Gesundheitsrisiko
Lauterbach erhält eindringliche Warnung vor Cannabis-Legalisierung – es bleiben etliche Punkte offen
Kinder- und Jugendärzte warnen vor der Cannabis-Legalisierung. Die Gesundheitsrisiken seien zu groß. Ausgerechnet bei der Vorsorge droht die Finanzierung zu kippen.
Berlin – Eigentlich will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dem Kabinett noch im Sommer einen Gesetzentwurf zur Cannabis-Legalisierung in Deutschland vorlegen. Doch die Kritik an den Plänen der Bundesregierung werden lauter. Nun haben sich Verbände der Kinder- und Jugendmediziner zu Wort gemeldet. Sie warnen vor den Folgen der Freigabe von Marihuana.
„Die Legalisierungspläne führen zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit und der Entwicklungschancen junger Menschen in Deutschland“, erklären gleich sechs Verbände in einer gemeinsamen Stellungnahme gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vom Mittwoch, 26. Juli. Die Ärzte weisen dabei auf den internationalen Forschungsstand zu den Folgen der Freigabe von Cannabis in anderen Ländern hin.
Kinder- und Jugendärzte warnen vor Folgen der Cannabis-Legalisierung
Die Legalisierung von Cannabis habe in den vorherigen Ländern zu einem erhöhten Konsum geführt – gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Eine Ursache: Die Freigabe trage zu einer „verminderten Risikowahrnehmung gegenüber den Gefahren des Konsums bei“.
Konkret warnen die Verbände davor, dass sich Cannabis negativ auf Gedächtnis-, Lern- und Erinnerungsleistungen auswirke sowie depressive Störungen, Angsterkrankungen und Psychosen bewirken könnten. Positive Effekte seien jedoch nicht zu erwarten, da Kinder und Jugendliche vor einem erweiterten Markt nicht geschützt werden könnten.
Lauterbach verteidigt Legalisierung von Cannabis gegen Bedenken der Ärzte
Das Bundesgesundheitsministerium wies die Bedenken zurück: „Der Kinder- und Jugendschutz ist ein zentrales Element dieses Gesetzentwurfs“, sagte ein Sprecher am Mittwoch, 26. Juli. Der Entwurf enthalte Regelungen, die den Schutz gewährleisten sollen. Das Ministerium verwies auf ein Verbot der Weitergabe von Cannabis an Kinder und Jugendliche, die Begrenzung des Wirkstoffes THC und speziell auf junge Menschen ausgerichtete Präventions- und Informationskampagnen.
Weitere im bisherigen Entwurf der Cannabis-Legalisierung vorgesehen Maßnahmen zum Jugendschutz in der Übersicht:
- Mindestabstände der Cannabis-Abgabestellen (Clubs und Geschäfte) zu Kitas, Schulen sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen
- Begrenzung der Anzahl der Geschäfte in einem Gebiet
- Konsumverbot an Orten, wo sich Kinder und Jugendliche regelmäßig aufhalten
- Frühinterventionsangebote zur Konsumreflexion
- Beratungs- und Behandlungsangebote
- Familiengerichtliche Maßnahmen gegen Sorgeberechtigte, wenn das Wohl des Kindes gefährdet ist
- Generelles Werbeverbot für Cannabis
Karl Lauterbach hält die Bedenken der Ärztinnen und Ärzte zwar für nachvollziehbar, verteidigt aber die Legalisierung. Fehler, die andere gemacht hätten, wolle die Bundesregierung nicht wiederholen, sagte der SPD-Politiker dem ARD-Hauptstadtstudio. Der Gesundheitsminister setzt auf die Kampagnen, um Kindern und Jugendliche die Gefahren zu erklären sowie für Hilfsprogramme für diejenigen, die beim Kiffen erwischt würden.
Finanzierung von Präventionsprogrammen gegen Cannabis ist noch nicht geklärt – was auch Lauterbach einräumt
Unklar ist laut tagesschau.de jedoch, wie die Präventionsprogramme finanziert werden sollen. Der Gesetzentwurf zur Cannabis-Legalisierung sieht demnach vor, dass die gesetzlichen Krankenversicherungen die Finanzierung übernehmen könnten. Die haben jedoch rechtliche Bedenken. Der GKV-Spitzenverband sieht Bund und Länder in der Verantwortung, „eine flächendeckende Verankerung der Cannabisprävention für Heranwachsende sicherzustellen“. Eine langfristige oder flächendeckende Finanzierung könnten die Krankenkassen dagegen nicht leisten.
Die Finanzierung der Programme für Kinder- und Jugendliche müsse noch verhandelt werden, sagte auch Lauterbach gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio.
Die Cannabis-Legalisierung in Deutschland soll in zwei Schritten erfolgen. Zunächst dürfen bestimmte Vereine Cannabis anbauen und an ihre Mitglieder abgeben. Die dürfen dann bis zu 25 Gramm und drei Pflanzen besitzen. Anschließend soll im zweiten Schritt der Verkauf in lizenzierten Geschäften in Modellregionen getestet werden. Der gesamte Prozess soll zudem wissenschaftlich begleitet werden. Bis 1. Januar 2024 soll die Legalisierung beschlossen sein. CSU-Politiker Klaus Holoteschek schließt Bayern als Cannabis-Modellregion aus. (ms/afp)
Rubriklistenbild: © Annette Riedl/dpa
