Bilanz der Umweltverbände
Bundestagswahl 2017: So tierfreundlich sind die Parteien
Welche Parteien setzen sich vor der Bundestagswahl 2017 tatsächlich für die Belange der Tiere und einen nachhaltigen Umgang mit der Natur ein?
München – Eigentlich bezeichnen sich die großen Tierschutz- und Umweltverbände als parteipolitisch neutral – doch zumindest ihre Bilanz für die vergangenen vier Jahre fällt sehr deutlich aus: Union und SPD hätten in den „vergangenen vier Jahren viel zu wenig getan, um die Missstände in der Landwirtschaft zu beheben“, heißt es beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). So habe es Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) etwa versäumt, „vorhandene EU-Gelder der Landwirtschaftsförderung für den Tierschutz, den Ökolandbau und den Erhalt bäuerlicher Betriebe einzusetzen“.
Aus Sicht von Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, haben sich die in die Große Koalition gesetzten Hoffnungen ebenfalls „nicht erfüllt“. Keine der versprochenen Regelungen zum Tierschutz sei umgesetzt worden. Doch wie sieht es in den kommenden vier Jahren aus? Tierschutzbund sowie der BUND fragten bei den wichtigsten Parteien deren Positionen ab.
Sieben Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche werden hierzulande ökologisch bewirtschaftet. Trotz der steigenden Nachfrage nach Bio-Produkten stellten zuletzt kaum Bauern ihre Höfe um – auch wegen der aus Sicht von Naturschützern zu geringen staatlichen Unterstützung.
Massentierhaltung besonders umstritten
Zwar war Förderung in der Vergangenheit im CSU-regierten Freistaat besser als in vielen anderen Bundesländern – über ein Drittel aller deutschen Ökobetriebe war zuletzt in Bayern beheimatet. Auf Bundesebene sehen Umweltverbände die Union aber als Bremser. Zwar hat sich Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) zuletzt erneut zum Ziel bekannt, die ökologisch bewirtschaftete Fläche auf 20 Prozent zu erhöhen, doch für den BUND ist mit Blick auf die Parteiprogramme der Union klar: „Eine stärkere Unterstützung der Weiterentwicklung der ökologischen Landwirtschaft, wie wir sie fordern, ist von CDU und CSU nicht zu erwarten.“ Am deutlichsten positionieren sich in dieser Frage die Grünen: Sie fordern die Abschaffung der Massentierhaltung sowie einen massiven Ausbau der Bio-Landwirtschaft.
Zu wenig Platz für die Stalltiere, das Schnäbelkürzen bei Hühnern oder dauerhaftes Anbinden der Kühe – die Liste an umstrittenen Maßnahmen in der konventionellen Landwirtschaft ist lang. SPD, Grüne und Linke wollen deshalb das Tierschutzgesetz komplett reformieren. So hoffen sie, den Schutz der Nutztiere auf den Bauernhöfen zu verbessern. Auch die AfD kritisiert die Massentierhaltung.
Die Union lehnt eine komplette Novellierung des Gesetzes dagegen ab – auch die FDP setzt eher auf Freiwilligkeit. Weitgehend einig sind sich die Parteien jedoch bei einer Vielzahl umstrittener Methoden: So wird die Fixierung von Sauen im Kastenstand oder das Schreddern männlicher Küken auf kurz oder lang wohl der Vergangenheit angehören. Die Union will den Bauern aber längere Übergangsfristen zugestehen als die Grünen.
Alle Parteien wollen zudem auf mündige Verbraucher setzen: CDU und CSU planen die Einführung eines freiwilligen Tierwohllabels. Die SPD warnt jedoch, dessen Existenz dürfe „kein Alibi für die zu niedrigen gesetzlichen Tierschutzstandards sein“.
Parteien fordern mehr Geld für Tierheime
Wenig überraschend ist, dass die Positionen der Naturschutzverbände, die etwa eine wirksame Begrenzung der Nitratbelastung oder einen Verzicht auf Pestizide fordern, weit näher bei den Grünen als etwa bei der CSU liegen. Unterstützung bekommen die Christsozialen dagegen vom Bayerischen Bauernverband: Man dürfe „nie die Folgen für die Bauernhöfe vor Ort aus dem Blick verlieren“, warnt ein Sprecher. Bei der Weiterentwicklung der Tierhaltung seien „Konzepte nötig, die Tierschutz und bäuerliche Strukturen unter einen Hut bringen“. Der Verband sieht durch ein etwa von den Grünen gefordertes Anbindeverbot von Kühen ebenso wie CSU-Minister Schmidt die Existenz vieler bayerischer Betriebe gefährdet.
In anderen Fragen sind die im Bundestag vertretenen Parteien dagegen grundsätzlich auf einer Linie mit den Umweltverbänden: Zumindest langfristig streben alle ein Verbot von Tierversuchen an, auch sollen die chronisch klammen Tierheime mehr Geld bekommen. Beim Kampf gegen die Erderwärmung fällt die Kritik der Verbände an SPD und Union wegen deren Verkehrs- und Energiepolitik dagegen deutlich aus. Immerhin haben beide das Problem erkannt – in der AfD halten dagegen viele den Klimawandel für eine Lüge.
Von Tobias Lill