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Erhöhung des Militäretats

China erhöht die Militärausgaben: Wird ein Krieg mit Taiwan unausweichlich?

Im Jahr 2019 stellte China seinen zweiten Flugzeugträger in Dienst
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Im Jahr 2019 stellte China seinen zweiten Flugzeugträger in Dienst, der dritte soll demnächst folgen.

China will sich Taiwan einverleiben – und erhöht seit Jahren die Militärausgaben. Wird ein Krieg dadurch wahrscheinlicher?

München/Peking – Im Jahr 2027 wird Chinas Volksbefreiungsarmee den 100. Jahrestag ihrer Gründung feiern. Bis dahin will Peking die Modernisierung seiner Armee weiter vorantreiben. Seit vielen Jahren erhöht China deshalb regelmäßig die Militärausgaben. In diesem Jahr soll das Budget um 7,2 Prozent auf umgerechnet 211 Milliarden Euro steigen, wie der scheidende Premierminister Li Keqiang am Sonntag bei der jährlichen Tagung von Chinas Nationalem Volkskongress bekannt gab. Bereits in den vergangenen Jahren war Chinas Militärhaushalt ähnlich stark angewachsen. Die Armee, so Li, müsse bis 2027 „an der Durchführung militärischer Operationen, der Verbesserung der Kampfbereitschaft und der Verbesserung der militärischen Fähigkeiten“ arbeiten.

Insgesamt will China die Staatsausgaben im laufenden Jahr um 5,7 Prozent erhöhen, die Wirtschaft soll um „etwa fünf Prozent“ wachsen, wie Li ankündigte. Das Militärbudget wächst also deutlich stärker als die Gesamtwirtschaft des Landes. Zudem dürfte China in Wirklichkeit mehr für die Armee ausgeben als offiziell verkündet. So schätzt das Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri, dass Peking 2021 rund 275 Milliarden Euro in seine Armee gesteckt hat – mehr als jedes andere Land der Welt, mit Ausnahme der USA.

Chinas Regierung beschreibt ihre Rüstungsausgaben als „angemessen und vernünftig“. So erklärte der Sprecher des Nationalen Volkskongresses, Wang Chao, am Wochenende, die Erhöhung der Ausgaben sei „notwendig, um die komplexen Sicherheitsherausforderungen zu bewältigen und unserer Verantwortung als Großmacht gerecht zu werden“. Vor allem mit Blick auf Taiwan sorgt Chinas Aufrüstung allerdings für Beunruhigung bei westlichen Regierungen. Denn China betrachtet die demokratisch regierte Insel als Teil des eigenen Staatsgebiets und strebt eine „Wiedervereinigung“ an – notfalls auch mit Gewalt.

