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„Ich mochte ihn“

Donald Trumps riskanter Flirt mit Nordkorea-Diktator Kim Jong-un

Donald Trump nennt Nordkorea eine „Atommacht“ und schwärmt von Diktator Kim Jong-un. Beim US-Verbündeten Südkorea kommt das nicht gut an.

Donald Trump war erst wenige Stunden im Amt, als er eine dieser Äußerungen machte, von denen man nicht weiß, ob sie einfach nur so dahergeredet sind oder ob doch mehr dahintersteckt. „Er mochte mich. Ich mochte ihn. Wir kamen sehr gut miteinander aus“, erklärte Trump am Montag, während er im Oval Office mehrere Verordnungen unterzeichnete. Er – das ist Kim Jong-un, der nordkoreanische Diktator, mit dem sich Trump während seiner ersten Amtszeit dreimal getroffen hatte.

Dass Trump auch vor Liebesbekundungen in Richtung skrupelloser Diktatoren nicht zurückschreckt, ist bekannt. Neu aber war, was Trump an diesem Montagnachmittag noch über Nordkorea zu sagen hatte: Das Land, so Trump, sei eine „Atommacht“.

Betrachtet man die nackten Fakten, dann hat Trump natürlich recht. Nordkorea hat zwischen 2006 und 2017 sechs Atombomben getestet, Schätzungen zufolge verfügt das Land heute über mehrere Dutzend Nuklearsprengköpfe. Und doch: Den Status einer Atommacht hat bislang noch kein US-Präsident dem abgeschotteten Land zugestanden.

