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Diplomatischer Krach

Taiwan verliert engen Verbündeten an China – jetzt bietet ein anderer Staat seine Hilfe zum Kauf an

Im November 2021 besuchte Honduras‘ Präsident Juan Orlando Hernández seine taiwanische Amtskollegin Tsai Ing-wen in Taipeh
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Im November 2021 besuchte Honduras‘ Präsident Juan Orlando Hernández seine taiwanische Amtskollegin Tsai Ing-wen in Taipeh. Seine Nachfolgerin will sich nun China zuwenden.

Honduras plant, die Beziehungen zu Taiwan abzubrechen und sich stattdessen China zuzuwenden. Derweil hat ein Pazifikstaat das Gegenteil vor – allerdings nicht zum Nulltarif.

München/Taipeh/Tegucigalpa – Auf seiner Homepage listet Taiwans Außenministerium all jene Staaten auf, die sich für Taipeh entschieden haben statt für Peking. Viele sind es nicht: Nur 14 Länder erkennen die taiwanische Regierung offiziell an, darunter einige kleine Pazifikinseln, der Vatikan – und acht Länder aus Lateinamerika und der Karibik. Bald schon könnte es allerdings eines weniger werden: Honduras will die Beziehungen zu Taiwan abbrechen und sich stattdessen China zuwenden. Das teilte Xiomara Castro, die Präsidentin des Zehn-Millionen-Einwohner-Staats, am Dienstagabend (Ortszeit) mit. Sie habe, schreibt Castro bei Twitter, ihren Außenminister „beauftragt, die Aufnahme offizieller Beziehungen zur Volksrepublik China einzuleiten“. So sollen „die Grenzen im Konzert der Nationen der Welt in Freiheit erweitert“ werden.

Für Taiwan wäre es ein herber Rückschlag. Noch Ende 2021 hatten Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen und der damalige Präsident Honduras, Juan Orlando Hernández, in Taipeh den 80. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Ländern begangen. „Honduras hat die internationale Beteiligung Taiwans vor allem in den letzten Jahren stark unterstützt“, sagte Tsai bei dem Treffen und verwies auf die engen wirtschaftlichen Verbindungen zwischen Taiwan und Honduras. „Auch der honduranische Kaffee ist etwas, das ich persönlich sehr schätze“, schwärmte Tsai.

