegriffen

Die Sprecherin der französischen Regierung und ihr Team werden angegriffen. Zwei Personen werden verletzt. Die Angst vor Gewalt nimmt weiter zu.

Paris - In Nanterre kam es am Mittwochabend (03. Juli) zu einem Angriff auf die scheidende französische Regierungssprecherin Prisca Thevenot (Renaissance) und weitere Mitglieder ihres Wahlkampfteams. Zwei Personen erlitten körperliche Verletzungen. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. Offenbar wurden drei Minderjährige und eine volljährige Person festgenommen. Wenige Tage vor dem zweiten Wahlgang der französischen Parlamentswahlen wächst damit die Sorge vor weiteren Übergriffen.

Die scheidende französische Regierungssprecherin Prisca Thevenot (Renaissance).

Laut der Zeitung Le Parisien befand sich Thevenot am Mittwoch gegen 20 Uhr zusammen mit ihrer Stellvertreterin Virginie Lanlo und zwei Mitgliedern ihres Teams in ihrem Wahlkreis Meudon und war dabei, Wahlplakate für die zweite Runde der Wahl am Sonntag (07. Juli) anzubringen. Gegenüber dem Blatt schilderte die Regierungssprecherin, dass sie zunächst festgestellt habe, wie einige Jugendliche „dabei waren, Plakate zu beschädigen“.

Team von Macrons Regierungssprecherin angegriffen - „Alles ging sehr, sehr schnell“

Nachdem die Wahlkämpfenden sie ruhig aufgefordert hätten, dies zu unterlassen, habe ein Mann ein Plakat abgerissen und gerufen „Auf den Koran, ruf alle an“. Schließlich sei er in Begleitung von „etwa zwanzig Personen“ zurückgekehrt; dann sei es zu Handgreiflichkeiten gekommen. „Alles ging sehr, sehr schnell, da die nationale Polizei, die in der Gegend patrouillieren sollte, innerhalb von fünf Minuten eintraf“, habe die Regierungssprecherin geschildert.