Nordkorea – Kim Jong-uns abgeschottete Diktatur

Menschen an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea
Nordkorea ist das wohl geheimnisvollste Land der Erde: eine totalitäre Diktatur, in der der Einzelne nichts zählt, ohne Freiheiten und Menschenrechte, abgeschottet vom Rest der Welt. Schätzungsweise 26 Millionen Menschen leben in dem Land, das im Norden an China und Russland grenzt und im Süden an das freiheitliche, demokratische Südkorea. Nordkoreas Grenzen sind für die meisten Menschen unüberwindbar – kaum einer kommt rein, noch weniger Menschen kommen raus.  © Ed Jones/afp
Die Skyline von Pjöngjang
Hauptstadt sowie kulturelles und wirtschaftliches Zentrum des Landes ist Pjöngjang. Rund drei Millionen Menschen leben in der nordkoreanischen Metropole, die so anders ist als die anderen Mega-Städte Asiens. Pjöngjang ist grau, geprägt von Hochhäusern, gesichtslosen Wohnblöcken und gigantischen Monumenten, die der herrschenden Kim-Familie huldigen sollen. Wer in der Hauptstadt leben darf, ist privilegiert: Hier ist die Stromversorgung besser als auf dem Land, die Regale der Geschäfte sind voller, es gibt Freizeitparks, Kinos, Theater. © Olaf Schuelke/Imago
Kim Jong-un auf einem Pferd
Beherrscht wird Nordkorea seit 2011 von Kim Jong-un, einem Diktator, der skrupellos vor allem ein Ziel verfolgt: den eigenen Machterhalt und den seiner Sippe. Nordkorea ist das einzige kommunistische Land der Welt mit einer Erb-Monarchie, in der die politische Macht vom Vater auf den Sohn übergeht. Die sogenannte „Paektu-Blutlinie“ kontrolliert das Land seit dessen Gründung im Jahr 1948. Die Macht der Kims ist unanfechtbar, Aufstände gab es nie, dafür sorgt die lückenlose Überwachung und Kontrolle der gesamten Gesellschaft. © KCNA via KNS/afp
Sowjetische Soldaten in Pjöngjang
Korea war über Jahrhunderte ein geeintes Land. Die Geschichte der Teilung beginnt erst im 20. Jahrhundert: Von 1910 bis 1945 ist Korea eine japanische Kolonie, nach der Niederlage der Japaner besetzen sowjetische Truppen den Norden des Landes, der Süden wird von amerikanischen Truppen besetzt. Weil Verhandlungen über eine Vereinigung der beiden Landesteile scheitern, gründen sich 1948 auf der koreanischen Halbinsel zwei Staaten. © Jacob Gudkov/Imago
Szene des Koreakriegs
Zwei Jahre später dann die Tragödie: Der Korea-Krieg bricht aus. Kim Il-sung, Machthaber im Norden, schickt seine Truppen in den Südteil des Landes, um Korea mit Gewalt zu vereinen. Wenige Wochen später greifen die UN-Truppen unter Führung der USA den Norden an, stoßen bis an die chinesische Grenze vor. Das beunruhigt Peking – das nun auf der Seite von Nordkorea in den Krieg eingreift. 1953 wird ein Waffenstillstand verhandelt, das Land bleibt entlang des 38. Breitengrades geteilt. Ein Friedensvertrag wurde bis heute nicht unterzeichnet. © Imago
Familie Kim
Kim Il-sung, der Gründer und erste Präsident Nordkoreas, ist ein Machthaber von Stalins Gnaden. Geboren 1912, ist er als junger Mann im Widerstand gegen die japanische Besatzungsmacht aktiv. 1940 geht er ins Exil in die Sowjetunion, wo er schließlich zum späteren Machthaber Nordkoreas aufgebaut wird. Ab 1948 etabliert Kim einen auf ihn zugeschnittenen Personenkult. Mit brutalen Säuberungsaktionen entledigt er sich seiner Gegner. Politisch pendelt sein Land zwischen China und der Sowjetunion, vor allem, nachdem sich die beiden kommunistischen Führungsmächte ab Ende der 50er-Jahre zunehmend voneinander entfremden. © Imago
Kim Il-sung und Kim Jong-il
Schon in den 1970ern beginnt Kim Il-sung, seinen Sohn Jong-il zu seinem Nachfolger aufzubauen. Als er 1994 stirbt, übergibt er Kim Jong-il ein verarmtes Land. Mit dem Untergang der Sowjetunion wenige Jahre zuvor hat Nordkorea seinen wichtigsten und engsten Partner verloren, es stürzt in eine wirtschaftliche Krise, auf die eine fatale Hungersnot folgt. Hunderttausende Menschen verhungern. Unter Kim Jong-il, der 1941 oder 1942 geboren wurde, verschlechtern sich die Beziehungen zwischen Nordkorea und dem Rest der Welt, das Land schottet sich immer mehr ab. Vor allem die USA sowie Südkorea – das sich seit den 80ern zur Demokratie gewandelt hat – werden zu Feindbildern. © KCNA via KNS/afp
Fernsehbilder vom ersten nordkoreanischen Atomtest 2006
Unter Kim Jong-il beginnt die beispiellose Aufrüstung des bettelarmen Landes. Wichtigstes Ziel Kims ist es, Nordkorea zur Atommacht zu machen. 2006 gelingt ihm das, Nordkorea testet erstmals eine Atombombe. Die Welt ist geschockt, die Vereinten Nationen erlassen Strafmaßnahmen, denen insgesamt neun weitere Sanktionsrunden folgen. Heute ist Nordkorea eine Atommacht, die wohl Dutzende Sprengkörper besitzt. © Jung Yeon-Je/afp
Kim Jong-un beobachtet einen Raketentest
Zudem testet das Land regelmäßig ballistische Raketen, auf denen die nuklearen Sprengköpfe montiert werden können. So kann das Regime mit seinen Atomwaffen sogar die USA erreichen – zumindest in der Theorie, denn noch ist unklar, wie leistungsfähig die Raketen tatsächlich sind. © KCNA via KNS/afp
Donald Trump und Kim Jong-un an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea
Kim Jong-il stirbt 2011. Ihm folgt einer seiner Söhne nach: Kim Jong-un. Der treibt das Raketen- und Nuklearprogramm seines Vaters weiter voran. Als Hauptfeinde hat er Südkorea und die USA ausgemacht, die sein Regime regelmäßig mit drastischen Beleidigungen überzieht. Unter US-Präsident Donald Trump sieht es für einen kurzen Moment so aus, als könnten sich die Spannungen zwischen Nordkorea und dem Westen abkühlen – dreimal treffen sich Kim und Trump, auch Südkoreas damaliger Präsident kommt mit Kim zu einem Gipfeltreffen zusammen. © Brendan Smialowski/afp
Passanten in Pjöngjang währen der Corona-Pandemie
Doch die diplomatischen Initiativen scheitern 2019. Ein Jahr später sucht die Corona-Pandemie die Welt heim. Auch Nordkorea schließt seine Grenzen – und schottet sich gegen das Virus so hermetisch ab wie kein anderer Staat weltweit. Trotzdem meldet das Regime im Mai 2022 erste Corona-Fälle. Auch nach dem Ende der Pandemie bleibt Nordkorea ein international isoliertes Land. © Imago
Putin und Kim in Russland
Enge Beziehungen unterhält das Regime in Pjöngjang heute vor allem zu seinen beiden nördlichen Nachbarn China und Russland. Zu Wladimir Putin pflegt Kim ein besonders gutes Verhältnis, denn Russlands Präsident benötigt Nordkoreas Unterstützung für seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine – als Lieferant von Waffen und Munition. Im Herbst 2023 treffen Putin und Kim in Russlands Fernem Osten zusammen, es ist Kims erste Auslandsreise seit der Pandemie. © KCNA via KNS/afp
Kim Jong-un und seine Tochter Ju-ae
Kim Jong-un wurde 1982, 1983 oder 1984 geboren, hat also möglicherweise noch viele Jahre vor sich. Nordkoreas Diktator ist allerdings bei schlechter Gesundheit. Er gilt als Kettenraucher und Alkoholiker und ist sichtbar übergewichtig. Was, wenn er stirbt? Experten glauben, dass Kim seine Tochter Ju-ae zu seiner Nachfolgerin aufbauen will. Seit November 2022 zeigen Staatsmedien das Mädchen, das wohl 2012 oder 2013 zur Welt gekommen ist, regelmäßig an der Seite ihres mächtigen Vaters. © KCNA via KNS/afp
Kim Yo-jong
Aber auch Kims Schwester Kim Yo-jong gilt als mögliche Erbin auf den Thron. Die Macht, die die Kims seit bald 80 Jahren innehaben, dürften sie jedenfalls so schnell nicht aus der Hand geben. © Jorge Silva/afp

