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Neue Optionen für Nato

Leopard-2-Panzer läuten Zeitenwende in Norwegen ein: „Ein Novum in der Geschichte“

Norwegen hat 54 Panzer in Deutschland bestellt. Spezialisten sollen sie vor Ort montieren. Das ist ein Signal an die Nato – und an Putin.

Oslo – Über mangelnde Symbolkraft konnte sich nun wirklich niemand beklagen. Es passte einfach zu gut, dass sich Vertreter des norwegischen Mechanikspezialisten Ritek und des deutschen Rüstungskonzerns KNDS (ehemals Krauss-Maffei Wegmann) am Dienstagmorgen (11. Juni) ausgerechnet in der Myntgata 3 in Oslo trafen, um einen wegweisenden Vertrag zu unterschreiben. Das Gemäuer, zu dem die Adresse direkt neben dem norwegischen Verteidigungsministerium gehört, hat im 19. Jahrhundert der deutschstämmige Architekt Wilhelm von Hanno erbaut. Ein frühes Symbol deutsch-norwegischer Partnerschaft.

Leopard-2-Panzer in Norwegen montiert: engere Rüstungszusammenarbeit auch wegen Ukraine-Krieg

Jetzt gibt es neues Kapitel der Kooperation zwischen Norwegen und Deutschland – diesmal geht es nicht um Architektur, sondern um Waffen. Schon seit Monaten bemühen sich beide Länder um engere wirtschaftliche Beziehungen. Deutschland ist Norwegens wichtigster Partner, das hört man hier immer wieder. So gab es zuletzt intensive Gespräche über Wasserstoff-Projekte und vor wenigen Monaten startete die gemeinsame Produktion eines neuartigen U-Boots.

Industriepark Raufoss: Wo Spezialmunition für die Ukraine und Autoteile produziert werden

Ein zugefrorener See in Norwegen nördlich von Oslo
Raufoss liegt zwischen dichten Wäldern und großen Seen – gut 130 Kilometer nördlich der norwegischen Hauptstadt Oslo.  © Peter Sieben
Ein rotes Haus mit Holzfassade in der Dämmerung im Schnee
Bunte Häuser mit Holzfassaden säumen die Straßen. © Peter Sieben
Ein Straßenschild in Raufoss in Norwegen und ein Haus im Schnee
„Verteidigungsausrüstung“ steht auf dem Schild über dem Logo von Rüstungsproduzent Nammo. Wer durchs idyllische Städtchen Raufoss schlendert, rechnet nicht damit, dass direkt neben an ein bedeutender Industriepark liegt, in dem auch Munition für die Ukraine produziert wird.  © Peter Sieben
Øivind Hansebråten, CEO vom Raufoss Industriepark in Norwegen
Øivind Hansebråten ist CEO vom Raufoss Industriepark, einem der bedeutensten in Norwegen. Im Vergleich zu deutschen Parks ist er recht überschaubar. „Ich weiß, in Deutschland ist alles größer, aber für uns ist das schon ganz gut“, sagt Øivind und grinst. Dafür geht es hier recht familiär zu. © Peter Sieben
Emma Østerbø im Catapult Centre in Raufoss
Know-how wird im Industriepark geteilt: Emma Østerbø ist General Manager beim Raufoss Katapult Center. Hier können Start-Ups Prototypen testen.  © Peter Sieben
Gebäude von Benteler im Raufoss Industriepark in Norwegen
Im Raufoss Industriepark gibt es auch ein großes deutsches Unternehmen: der Autozulieferer Benteler. Dabei sind die Löhne hier höher als in Deutschland. Aber: Das Unternehmen nutzt hier auch norwegisches Know-How, um Automationsmechanismen zu testen.  © Peter Sieben
Mitarbeiter von Benteler in Raufoss in Norwegen
In den Produktionshallen von Benteler arbeiten pro Schicht nur zwei bis drei Menschen – das meiste läuft automatisiert. Das hat zwei Gründe: Fachkräfte sind Mangelware, im riesigen Norwegen leben vergleichsweise wenige Menschen. Und: Die Löhne für Fachkräfte sind hoch. Viele Unternehmen setzen auf Automation.  © Peter Sieben
Das moderne Verwaltungsgebäude von Nammo in Raufoss in Norwegen
Das moderne Verwaltungsgebäude von Nammo: Der Rüstungskonzern und Produzent von Spezialmunition gehört zu den ganz großen und zentralen Unternehmen im Industriepark.  © Peter Sieben
Eine Backstein-Werkshalle von Nammo im Raufoss-Industriepark in Norwegen
Eine der Werkshallen von Nammo: Im Raufoss Industriepark gibt es zahlreiche renovierte historische Gebäude.  © Peter Sieben
Nammo-Munitionsfabrik in Raufoss in Norwegen
Fotos dürfen in der Munitionsfabrik nur an einer einzigen Stelle gemacht werden. Damit keine sensiblen Informationen nach außen dringen, gelten strenge Sicherheitsregeln.  © Peter Sieben
Ein Arbeiter an einer Maschine in der Munitionsfabrik von Nammo in Raufoss in Norwegen
Präzision hat eine hohe Priorität: Mithilfe von Robotern und Computertechnik werden die Projektile gefertigt.  © Peter Sieben
Thorstein Korsvold (links), Pressesprecher von Nammo, im Gespräch mit Redakteur Peter Sieben.
Thorstein Korsvold (links), Pressesprecher von Nammo, im Gespräch mit Redakteur Peter Sieben.  © Ippen.Media
Thorstein Korsvold, Pressesprecher von Nammo, stemmt eine Stahlhülse
Thorstein Korsvold stemmt eine der fertigen Hülsen, die zu Projektilen weiterverarbeitet werden: „Wiegt locker 30 bis 40 Kilo.“ Das meiste, das sie hier produzieren, geht an die ukrainischen Streitkräfte. So werden hier Rohlinge für M72-Panzerabwehrmunition gefertigt, die von ukrainischen Soldaten massenhaft verschossen werden. „Wir sind stolz auf unsere Produktion“, sagt Thorstein. „Aber es hat alles zwei Seiten. Wenn unser Geschäft besonders gut läuft, hat das düstere Gründe.“  © Peter Sieben

