CSU-Politiker protestieren gegen Kruzifix-Urteil
München - Das Straßburger Urteil gegen Kreuze in Klassenzimmern ist in Bayern auf scharfe Kritik und Unverständnis gestoßen. CSU-Politiker protestieren massiv dagegen.
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Der EVP-Fraktionsvize im Europäischen Parlament, Manfred Weber, sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa in München zu dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), wenn man in Europa so mit dem Christentum umgehe, so säge man auf dem Ast, auf dem man selber sitze. Der EGMR urteilte am Dienstag, ein christliches Kreuz im Klassenzimmer einer Staatsschule verletze die Religionsfreiheit der Schüler. Weber ergänzte, die Werteordnung der Europäischen Menschenrechtskonvention basiere auf dem christlichen Menschenbild. “Deshalb darf es ein Verteufeln christlicher Symbolik in öffentlichen Räumen nicht geben“, mahnte der CSU-Politiker.
Kultusminister: „Kreuze werden in Klassenzimmern hängen“
Nach Auffassung von Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) steht das Urteil im Einklang mit der Praxis in Bayern. “Kreuze werden auch künftig in Bayerns Klassenzimmern hängen“, teilte Spaenle in München mit. Es stehe in besonderer Weise für die christlich- abendländische Geschichte und für ein Leben nach christlichen Werten, die auch in der bayerischen Verfassung verankert sind. “Werteerziehung und Persönlichkeitsbildung sind wichtige Grundpfeiler in unseren Schulen.“ In Bayern würden allerdings Kreuze in Klassenzimmern abgehängt, wenn Eltern oder Schüler aus Gründen des Glaubens oder der Weltanschauung dem Kreuz im Klassenzimmer ernsthaft widersprächen. Damit stehe die Praxis in Bayern im Einklang mit dem Straßburger Urteil.
Bayerns Europaministern Emilia Müller (CSU) sagte: “Die Straßburger Richter erweisen dem Menschenrechtsgedanken mit ihrem Spruch einen Bärendienst“. Das Kreuz stehe als Symbol für die Nächstenliebe und für die gemeinsamen europäischen Werte, die in einer langen Tradition gewachsen seien. “Das Kreuz in den Klassenzimmern drückt dieses gemeinsame Wertefundament aus.“ Nach den Worten Müllers steht das in Bayern geltende Recht nicht im Widerspruch zu dem Straßburger Urteil.
Dobrindt: „Europa ist christlich geprägt“
Mit Unverständnis reagierte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt auf das Kruzifix-Urteil: “Unser gemeinsames Europa ist christlich geprägt. Deshalb haben auch unsere christlichen Symbole ihren Platz in der Öffentlichkeit.“ In Bayern herrsche “ein Gleichgewicht zwischen staatlicher Neutralität und unverzichtbarer christlicher Wertorientierung“, sagte Dobrindt weiter.
Bayern hat Erfahrungen mit derlei Streitfällen: 1995 hatte das Bundesverfassungsgericht die Anordnung in der bayerischen Volksschulordnung zur Anbringung von Kreuzen als verfassungswidrig aufgehoben. Die Regelung verstoße gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit und die staatliche Neutralitätspflicht, befanden die Karlsruher Richter damals. Der Landtag beschloss daraufhin ein Gesetz, das auch nach dem Karlsruher Urteil Kreuze vorschreibt. Es enthält aber erstmals eine Regelung zum Umgang mit Konfliktfällen.
dpa