Trumps Außenminister kündigt Neuausrichtung der Nordkorea-Politik seines Landes an

Offiziell gibt es überhaupt nur fünf Atommächte, das legt der Atomwaffensperrvertrag so fest, den weltweit fast alle Länder unterzeichnet haben. Gemeint sind jene Staaten, die vor dem 1. Januar 1967 erstmals eine Atombombe getestet haben: die USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China. All die anderen Staaten, die über Kernwaffen verfügen – Indien, Pakistan, Israel und eben auch Nordkorea – sind keine anerkannten Atommächte. Will Trump das jetzt ändern, zumindest in Bezug auf Nordkorea?

Marco Rubio, Trumps Außenminister, kündigte in einer Senatsanhörung vor seiner Vereidigung jedenfalls eine Neuausrichtung der Nordkorea-Politik seines Landes an. „Ich denke, man muss sich ernsthaft mit der allgemeinen Nordkorea-Politik auseinandersetzen“, sagte Rubio, ohne wirklich ins Detail zu gehen. „Für ziemlich bedeutsam“ hält Rachel Minyoung Lee, Nordkorea-Expertin bei der US-Denkfabrik Stimson Center, Rubios Aussage. „Denn die parteiübergreifende Politik der USA gegenüber Nordkorea war in den letzten 30 Jahren stets auf die Denuklearisierung Nordkoreas ausgerichtet“, sagte Lee der Frankfurter Rundschau.

Trumps Nordkorea-Äußerungen beunruhigen Seoul

Auch in Südkorea sorgten Trumps Äußerungen verständlicherweise für Irritationen. „Die Denuklearisierung nicht nur der koreanischen Halbinsel, sondern auch Nordkoreas sollte als Voraussetzung für dauerhaften Frieden und Stabilität in der Welt kontinuierlich vorangetrieben werden“, erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Seoul am Dienstag.