China und Taiwan: Darum geht es in dem Konflikt

Taiwans F-16-Kampfjet (links) überwacht einen der beiden chinesischen H-6-Bomber, die den Bashi-Kanal südlich von Taiwan und die Miyako-Straße in der Nähe der japanischen Insel Okinawa überflogen.
Seit Jahrzehnten schon schwelt der Taiwan-Konflikt. Noch bleibt es bei Provokationen der Volksrepublik China; eines Tages aber könnte Peking Ernst machen und in Taiwan einmarschieren. Denn die chinesische Regierung hält die demokratisch regierte Insel für eine „abtrünnige Provinz“ und droht mit einer gewaltsamen „Wiedervereinigung“. Die Hintergründe des Konflikts reichen zurück bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. © Taiwan Ministry of Defence/AFP
Chinas letzter Kaiser Puyi
Im Jahr 1911 zerbricht das viele Jahrtausende alte chinesische Kaiserreich. Der letzte Kaiser Puyi (Bild) wird abgesetzt, die Xinhai-Revolution verändert China für immer. Doch der Weg in die Moderne ist steinig. Die Jahre nach der Republikgründung waren von Wirren und internen Konflikten geprägt.  © Imago
Porträt von Sun Yatsen auf dem Tiananmen-Platz in Peking
Im Jahr 1912 gründet Sun Yat-sen (Bild) die Republik China. Es folgen Jahre des Konflikts. 1921 gründeten Aktivisten in Shanghai die Kommunistische Partei, die zum erbitterten Gegner der Nationalisten (Guomindang) Suns wird. Unter seinem Nachfolger Chiang Kai-shek kommt es zum Bürgerkrieg mit den Kommunisten. Erst der Einmarsch Japans in China ab 1937 setzt den Kämpfen ein vorübergehendes Ende. © Imago
Mao Zedong ruft die Volksrepublik China aus
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Kapitulation Japans flammt der Bürgerkrieg wieder auf. Aus diesem gehen 1949 die Kommunisten als Sieger hervor. Mao Zedong ruft am 1. Oktober in Peking die Volksrepublik China aus (Bild).  © Imago Images
Chiang Kai-shek
Verlierer des Bürgerkriegs sind die Nationalisten um General Chiang Kai-shek (Bild). Sie fliehen 1949 auf die Insel Taiwan. Diese war von 1895 bis 1945 japanische Kolonie und nach der Niederlage der Japaner an China zurückgegeben worden. Auf Taiwan lebt seitdem die 1912 gegründete Republik China weiter. Viele Jahre lang träumt Chiang davon, das kommunistisch regierte Festland zurückzuerobern – während er zu Hause in Taiwan mit eiserner Hand als Diktator regiert. © Imago
Richard Nixon und Zhou Enlai 1972
Nach 1949 gibt es zwei Chinas: die 1949 gegründete Volksrepublik China und die Republik China auf Taiwan, die 1912 gegründet wurde. Über Jahre gilt die taiwanische Regierung als legitime Vertreterin Chinas. Doch in den 70er-Jahren wenden sich immer mehr Staaten von Taiwan ab und erkennen die kommunistische Volksrepublik offiziell an. 1972 verliert Taiwan auch seinen Sitz in den Vereinten Nationen, und Peking übernimmt. Auch die USA brechen mit Taiwan und erkennen 1979 – sieben Jahre nach Richard Nixons legendärem Peking-Besuch (Bild) – die Regierung in Peking an. Gleichzeitig verpflichten sie sich, Taiwan mit Waffenlieferungen zu unterstützen. © Imago/UIG
Chiang Ching-Kuo in Taipeh
Im Jahr 1975 stirbt Taiwans Dikator Chiang Kai-shek. Neuer Präsident wird drei Jahre später dessen Sohn Chiang Ching-kuo (Bild). Dieser öffnet Taiwan zur Welt und beginnt mit demokratischen Reformen. © imago stock&people
Chip made in Taiwan
Ab den 80er-Jahren erlebt Taiwan ein Wirtschaftswunder: „Made in Taiwan“ wird weltweit zum Inbegriff für günstige Waren aus Fernost. Im Laufe der Jahre wandelt sich das Land vom Produzenten billiger Produkte wie Plastikspielzeug zur Hightech-Nation. Heute hat in Taiwan einer der wichtigsten Halbleiter-Hersteller der Welt - das Unternehmen TSMC ist Weltmarktführer. © Torsten Becker/Imago
Tsai Ing-wen
Taiwan gilt heute als eines der gesellschaftlich liberalsten und demokratischsten Länder der Welt. In Demokratie-Ranglisten landet die Insel mit ihren knapp 24 Millionen Einwohnern immer wieder auf den vordersten Plätzen. Als bislang einziges Land in Asien führte Taiwan 2019 sogar die Ehe für alle ein. Regiert wurde das Land von 2016 bis 2024 von Präsidentin Tsai Ing-wen (Bild) von der Demokratischen Fortschrittspartei. Ihr folgte im Mai 2024 ihr Parteifreund Lai Ching-te. © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping
Obwohl Taiwan nie Teil der Volksrepublik China war, will Staats- und Parteichef Xi Jinping (Bild) die Insel gewaltsam eingliedern. Seit Jahrzehnten droht die kommunistische Führung mit der Anwendung von Gewalt. Die meisten Staaten der Welt – auch Deutschland und die USA – sehen Taiwan zwar als einen Teil von China an – betonen aber, dass eine „Wiedervereinigung“ nur friedlich vonstattengehen dürfe. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Die kommunistiche Diktatur Chinas ist für die meisten Taiwaner nicht attraktiv. © Dale de la Rey/AFP
Militärübung in Kaohsiung
Ob und wann China Ernst macht und in Taiwan einmarschiert, ist völlig offen. Es gibt Analysten, die mit einer Invasion bereits in den nächsten Jahren rechnen – etwa 2027, wenn sich die Gründung der Volksbefreiungsarmee zum 100. Mal jährt. Auch das Jahr 2049 – dann wird die Volksrepublik China 100 Jahre alt – wird genannt. Entscheidend dürfte sein, wie sicher sich China ist, einen Krieg auch zu gewinnen. Zahlenmäßig ist Pekings Armee der Volksrepublik den taiwanischen Streitkräften überlegen. Die Taiwaner sind dennoch gut vorbereitet. Jedes Jahr finden große Militärübungen statt; die Bevölkerung trainiert den Ernstfall, und die USA liefern Hightech-Waffen.  © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping auf einem chinesischen Kriegsschiff
Analysten halten es für ebenso möglich, dass China zunächst nicht zu einer Invasion Taiwans blasen wird, sondern mit gezielten Nadelstichen versuchen könnte, den Kampfgeist der Taiwaner zu schwächen. So könnte Xi Jinping (Bild) eine Seeblockade anordnen, um die Insel Taiwan vom Rest der Welt abzuschneiden. Auch ein massiver Cyberangriff wird für möglich gehalten.  © Li Gang/Xinhua/Imago
Protest in Taiwan
Auch wenn die Volksrepublik weiterhin auf eine friedliche „Wiedervereinigung“ mit Taiwan setzt: Danach sieht es derzeit nicht aus. Denn die meisten Taiwaner fühlen sich längst nicht mehr als Chinesen, sondern eben als Taiwaner. Für sie ist es eine Horrorvorstellung, Teil der kommunistischen Volksrepublik zu werden und ihre demokratischen Traditionen und Freiheiten opfern zu müssen. Vor allem das chinesische Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong hat ihnen gezeigt, was passiert, wenn die Kommunistische Partei den Menschen ihre Freiheiten nimmt. © Ritchie B. Tongo/EPA/dpa