Marine Le Pen hat Frankreich-Wahl 2027 im Blick – trotz Ausschluss

Frankreich: Rassemblement National von Marine Le Pen.
In Frankreich ist der Rassemblement National unter Marine Le Pen (im Bild) in den vergangenen Jahren zu einer führenden Kraft aufgestiegen. So feierte der RN bei der Europawahl 2024 einen klaren Erfolg.  © François Lo Presti/afp
Europawahl - Frankreich
Das starke Ergebnis der rechtsnationalen Partei veranlasste den amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron anschließend dazu, das Parlament aufzulösen.  © Ludovic Marin/dpa
Jean-Marie Le Pen
Die Geschichte des Rassemblement National begann Anfang der Siebziger. Am 5. Oktober 1972 gründeten Jean-Marie Le Pen (hier eine Aufnahme von 2022) und Pierre Bousquet die rechtsextreme Splittergruppe Front National.  © Joel Saget/afp
1. Mai in Paris
Der 1928 geborene Le Pen (hier ein Bild von 2017) tat sich früh als Demagoge hervor, der mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt wurde und den Holocaust als ein „Detail der Geschichte“ abtat. Bousquet (1919 bis 1991) war ein ehemaliger Kollaborateur, der als Rottenführer in der Waffen-SS gedient hatte. Fremdenfeindliche Parolen waren über viele Jahre Markenzeichen der Partei. © Thibault Camus/dpa
Jean-Marie Le Pen
In den 1980er Jahren wurde der FN bei zwei Parlamentswahlen hintereinander mit mindestens einem Abgeordneten in die Nationalversammlung gewählt. Der Durchbruch gelang im Jahr 2002, als Jean-Marie Le Pen als Zweitplatzierter aus der ersten Runde der Präsidentschaftswahl hervorging.  © Joel Saget/afp
Le Pen
Es kam zur Stichwahl, die der amtierende Präsident Jacques Chirac deutlich gewann. Fünf Jahre später verlor Le Pen viele Stimmen und schied im ersten Wahlgang aus.  © Joel Saget/AFP
Marine Le Pen
Einen großen Einschnitt gab es im Januar 2011. Der FN ging nach einem Führungswechsel andere Wege. Die neue Parteivorsitzende trug allerdings einen bekannten Namen: Marine Le Pen. Die studierte Juristin kam 1968 nahe Paris als jüngste Tochter Jean-Marie Le Pens zur Welt.  © Bernard Patrick/Imago
Marine Le Pen/dpa
Mit acht Jahren wurde sie von einer Bombenexplosion aus dem Schlaf gerissen – es handelte sich um einen Anschlag auf ihren Vater. Die Mutter dreier Kinder arbeitete als Anwältin und führte zunächst die Rechtsabteilung der Front National. Ihre zwei Ehen gingen auseinander. © Pascal Pavani
Jean-Marie Le Pen
Marine Le Pen bemüht sich seither, der einst radikal rechten Partei einen moderateren Anstrich zu verpassen. Das ging mit einer Entmachtung ihres Vaters einher.  © Kenzo Tribouillard/afp
Le Pen
Im April und Mai 2015 eskalierten die schon länger bestehenden Spannungen zwischen der Parteivorsitzenden und ihrem Vater. Am 20. August 2015 wurde Jean-Marie Le Pen wegen „schwerer Verfehlungen“ aus der Partei ausgeschlossen.  © Kenzo Tribouillard/AFP
Le Pen Bannon
Anderseits suchte Le Pen im Jahr 2018 die Nähe des früheren Trump-Beraters Steve Bannon. Damals firmierte die rechtsextreme Partei noch unter dem Namen Front National. Später verpasste Le Pen ihr aber einen neuen Namen: Seither ist die Partei als Rasseblement National bekannt. © Philippe Huguen/AFP
Marine Le Pen
Seither ist es Marine Le Pen gelungen, aus der Schmuddelecke zu kommen und sich als staatstragende Politikerin zu inszenieren. Ihre Strategie ist als „Dédiabolisation“ (Entteufelung) bekannt.  © Francois Nascimbeni/AFP
Marine Le Pen
Le Pen verbannte das alte rassistische Vokabular und gibt mittlerweile eher bedachte Worte von sich. Le Pens Kurs hat , in den vergangenen Jahren bis in die bürgerliche Mitte hinein wählbar gemacht.  © Thomas Samson/afp
Marine Le Pen
Die dreimalige Präsidentschaftskandidatin drängte zwar offenen Rassismus zurück, vertritt aber weiter radikale Positionen gegen Einwanderung. Ihre Vorstellungen für Frankreich bleiben auch heute noch deutlich rechts und nationalistisch.  © Ali Al-Daher/AFP
Olga Givernet
Zudem zeigen Studienergebnisse, dass im RN der Antisemitismus noch immer weit verbreitet ist. Die Renaissance-Parlamentarierin Olga Givernet (im Bild) reagierte entsprechend: „Der RN hat ein sauberes Schaufenster, aber die Küche dahinter ist immer noch schmutzig wie eh.“ © Niviere David/Imago
Marine Le Pen mit André Ventura und Tino Chrupalla
In ihrem Bemühen um Salonfähigkeit hat sich Marine Le Pen auch von der deutschen AfD abgegrenzt. Die gilt selbst für RN-Leute als zu extremistisch. Im November 2023 war das noch anders: Beim Treffen rechter Gruppen in Lissabon stand sie noch in einer Reihe neben dem portugiesischen Chega-Politiker André Ventura (Mitte) und AfD-Co-Chef Tino Chrupalla. © Paulo Spranger/Imago
Le Pen zu Besuch bei Putin
Zum Ukraine-Krieg vertreten RN und AfD hingegen nach wie vor sehr ähnliche Positionen. So lehnt Marine Le Pen jegliche Wirtschaftssanktionen gegen das Russland von Präsident Wladmir Putin ab. © Mikhail Klimentyev/dpa
Gabriel Attal
Waffenlieferungen für die Ukraine bedeuten für Le Pen das „Risiko eines dritten Weltkriegs“. Premierminister Gabriel Attal (im Bild) konterte in einer Ukraine-Debatte im Februar 2024: „Wenn Sie 2022 gewählt worden wären, würden wir heute Waffen nach Russland liefern, um die Ukrainer zu zermalmen.“  © Ludovic Marin/afp
Marine Le Pen und Wladimir Putin
Tatsächlich stand in Le Pens Präsidentschaftsprogramm von 2022 der folgende Satz: „Ohne Furcht vor amerikanischen Sanktionen wird eine Allianz mit Russland in gewissen Themen angestrebt.“ Trotzdem wollte sich der RN im Wahlkampf ein wenig von Putin absetzen. Die Partei ließ damals 1,2 Millionen Wahlkampfplakate vernichten, die ein Bild von Marine Le Pen beim Händeschütteln mit Putin zeigten. © Emmanuel Dunand/afp
Marine Le Pen
Zu Russland hat sie dennoch ein wesentlich besseres Verhältnis als zu Deutschland. Die deutsch-französische Partnerschaft will sie rasch beenden. Zwischen Berlin und Paris bestehe eine „tiefe und unheilbare Differenz der Doktrinen“, heißt es in Le Pens Programm. Das Nato-Kommando würde sie nach einem Wahlsieg 2027 verlassen. An dessen Stelle wünscht sich Le Pen für Europa ein russisch-französisches Kommando. © Lou Benoist/afp
Emmanuel Macron
Ohnehin richtet sich der Blick in Frankreich schon längst auf die Präsidentschaftswahl 2027. Nach zwei Amtszeiten kann Emmanuel Macron, der Le Pen zweimal in der Stichwahl besiegte, nicht mehr antreten.  © Sebastien Dupuy/AFP
Marine Le Pen
Wer eine Chance gegen Le Pen hätte, ist unklar. Doch im März 2025 kam dann die vorläufige Wende: Wegen der Veruntreuung von EU-Geld schloss ein Gericht Le Pen verurteilt. Der umstrittenste Teil der Strafe ist, dass sie fünf Jahre lang nicht bei Wahlen antreten darf.  © Guillaume Souvant/afp
Protestkundgebung des Rassemblement National
Diese Strafe war sofort in Kraft getreten – anders als eine teils auf Bewährung ausgesetzte Haftstrafe und obwohl Le Pen gegen das Urteil Berufung einlegte. Das Berufungsgericht hat eine Entscheidung im Sommer 2026 ins Auge gefasst.  © Julien De Rosa/dpa
Marine Le Pen
Le Pen wandte sich dann an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Doch das Straßburger Gericht wies ihren Antrag, den gegen sie verhängten vorläufigen Ausschluss von Wahlen auszusetzen, einstimmig ab, da Le Pen keinerlei nicht wiedergutzumachende Beeinträchtigung drohe, die durch die Menschenrechtskonvention geschützt sei. © Lionel Bonaventure/AFP
Le Pen sieht Bardella als möglichen Präsidentschaftskandidat
Inzwischen hat Le Pen ihren politischen Ziehsohn Jordan Bardella aufgefordert, sich auf eine Kandidatur vorzubereiten – für den Fall, dass sie selbst nicht antreten kann. Noch ist aber offen, wen der RN bei der Präsidentschaftswahl 2027 ins Rennen schicken wird. Die Frage, wer in den ehrwürdigen Élysée-Palast einziehen wird, bleibt damit völlig offen.  © Michel Euler/dpa