In dem Land, das nach der Amtsenthebung von Präsident Yoon Suk-yeol ohnehin in einer schweren politischen Krise steckt, blickt man schon länger mit Sorge auf die Trump-Rückkehr. Ende Oktober hatte Trump, damals noch Präsidentschaftskandidat, von Seoul jährlich zehn Milliarden US-Dollar für die auf der koreanischen Halbinsel stationierten US-Streitkräfte gefordert. Aktuell überweist die südkoreanische Regierung dafür nur gut eine Milliarde im Jahr nach Washington. Die Angst, Trump könnten die Soldaten abziehen, ist groß.

Historischer Gipfel in Singapur: Im Sommer 2018 trafen sich erstmals Nordkoreas Diktator Kim Jong-un und US-Präsident Donald Trump.

Unklar ist, wie Südkorea reagieren würde, sollte die Trump-Regierung Nordkorea tatsächlich als Atommacht anerkennen. „Wir wissen schließlich nicht, wer in ein paar Monaten südkoreanischer Präsident sein wird“, sagt Lee. Eine konservative Regierung, wie sie aktuell in Südkorea an der Macht ist, könnte ebenfalls nach der Bombe greifen, glaubt die Korea-Expertin. „Eine liberale Regierung hingegen wird wahrscheinlich versuchen, in Dialog mit Nordkorea zu treten und so die Spannungen zu entschärfen.“ Lee Jae-myung, Chef der größten südkoreanischen Oppositionspartei, der liberalen DP, hat bereits angekündigt, auf Nordkorea zuzugehen, sollte er Präsident werden. Die aggressive Politik des entmachteten Präsidenten Yoon hält er für gescheitert.

Wird sich Trump erneut mit Kim Jong-un treffen?

Schon während Trumps erster Amtszeit, als in Südkorea Moon Jae-in von der DP regierte, hatte Seoul die Nähe zu Pjöngjang gesucht. Das Ergebnis waren einige historische Gipfeltreffen zwischen Moon und Kim Jong-un und später zwischen Trump und dem nordkoreanischen Diktator. Mit bescheidenen Resultaten allerdings, denn Nordkorea rüstete stets weiter auf.

In südkoreanischen Medien führte Trumps „Atommacht“-Äußerung nun auch zu Spekulationen, der US-Präsident plane ein erneutes Treffen mit Diktator Kim Jong-un. „Trump hat immer wieder sein Interesse an einem Treffen bekundet, aber zum jetzigen Zeitpunkt hat Pjöngjang wenig bis gar nichts von Gesprächen mit den Vereinigten Staaten“, sagt Rachel Minyoung Lee.

Bündnis mit Russland stärkt Nordkorea Diktator Kim

Denn das Nordkorea, mit dem Trump es heute zu tun hat, ist ein ganz anderes als jenes, das er 2019 als erster amtierender US-Präsident betreten hatte. Für einen kurzen Moment überquerte Trump damals die innerkoreanische Grenze, es war seine dritte und gleichzeitig letzte Begegnung mit Kim Jong-un. Die drei Treffen endeten ohne jedes Ergebnis, weder hoben die USA die Sanktionen gegen Nordkorea auf, wie Pjöngjang forderte, noch machte Kim Zugeständnisse bei seinem Atomprogramm. Heute dürfte Kim noch weniger als vor ein paar Jahren bereit sein, sich auf die USA zuzubewegen. Denn mit Wladimir Putins Russland, dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine Kim Jong-un mit Waffen und Soldaten unterstützt, hat das nordkoreanische Regime einen mächtigen Verbündeten an seiner Seite.

Die USA, so Rachel Minyoung Lee, müssten Kim Jong-un also „ein Angebot unterbreiten, das sich drastisch von dem unterscheidet, was sie in der Vergangenheit getan haben“, um von dem Diktator Zugeständnisse zu bekommen: „Zum Beispiel eine erhebliche Reduzierung oder einen vollständigen Abzug der US-Streitkräfte aus Korea oder eine vollständige Einstellung der gemeinsamen Militärübungen zwischen den USA und Südkorea.“ Seoul stünde seinem atomar hochgerüsteten Nachbarn dann weitgehend alleine gegenüber.

Rubriklistenbild: © Saul Loeb/AFP

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