Taiwan appelliert an Honduras, seinen Schwenk zu China zu überdenken

Nun hieß aus dem taiwanischen Außenministerium, man bitte „Honduras, die Angelegenheit sorgfältig zu prüfen, um nicht in die Falle Chinas zu tappen und eine fehlerhafte Entscheidung zu treffen“. Peking habe „nicht die geringste Absicht, eine Zusammenarbeit zu fördern, die dem Wohl des honduranischen Volkes dient“. Vielmehr gehe es China nur darum, Taiwan weiter international zu isolieren.

Die Volksrepublik China betrachtet Taiwan als Teil ihres eigenen Staatsgebiets und erlaubt es anderen Staaten im Rahmen ihrer Ein-China-Politik nicht, gleichzeitig mit Peking und mit Taipeh diplomatische Beziehungen zu unterhalten. In den vergangenen Jahren haben bereits Panama, die Dominikanische Republik, El Salvador und Nicaragua, die Salomonen-Insel und Kiribati die Beziehungen zu Taiwan abgebrochen. Was genau hinter dem Kurswechsel in Honduras‘ Hauptstadt Tegucigalpa steckt, ist unklar. Allerdings hatten China und Honduras erst vor rund einem Monat Verhandlungen über den Bau eines neuen Wasserkraftwerks aufgenommen.

Mikronesien geht auf Konfrontationskurs mit China – und umwirbt Taiwan

Derweil überlegt ein anderes Land, den umgekehrten Weg zu gehen: Mikronesien, ein aus rund 600 Inseln bestehender Staat im Pazifik, will mit Peking brechen und sich stattdessen Taiwan zuwenden. Das jedenfalls erklärte David Panuelo, der Präsident des Landes, in einem Brief an mehrere Entscheidungsträger in Mikronesien. Panuelo, der nur noch zwei Monate im Amt sein wird, wirft in dem Schreiben der chinesischen Regierung einen „politischen Krieg“ im Pazifik vor. China besteche Beamte in Mikronesien, bedrohe seine persönliche Sicherheit und dränge drauf, dass sich Mikronesien im Falle eines bewaffneten Konflikts mit Taiwan „mit der Volksrepublik China und nicht mit den Vereinigten Staaten verbündet“ oder zumindest neutral bleibe.

Mikronesien ist traditionell ein enger Verbündeter der USA. Bereits im vergangenen Jahr war das Land auf Konfrontationskurs zu Peking gegangen und hatte ein Abkommen zwischen China und mehreren pazifischen Inselstaaten verhindert. Im Gegenzug zu besserem Zugang zu den Bodenschätzen der Region hatte China den Staaten millionenschwere Unterstützung sowie die Aussicht auf ein Freihandelsabkommen und den Zugang zu seinem riesigen Markt angeboten. Mikronesiens Präsident Panuelo sprach damals von einem „hinterhältigen“ Plan und warf Peking vor, die Region kontrollieren zu wollen und die „regionale Sicherheit zu bedrohen“.

In seinem Schreiben an mehrere Politiker in Mikronesien, aus dem unter anderem der Guardian zitiert, erklärte Panuelo nun, er habe bereits Taiwans Außenminister Joseph Wu zu Gesprächen getroffen und dabei klargemacht, dass eine diplomatische Unterstützung für Taipeh nicht zum Nulltarif zu haben sei: „Ich war Minister Wu gegenüber offen: Wir benötigen eine Finanzspritze von etwa 50 Millionen Dollar, um unseren künftigen Bedarf zu decken. Wir können und werden diese über einen Zeitraum von drei Jahren erhalten, wenn wir diplomatische Beziehungen zu Taiwan aufnehmen.“ Zudem würde Mikronesien ein jährliches „Hilfspaket“ in Höhe von 15 Millionen Dollar erhalten. Die taiwanische Regierung hat sich bislang nicht öffentlich zu dem Vorgang geäußert.

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