Designierter Ministerpräsident
Markus Söder: „Meine Frau sagt, bleib am Boden“
Tag eins nach seiner Nominierung: Markus Söder wirkt erleichtert, gelöst, aber nicht übermütig. Der CSU-Politiker, jetzt eine Art designierter Ministerpräsident, empfängt zum Interview im Finanzministerium.
München - Es sieht aus wie immer, und doch ist es ein Stück Zeitenwende: Söder (50) wählt seine Worte vorsichtig, verkneift sich die sonst üblichen Zwischentöne in Richtung Horst Seehofer.
Markus Söder: Eigentlich ganz gut. Wobei ich die Gabe habe, manch Belastendes zu vergessen.
Uns verbindet eine lange Verantwortungsgemeinschaft. Horst Seehofer hat mich immer wieder in sein Kabinett berufen und wir haben für Bayern gut zusammengearbeitet.
„Ich bin kein nachtragender Mensch“
Danach haben wir uns ausgesprochen. Ich bin kein nachtragender Mensch und Horst Seehofer auch nicht. Außerdem gilt: Wer ewig einen Rucksack schlechter Erinnerungen mit sich herumträgt, läuft irgendwann gebeugt. Wir schultern jetzt gemeinsam die Herausforderung. Er als Parteivorsitzender für Berlin – mit meiner vollen Unterstützung – und ich dann in München. Das wird gut funktionieren.
Wir hatten mehrere lange, vertrauliche Gespräche. Wir stehen doch alle in der ganz besonderen Verantwortung, das Erbe von Strauß und Stoiber zu mehren und diesem großartigen Land zu dienen. Dank der souveränen Entscheidung von Horst Seehofer haben wir jetzt eine gemeinsam getragene Lösung und kein Kreuth 2007.
Der „Spiegel“ hat selten einen CSU-Politiker gelobt. Wahrscheinlich müsste ich besorgt sein, wenn sie es täten. Unabhängig davon: Jeder darf seine Meinung haben. Ich will versuchen, die Bürger mit Leistung zu überzeugen. Am Ende zählen in der Politik Taten. Wir wollen uns für die Sorgen der Menschen einsetzen. Diesen Ehrgeiz haben wir. Im Übrigen glaube ich, dass ich in der bayerischen Bevölkerung eine Grundakzeptanz habe. Das spiegeln unzählige Begegnungen mit den Menschen im ganzen Land wider.
„Jeder hat seinen eigenen Stil“
Natürlich. Aber ein Ministerpräsident ist nicht in erster Linie Seelentröster, sondern Problemlöser. Jeder hat seinen eigenen Stil. Horst Seehofer hat mir geraten: authentisch zu bleiben.
Es macht wenig Sinn, heute über Prozente zu reden. Das vermittelt den falschen Eindruck. Die Menschen werden sehr darauf achten, ob wir uns wieder stärker um sie kümmern. Wir reden nicht über Wahlergebnisse, sondern arbeiten dafür, dass die Bayern uns vertrauen. So hat es Horst Seehofer auch 2013 gemacht. Da kann man von ihm eine Menge lernen.
Ich gebe heute keine Regierungserklärung ab, das wäre vermessen. Die Debatte um die dritte Startbahn werden wir gemeinsam führen. Generell gilt: Wir brauchen bei der Landesentwicklung in Bayern eine Balance der Geschwindigkeiten. Die Ballungsräume sehnen sich nach einem sensiblen Wachstum. Denn wenn es so weitergeht wie jetzt, haben wir bald einen Verkehrsinfarkt, und keine Familie kann sich mehr eine Wohnung leisten.
Klar, das haben wir doch gemeinsam beschlossen.
Es gibt keinen fränkischen Ministerpräsidenten, es gibt keinen oberbayerischen. Es gibt nur einen bayerischen...
Zur Erinnerung: Die größten bayerischen Investitionen werden in München getätigt. Außerdem haben wir Behördenstandorte in das südliche und östliche Oberbayern verlagert. Wir wollen ein Wachstum auch in den ländlichen Regionen im Oberland. Dabei gilt es zum Beispiel, den Tourismus weiter zu stärken. Oberbayern wird der größte und schlagkräftigste Regierungsbezirk bleiben.
„Meine Hand ist für jeden ausgestreckt“
Unsinn. Wir alle halten zusammen. Wir sind eine CSU. Ilse Aigner ist eine starke Ministerin und Bezirksvorsitzende des größten Verbands. Sie wird sicher auch Listenführerin in Oberbayern sein. Wir kennen uns sehr lange. In der Jungen Union war sie meine Stellvertreterin und wir haben als jüngste Abgeordneten gemeinsam 1994 den Landtag eröffnet.
Wir kennen uns seit vielen Jahren und ich habe viel von ihr gelernt. Wir tauschen uns auch regelmäßig aus und ich hoffe sehr, dass sie weitermacht.
Nein. Ich gehe die Herausforderung mit Mut und Demut an. Ich weiß, dass die Erwartungen groß sind und bei dem einen oder anderen noch Skepsis besteht. Ich werde viel und hart arbeiten und bitte um eine faire Chance.
Ihre Frau rückt jetzt mit ins Rampenlicht.Was sagt sie dazu?
Meine Frau hat mich immer sehr unterstützt. Sie sagte: „Du weißt, was auf Dich zukommt. Bleib am Boden.“
Vieles. Auch meine Bibel, die immer am Schreibtisch liegt. Ich bin gläubiger Christ, das hilft mir in vielen Situationen. Ob Sie das jetzt glauben wollen oder nicht: Mein Glaube gibt mir Kraft.
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