Gefangen genommene Söldner
Chinesische Soldaten im Ukraine-Krieg: So unterstützt Peking Russlands Angriffskrieg
Die Ukraine hat ein Video von einem chinesischen Soldaten veröffentlicht. Es erinnert an Aufnahmen gefangener Nordkoreaner. Doch es gibt einen Unterschied.
Der junge Mann trägt eine Jacke in Tarnfarben, seine Hände sind mit rotem Kabelbinder gefesselt. Er gestikuliert wild, spricht eine Mischung aus Chinesisch und Englisch. „Und dann hat mein Kommandeur ... Bumm!“, sagt er, wirft sich auf den Boden, imitiert Schmerzensschreie. Wovon der Mann genau spricht, ist unklar.
Nur 23 Sekunden ist das Video lang, das der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Dienstagnachmittag bei X veröffentlicht hat. Es soll, so Selenskyj, einen von zwei chinesischen Soldaten zeigen, die im Ukraine-Krieg für Russland gekämpft hätten und nun gefangengenommen worden seien. Unabhängig verifizieren lässt sich das nicht.
Our military has captured two Chinese citizens who were fighting as part of the Russian army. This happened on Ukrainian territory—in the Donetsk region. Identification documents, bank cards, and personal data were found in their possession.
— Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) April 8, 2025
We have information suggesting that… pic.twitter.com/ekBr6hCkQL
Das Video erinnert allerdings an andere Aufnahmen, die Anfang des Jahres von der Ukraine präsentiert worden waren. Darauf zu sehen: zwei verwundete Kriegsgefangene, angeblich aus Nordkorea, die ebenfalls für Putins Armee gekämpft haben sollen. Die beiden Nordkoreaner wurden ukrainischen Angaben zufolge in der russischen Region Kursk gefangengenommen, die seinerzeit zu großen Teilen von der Ukraine besetzt war.
Chinesische Soldaten im Ukraine-Krieg: „Das ist auf ukrainischem Territorium passiert“
Die chinesischen Soldaten sollen von der ukrainischen Armee nun in der Region Donezk aufgegriffen worden sein. „Das ist auf ukrainischem Territorium passiert“, schreibt Selenskyj bei X. Und noch einen Unterschied gibt es wohl zu den Soldaten aus Nordkorea, die zu Tausenden auf Befehl von Diktator Kim Jong-un in den Ukraine-Krieg geschickt wurden: Laut Andriy Kovalenko, einem Mitglied des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, handelt es sich bei den gefangenen Chinesen um Söldner. Sie kämpfen also nicht im Auftrag Pekings in diesem Krieg.
Laut Wolodymyr Selenskyj hat die ukrainische Regierung „Informationen darüber, dass es weitaus mehr solcher Bürger Chinas in den Einheiten der Besatzer gibt“. Später sprach er von insgesamt 155 chinesischen Soldaten auf russischer Seite. Peking wies diese Behauptung als „gegenstandslos“ zurück. China habe seine Bürger stets aufgefordert, Gebiete mit bewaffneten Konflikten zu meiden und „insbesondere nicht an militärischen Operationen einer Partei teilzunehmen“, sagte Lin Jian, ein Sprecher des Außenamts. Dennoch werde man die Berichte prüfen.
Russland hat sich bislang nicht zum angeblichen Einsatz chinesischer Staatsbürger in seiner Armee geäußert; die Nachrichtenagentur Tass berichtete am Mittwoch zunächst nur über die Reaktion aus Peking. Aus Washington hieß es, die Berichte seien „verstörend“. Ob man sie verifizieren könne, ließ die US-Regierung offen.
Tausende Soldaten sollen im Ukraine-Krieg kämpfen – auf beiden Seiten
Was bekannt ist: Im Ukraine-Krieg kämpfen auf beiden Seiten Tausende Söldner. Bis zu 20.000 Mann sollen es laut Kiew alleine bei den ukrainischen Streitkräften sein. Zu Beginn des Krieges schlossen sich beispielsweise mehrere Taiwaner den ukrainischen Truppen an, oftmals aus Verbundenheit mit dem bedrängten Land – schließlich wird auch Taiwan von einem großen Nachbarstaat bedroht. „Wenn China angreift, ergeht es Taiwan noch schlechter als heute der Ukraine“, sagte damals ein taiwanischer Freiwilliger unserer Redaktion.
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Die Chinesen, die nun offenbar für Russland in den Krieg ziehen, tun das wohl zumindest teilweise aus Verbundenheit mit dem Kreml. „Viele Chinesen denken, wenn man Russland hilft, hilft man irgendwie auch China“, zitierte das Handelsblatt unlängst einen Söldner aus der Volksrepublik. Der Mann behauptete, chinesische Kämpfer im Dienste Russlands bekämen im Monat zwischen 2200 und 2800 Euro Sold – für chinesische Verhältnisse viel Geld. Der französischen Tageszeitung Le Monde sagte ein ehemaliger chinesischer Söldner vor Kurzem, er habe etwa 1900 Euro im Monat erhalten. Der 37-Jährige, der sich selbst „Fen“ nennt, behauptete zudem, dass im Ukraine-Krieg einige hundert seiner Landsleute für Russlands kämpfen würden.
China unterstützt Russlands Krieg gegen die Ukraine
Einige von ihnen sind offenbar bereits gefallen, so berichtete „Fen“ von einem an der Front getöteten Kameraden. Anfang dieses Jahres schrieb zudem die französische Seite Intelligence Online von zehn toten Chinesen. Dem Bericht zufolge hat sich die chinesische Botschaft in Moskau bereits an das russische Außenministerium gewandt, um genaue Informationen über die Zahl chinesischer Staatsbürger in Russlands Armee zu erhalten – ohne Erfolg.
Es wäre ein Anzeichen dafür, dass Peking keine Ahnung hat, wie viele Chinesen sich dem Kreml-Heer angeschlossen haben. Und das, obwohl Peking und Moskau seit Kriegsbeginn so eng sind wie seit Jahren nicht mehr. So unterstützt China den russischen Feldzug gegen die Ukraine nicht nur diplomatisch, sondern auch mit der Lieferung von kriegswichtigen Dual-Use-Gütern. Schon in vier Wochen will zudem Xi Jinping erneut nach Moskau reisen. Es wäre eine gute Gelegenheit, um den Kreml-Herrscher nach den chinesischen Kämpfern zu befragen.
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