Cannabis-Legalisierung
„Schritt in die richtige Richtung“ – Hanfverband-Chef sieht beim Cannabis-Gesetz Luft nach oben
Erwachsene dürfen ab dem 1. April legal Cannabis konsumieren. Der Vorsitzende des Hanfverbands begrüßt die Entscheidung und spricht über die nächsten Schritte.
Berlin – Der Bundesrat hat am Freitag (22. März) dem Cannabis-Gesetz der Bundesregierung zugestimmt. Trotz massivem Gegenwind, vor allem aus der Union, soll der Konsum und Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis in Deutschland erlaubt sein. Nach dem Plan der Ampel-Koalition soll das Gesetz ab dem 1. April in Kraft treten. „Die Frage ist nur noch, ob das wirklich genau zum 1. April hinhaut“, gibt der Vorsitzende des Deutschen Hanfverbandes, Georg Wurth, im Interview mit IPPEN.MEDIA zu bedenken. Denn viel Zeit bleibt der Regierung nicht mehr.
Der Ampel bleiben lediglich vier Arbeitstage, will man das selbst gesteckte Ziel einhalten. Nicht mehr viel Zeit, um ein solch umstrittenes Gesetzesvorhaben umzusetzen. Zudem haben Gegner der Teillegalisierung bereits angekündigt, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um die Freigabe herauszuzögern. „Bayern wird sich an allem beteiligen, was das Gesetz stoppen oder verzögern könnte“, schreibt CSU-Chef Markus Söder auf X (ehemals Twitter).
Hanfverband-Chef sieht „kein Problem“ mehr bei den Legalisierungs-Plänen der Ampel
Seitens des Hanfverbandes mache man sich „keine allzu großen Sorgen“, dass die Unionsparteien das Gesetz noch verhindern zu könnten, sagte Wurth gegenüber IPPEN.MEDIA. Dass es Söder gelinge, das Gesetz noch irgendwie herauszuzögern oder gar zu stoppen, sei unwahrscheinlich. „Das halte ich nicht für eine realistische Aussage“, so Wurth.
Dass CDU-Chef Friedrich Merz das Gesetz, wie angekündigt, bei einer Regierungsbeteiligung wieder kippen könne, sei ebenfalls unwahrscheinlich. Denn dazu wäre die CDU auf die Zustimmung eines Koalitionspartners angewiesen. Da die Ampel-Parteien einer vollständigen Rückabwicklung des Gesetzes vermutlich nicht zustimmen würden, und die Brandmauer zur AfD bislang stehen solle, sei Wurth bei dieser Frage „einigermaßen entspannt“.
Die einzig verbleibende Hürde sei nur noch die Unterschrift des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Er könne die Unterschrift zwar verweigern, sollte er das Gesetz für verfassungsfeindlich halten, doch davor habe Wurth keine große Angst. Solche Bedenken seien bislang nicht vorgebracht worden. „Insofern glaube ich auch, dass das jetzt kein Problem mehr ist“, sagte Wurth.
„Zufrieden sind wir natürlich nicht“ – Hanfverband sieht noch Schwächen im Cannabis-Gesetz
Doch ohne Kritik kommt das neue Gesetz zur Teillegalisierung von Cannabis nicht davon. Zu viele Dinge seien noch unklar. So beispielsweise der Grenzwert für THC, der Hauptwirkstoff in Cannabis, im Straßenverkehr. „Wir haben immer noch ein Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum und das ist ein extrem niedriger Grenzwert“, sagt Wurth gegenüber IPPEN.MEDIA. So bekämen Autofahrer eine Rauschfahrt unterstellt, die überhaupt nicht mehr unter Einfluss von Cannabis stünden. Deshalb fordere er eine Erhöhung des Grenzwertes. „Zum Beispiel 3,5 Nanogramm, wie ein Teil der Grenzwertkommission es vorgeschlagen hat“, so Wurth.
Zuletzt hatte sich auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing für eine Anhebung des Grenzwertes ausgesprochen. Würde die Regelung von einem Nanogramm pro Milliliter Blut weiter bestehen bleiben, sei das ein „Konsumverbot über das Verkehrsrecht“. Eine Expertenkommission solle diese Entscheidung „im Frühjahr“ treffen.
Auch die aktuell geltende Abstandsregelung zu Schulen und Kitas hält Wurth für fragwürdig. Zwar sei es gut, dass die anfangs angedachte Regelung von einem Mindestabstand von 200 Metern herabgestuft wurde. Aber auch mit der nun geltenden Regel von 100 Metern Abstand, würden Unsicherheiten bleiben. „Wenn ich durch eine fremde Stadt laufe und auf der gleichen Straßenseite in 100 Metern der Eingang einer Kita kommt, kann ich das gar nicht erkennen“, sagte Wurth.
Trotzdem sei das nun beschlossene Gesetz ein Erfolg – auch für den Hanfverband. „Zufrieden sind wir natürlich nicht“, so Wurth. Ein „riesiger Schritt in die richtige Richtung“ sei es trotzdem. Das Cannabis-Gesetz der Ampel sei „die fortschrittlichste Cannabispolitik in Europa, auch wenn das ursprüngliche Ziel der kompletten Marktregulierung bisher nicht erreicht wurde.“
Cannabis-Gesetz der Ampel – Das ist ab erstem April erlaubt
Das Gesetz von Gesundheitsminister Karl Lauterbach sieht vor, dass Personen ab 18 eine bestimmte Menge Cannabis besitzen dürfen. Geplant ist der legale Besitz von bis zu 25 Gramm, die auch im öffentlichen Raum mit sich geführt werden dürfen. In der privaten Wohnung sollen sogar 50 Gramm erlaubt sein. Außerdem soll der Anbau von drei weiblichen Marihuana-Pflanzen möglich sein.
Die wichtigsten Regeln beim Cannabis-Gesetz im Überblick:
| Ab wann tritt das Cannabis-Gesetz in Kraft? | 1. April 2024 |
| Wieviel Cannabis wird erlaubt? | 25 Gramm im öffentlichen Raum, bis zu 50 Gramm in der privaten Wohnung |
| Wird Eigenanbau legal? | Ja, es dürfen bis zu drei weibliche Cannabis-Pflanzen pro Person angepflanzt werden |
| Wird es Coffeshops wie in Holland geben? | Nein. Die Ampel will ab dem 1. Juli sogenannte nicht kommerzielle Cannabis-Clubs zulassen. |
| Auf was muss beim Konsum geachtet werden? | Das Rauchen von Cannabis wird auf Spielplätzen, in Schulen, Kitas, Jugendeinrichtungen und Sportstädten verboten sein. Auch ein Konsum in Sichtweite (100 Meter Luftlinie) wird nicht erlaubt. |
| Gibt es eine neue Regelung im Straßenverkehr? | Der Grenzwert für den Cannabis-Wirkstoff THC wurde noch nicht angehoben. Eine Änderung will das Verkehrsministerium noch nachreichen. |
Wer sein Cannabis nicht selbst anbauen möchte oder kann, dem sollen ab dem 1. Juli sogenannte Cannabis-Clubs zur Verfügung stehen. Dort dürfen Personen ab 21 eine Höchstmenge von 50 Gramm Cannabis im Monat beziehen. Für Menschen zwischen 18 und 21 Jahren erlaubt das Gesetz eine monatliche Höchstmenge von 30 Gramm Cannabis mit einer THC-Grenze von 10 Prozent. (nhi)
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