Seit Dienstag gibt es offiziell nun auch eine implizite Partnerschaft beim Thema Panzerbau, besiegelt per Unterschrift am Rande des „German-Norwegian Defence Industry Seminar“, einem Kongress der AHK Norwegen mit Militärs und Wirtschaftsvertretern. Der Pakt sieht vor, dass das norwegische Unternehmen Ritek 37 der 54 Leopard-2-Panzer, die Norwegen beim Münchner Konzern KNDS Deutschland geordert hat, montieren wird. Außerdem übernehmen die Norweger die Verantwortung für Wartung und Aufrüstung der Panzer.

Spezialmunition für die Armee der Ukraine im Kampf gegen Putin

Für Norwegen ein wichtiger Schritt, das Land rüstet seit Beginn des Ukraine-Kriegs auf und gibt sich wehrhaft wie nie. Erst kürzlich hatte die Regierung einen historischen Beschluss gefasst: Bis 2036 will das Land 600 Milliarden Kronen (etwa 50 Milliarden Euro) mehr für die Verteidigung ausgeben. Das Nato-Zwei-Prozentziel, das eigentlich erst für 2026 angepeilt war, ist damit schon jetzt erreicht. Eine Rekordsumme, mit der selbst Insider nicht gerechnet hatten. Und in der Spezialmunitionsfabrik Nammo in Raufoss nördlich von Oslo werden massenweise Raketen für die ukrainischen Streitkräfte und ihren Kampf gegen Putins Angriff produziert.

Neue Rüstungsvereinbarung in Oslo. Auf dem Bild, v.l.: Ritek-Verwaltungsratsschef Andreas Vossheim, Verteidigungsminister Bjørn Arild Gram und Vertriebsbereichsleiter Rainer Fichtner von KNDS.

Kein Wunder also, dass Verteidigungsminister Bjørn Arild Gram höchstpersönlich beim Vertragsabschluss zwischen Ritek und KNDS zugegen war, um zu „gratulieren“, wie er sagte. „Die Montage von Kampfpanzern in Norwegen ist ein Novum in der Geschichte. Dies könnte der Beginn eines neuen norwegischen Industrieabenteuers sein“, erklärt Gram.

Leopard-2-Panzer: Norwegens Minister freut sich – auch über „lokale Wertschöpfung“

Durch die Vereinbarung erhält Ritek zudem die Möglichkeit, offizieller Subunternehmer für Leopard-2-Panzer zu werden. Die norwegische Regierung hatte sich bereits vor etwas mehr als einem Jahr für den Kauf der 54 Leopard-2-Kampfpanzer entschieden. Der Panzer gilt als der modernste und am meisten digitalisierte Panzer, der je gebaut wurde. Den Kauf nimmt man hier klar als eine der wichtigsten Maßnahmen zur geplanten Stärkung der norwegischen Streitkräfte wahr.

„Laut Plan soll Ritek nicht nur die norwegischen Leopard-Panzer montieren, sondern auch das Zentrum für die Wartung, Reparatur und Aufrüstung der nordischen Flotte werden“, sagte Minister Gram. Auch nach der Montage solle die Produktionslinie erhalten bleiben, sodass Ritek auch für den Export in andere Länder produzieren könne. „Dies ist sowohl für die lokale Wertschöpfung als auch für die deutsch-norwegische Zusammenarbeit positiv“, so Gram.

Signal an die Nato – und Russland? Es geht um die Nord- und Ostflanke

Der neue Produktionsstandort ist auch ein Signal an die Nato. Norwegen hat eine gemeinsame Landgrenze mit Russland und ist ein wichtiger Faktor bei der Verteidigung der Nato-Nordflanke. Seit dem Beitritt Schwedens und Finnlands zum Verteidigungsbündnis hat sich die strategische Ausrichtung noch einmal verändert, es gibt nun viel mehr Hinterland und neue logistische Möglichkeiten. Norwegen wird so zur Versorgungs-Drehscheibe auch in Richtung Ostsee.

„Uns ist es wichtig, in Europa zu produzieren“, sagte Ruprecht von Witzleben, Sales Director bei KNDS, zu IPPEN.MEDIA. Wunsch der Industrie sei eine Vereinheitlichung der Systeme auch in den nordischen Länder, deren strategische Bedeutung für die europäische Verteidigung an Bedeutung gewonnen hätten.

Durch das neue Abkommen erhalte die Nato die Möglichkeit, die Produktion von Panzern an einer strategisch wichtigen Stelle zu erhöhen, hieß es aus Oslo. Zumal Ritek über Spezialisten im Bereich Schwerlastfahrzeuge wie Panzer verfüge. „Die nordischen Länder haben einen hohen Bedarf an Werkstätten für Schwerlastfahrzeuge, der nun durch die Vereinbarung bedient wird“, sagte Gram. Der neue Vertrag werde sowohl die industrielle Zusammenarbeit zwischen Norwegen und Deutschland, „als auch die Wehrfähigkeit und Versorgungssicherheit Europas stärken“.

Rubriklistenbild: © Peter Sieben & Daniel Karmann/dpa

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