China und Taiwan: Darum geht es in dem Konflikt

Taiwans F-16-Kampfjet (links) überwacht einen der beiden chinesischen H-6-Bomber, die den Bashi-Kanal südlich von Taiwan und die Miyako-Straße in der Nähe der japanischen Insel Okinawa überflogen.
Seit Jahrzehnten schon schwelt der Taiwan-Konflikt. Noch bleibt es bei Provokationen der Volksrepublik China; eines Tages aber könnte Peking Ernst machen und in Taiwan einmarschieren. Denn die chinesische Regierung hält die demokratisch regierte Insel für eine „abtrünnige Provinz“ und droht mit einer gewaltsamen „Wiedervereinigung“. Die Hintergründe des Konflikts reichen zurück bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. © Taiwan Ministry of Defence/AFP
Chinas letzter Kaiser Puyi
Im Jahr 1911 zerbricht das viele Jahrtausende alte chinesische Kaiserreich. Der letzte Kaiser Puyi (Bild) wird abgesetzt, die Xinhai-Revolution verändert China für immer. Doch der Weg in die Moderne ist steinig. Die Jahre nach der Republikgründung waren von Wirren und internen Konflikten geprägt.  © Imago
Porträt von Sun Yatsen auf dem Tiananmen-Platz in Peking
Im Jahr 1912 gründet Sun Yat-sen (Bild) die Republik China. Es folgen Jahre des Konflikts. 1921 gründeten Aktivisten in Shanghai die Kommunistische Partei, die zum erbitterten Gegner der Nationalisten (Guomindang) Suns wird. Unter seinem Nachfolger Chiang Kai-shek kommt es zum Bürgerkrieg mit den Kommunisten. Erst der Einmarsch Japans in China ab 1937 setzt den Kämpfen ein vorübergehendes Ende. © Imago
Mao Zedong ruft die Volksrepublik China aus
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs und der Kapitulation Japans flammt der Bürgerkrieg wieder auf. Aus diesem gehen 1949 die Kommunisten als Sieger hervor. Mao Zedong ruft am 1. Oktober in Peking die Volksrepublik China aus (Bild).  © Imago Images
Chiang Kai-shek
Verlierer des Bürgerkriegs sind die Nationalisten um General Chiang Kai-shek (Bild). Sie fliehen 1949 auf die Insel Taiwan. Diese war von 1895 bis 1945 japanische Kolonie und nach der Niederlage der Japaner an China zurückgegeben worden. Auf Taiwan lebt seitdem die 1912 gegründete Republik China weiter. Viele Jahre lang träumt Chiang davon, das kommunistisch regierte Festland zurückzuerobern – während er zu Hause in Taiwan mit eiserner Hand als Diktator regiert. © Imago
Richard Nixon und Zhou Enlai 1972
Nach 1949 gibt es zwei Chinas: die 1949 gegründete Volksrepublik China und die Republik China auf Taiwan, die 1912 gegründet wurde. Über Jahre gilt die taiwanische Regierung als legitime Vertreterin Chinas. Doch in den 70er-Jahren wenden sich immer mehr Staaten von Taiwan ab und erkennen die kommunistische Volksrepublik offiziell an. 1972 verliert Taiwan auch seinen Sitz in den Vereinten Nationen, und Peking übernimmt. Auch die USA brechen mit Taiwan und erkennen 1979 – sieben Jahre nach Richard Nixons legendärem Peking-Besuch (Bild) – die Regierung in Peking an. Gleichzeitig verpflichten sie sich, Taiwan mit Waffenlieferungen zu unterstützen. © Imago/UIG
Chiang Ching-Kuo in Taipeh
Im Jahr 1975 stirbt Taiwans Dikator Chiang Kai-shek. Neuer Präsident wird drei Jahre später dessen Sohn Chiang Ching-kuo (Bild). Dieser öffnet Taiwan zur Welt und beginnt mit demokratischen Reformen. © imago stock&people
Chip made in Taiwan
Ab den 80er-Jahren erlebt Taiwan ein Wirtschaftswunder: „Made in Taiwan“ wird weltweit zum Inbegriff für günstige Waren aus Fernost. Im Laufe der Jahre wandelt sich das Land vom Produzenten billiger Produkte wie Plastikspielzeug zur Hightech-Nation. Heute hat in Taiwan einer der wichtigsten Halbleiter-Hersteller der Welt - das Unternehmen TSMC ist Weltmarktführer. © Torsten Becker/Imago
Tsai Ing-wen
Taiwan gilt heute als eines der gesellschaftlich liberalsten und demokratischsten Länder der Welt. In Demokratie-Ranglisten landet die Insel mit ihren knapp 24 Millionen Einwohnern immer wieder auf den vordersten Plätzen. Als bislang einziges Land in Asien führte Taiwan 2019 sogar die Ehe für alle ein. Regiert wurde das Land von 2016 bis 2024 von Präsidentin Tsai Ing-wen (Bild) von der Demokratischen Fortschrittspartei. Ihr folgte im Mai 2024 ihr Parteifreund Lai Ching-te. © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping
Obwohl Taiwan nie Teil der Volksrepublik China war, will Staats- und Parteichef Xi Jinping (Bild) die Insel gewaltsam eingliedern. Seit Jahrzehnten droht die kommunistische Führung mit der Anwendung von Gewalt. Die meisten Staaten der Welt – auch Deutschland und die USA – sehen Taiwan zwar als einen Teil von China an – betonen aber, dass eine „Wiedervereinigung“ nur friedlich vonstattengehen dürfe. Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Die kommunistiche Diktatur Chinas ist für die meisten Taiwaner nicht attraktiv. © Dale de la Rey/AFP
Militärübung in Kaohsiung
Ob und wann China Ernst macht und in Taiwan einmarschiert, ist völlig offen. Es gibt Analysten, die mit einer Invasion bereits in den nächsten Jahren rechnen – etwa 2027, wenn sich die Gründung der Volksbefreiungsarmee zum 100. Mal jährt. Auch das Jahr 2049 – dann wird die Volksrepublik China 100 Jahre alt – wird genannt. Entscheidend dürfte sein, wie sicher sich China ist, einen Krieg auch zu gewinnen. Zahlenmäßig ist Pekings Armee der Volksrepublik den taiwanischen Streitkräften überlegen. Die Taiwaner sind dennoch gut vorbereitet. Jedes Jahr finden große Militärübungen statt; die Bevölkerung trainiert den Ernstfall, und die USA liefern Hightech-Waffen.  © Sam Yeh/AFP
Xi Jinping auf einem chinesischen Kriegsschiff
Analysten halten es für ebenso möglich, dass China zunächst nicht zu einer Invasion Taiwans blasen wird, sondern mit gezielten Nadelstichen versuchen könnte, den Kampfgeist der Taiwaner zu schwächen. So könnte Xi Jinping (Bild) eine Seeblockade anordnen, um die Insel Taiwan vom Rest der Welt abzuschneiden. Auch ein massiver Cyberangriff wird für möglich gehalten.  © Li Gang/Xinhua/Imago
Protest in Taiwan
Auch wenn die Volksrepublik weiterhin auf eine friedliche „Wiedervereinigung“ mit Taiwan setzt: Danach sieht es derzeit nicht aus. Denn die meisten Taiwaner fühlen sich längst nicht mehr als Chinesen, sondern eben als Taiwaner. Für sie ist es eine Horrorvorstellung, Teil der kommunistischen Volksrepublik zu werden und ihre demokratischen Traditionen und Freiheiten opfern zu müssen. Vor allem das chinesische Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong hat ihnen gezeigt, was passiert, wenn die Kommunistische Partei den Menschen ihre Freiheiten nimmt. © Ritchie B. Tongo/EPA/dpa