Thevenot sei nicht körperlich verletzt worden, so der Bericht weiter. Ihre Stellvertreterin Lanlo habe hingegen weniger Glück gehabt und eine Platzwunde am Arm erlitten. Einem nicht namentlich genannten Wahlkampfhelfer sei es noch schlechter ergangen. Er habe einen Kieferbruch davongetragen, der seiner Erzählung nach durch mehrere Faustschläge und Schläge mit einem Tretroller verursacht wurde. Beide seinen in das Percy-Krankenhaus in Clamart gebracht worden. Die Regierungssprecherin habe Anzeige erstattet.

Staatsanwaltschaft von Nanterre leitet Untersuchung ein - Frankreichs Politiker sind „zutiefst schockiert“

Im Lauf des Abends seien vier Personen festgenommen worden, so das Blatt weiter. Drei von ihnen seien noch minderjährig. Inzwischen hat Staatsanwaltschaft von Nanterre eine Untersuchung wegen Gewalttätigkeiten in einer Versammlung gegen einen gewählten Amtsträger eingeleitet. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP.

Zahlreiche Politiker drückten ihre Solidarität mit den Angegriffenen aus. „Gewalt und Einschüchterung haben keinen Platz in unserer Demokratie“, so Premierminister Gabriel Attal in einem Post auf X. Außenminister Stéphane Séjourné bekundete, ebenfalls auf der Kurznachrichtenplattform, dass er „zutiefst schockiert über den Angriff“ sei.

Die Unzufriedenheit mit Macron hat zugenommen - und mit ihr die Sorge vor Übergriffen

Der Übergriff ist nur einer von vielen ähnlichen Vorfällen während dieser Wahlkampfrunde. Mehrere andere Politiker und Politikerinnen wurden bereits zum Ziel von Angriffen. Gesundheitsminister Frédéric Valletoux hatte sich daher besorgt über die zunehmenden Spannungen im Wahlkampf, etwa „Beschimpfungen bei Ortsterminen, die schnell ausarten“, gezeigt. Wenige Stunden vor dem Zwischenfall hatte Thevenot noch selbst darauf hingewiesen, dass der Rassismus im Wahlkampf zunehme. Ein Kandidat der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National habe ihr gesagt, sie solle „auf ihre Insel zurückkehren“. Die Eltern der Regierungssprecherin stammen von der Insel Mauritius.

Seit der Entscheidung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, das Parlament nach dem desaströsen Ergebnis der Europawahl aufzulösen, sind seine Renaissance-Partei und er in der Gunst der Wähler noch weiter gefallen. „Die Ablehnung des Präsidenten der Republik war noch nie so groß“, so Alain Duhamel, ein Journalist und politischer Essayist, gegenüber Euronews. Am größten sei in der Wählerschaft das Unverständnis über seine Entscheidung, die Versammlung aufzulösen. Diese werde „als Verrat“ sowie als „eine Reaktion des verletzten Stolzes“ empfunden. Für einige verstärke dies das Bild eines autoritären und arroganten Führers, der unpopuläre Reformen durch das Parlament gepeitscht hat. (tpn)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Michael Baucher

Kommentare