China erhöht Militärausgaben – gibt aber deutlich weniger aus als die USA

Im internationalen Vergleich gibt China jedoch nicht übermäßig viel für seine Volksbefreiungsarmee aus. Nimmt man die Sipri-Zahlen als Basis, dann lagen Chinas Militärausgaben 2021 bei 1,7 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das ist weniger als das offizielle Ziel der Nato-Staaten, jedes Jahr mindestens zwei Prozent ihres BIP in den Verteidigungshaushalt zu stecken – ein Ziel, das Deutschland übrigens in diesem Jahr wieder einmal verfehlen dürfte. Die USA hingegen investierten rund 752 Milliarden Dollar in ihre Streitkräfte, das entspricht satten 3,2 Prozent des amerikanischen BIP.

Fraglich ist zudem, wie schlagkräftig Chinas Armee wirklich ist. Das Land will zwar schon bald einen dritten Flugzeugträger namens „Fujian“ in Dienst stellen; auch wird Peking Staatsmedien zufolge in diesem Jahr „fortschrittlichere Kampfflugzeuge“ in Betrieb nehmen, darunter J-20 Tarnkappen-Kampfflugzeuge und J-16 Mehrzweck-Kampfflugzeuge. Außerdem verfügt Peking schon heute über die größte Marine der Welt. Allerdings soll die Modernisierung der Armee erst 2035 weitgehend abgeschlossen sein. Über Streitkräfte auf „Weltklasseniveau“ wird China eigenen Angaben zufolge sogar erst Mitte des Jahrhunderts verfügen.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping „will Chinas bis 2049 zu einer Weltmacht machen“, sagt die China-Expertin Helena Legarda vom Merics-Institut für China-Studien. „Das heißt nicht zwangsläufig, dass es bis dahin zu einer großangelegten Invasion Taiwans kommen muss. Aber bis 2049 müssen zumindest signifikante Schritte unternommen werden, um die Taiwan-Frage zu klären“, so Legarda im Gespräch mit dem Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA.

Kriegssimulation: China würde Kampf um Taiwan wahrscheinlich verlieren

Die meisten Militärexperten sind sich einig, dass China in den kommenden Jahren noch nicht in der Lage wäre, einen groß angelegten Angriff auf Taiwan zu starten. Eine solche „konventionelle“ Invasion würde China einer Simulation des Zentrums für internationale und strategische Studien (CSIS) in Washington zufolge wohl verlieren – vorausgesetzt, die USA und Japan greifen aufseiten Taiwans in den Konflikt ein, was derzeit als wahrscheinlich gilt. Allerdings wäre der Sieg Taiwans und seiner Verbündeten teuer erkauft: „Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten verlieren Dutzende von Schiffen, Hunderte von Flugzeugen und Zehntausende von Militärangehörigen. Die Wirtschaft Taiwans wäre am Boden zerstört“, so die CSIS-Analysten. Auch China hätte demnach hohe Verluste zu verkraften.

Viele Analysten halten deshalb andere Szenarien für wahrscheinlicher. Etwa eine Blockade Taiwans oder großangelegte Cyberangriffe auf die Insel. Möglich wäre auch eine Salami-Taktik, also ein Angriff zunächst auf eine oder mehrere der kleinen Inseln, die zu Taiwan gehören und unweit des chinesischen Festlands liegen. Das mögliche Kalkül dahinter: Sollte China zunächst beispielsweise die Insel Kinmen angreifen, würden sich die USA oder Japan noch nicht in den Konflikt einmischen – die Insel wäre es nicht wert, einen Weltkrieg zu riskieren. China könnte sich in der Folge ermutigt fühlen, weitere Inseln anzugreifen und schließlich Taiwans Hauptinsel zu erobern.

Klar ist jedenfalls: Von dem grundsätzlichen Ziel, sich Taiwan eines Tages einzuverleiben, wird Peking nicht abrücken. Im vergangenen Oktober, beim Parteitag von Chinas Kommunisten, bekräftigte Xi Jinping einmal mehr: „Die Lösung der Taiwan-Frage und die Verwirklichung der vollständigen Wiedervereinigung Chinas sind für die Partei eine historische Mission und eine unerschütterliche Verpflichtung.“

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