Treffen in Johannesburg
Brics-Gipfel in Südafrika: Putin-Rede wird von anderer Stimme gesprochen
Sie wollen international mehr Gewicht haben – Kritiker zweifeln aber an der Geschlossenheit der Brics-Gruppe und sehen viel Konfliktpotenzial. Der News-Ticker.
- Putin spricht auf Brics-Gipfel: Russischer Präsident kritisiert Westen
- Brics-Gipfel in Südafrika: Brasilien, Indien, Russland, Südafrika und China wollen Allianz ausweiten
- Russland auf Brics-Gipfel: Lawrow als Stellvertreter von Wladimir Putin wird wohl auf Aufnahme von Belarus drängen
Hinweis der Redaktion: Dieser Ticker ist beendet. Die aktuellen Entwicklungen beim Brics-Gipfel in Johannesburg können Sie hier verfolgen.
Update vom 22. August, 21.30 Uhr: Dass Putin nicht persönlich beim Brics-Gipfel in Südafrika erscheinen wird, war vorab bekannt. Spekuliert wird unter anderem, dass sich der russische Präsident aufgrund des internationalen Haftbefehls sorgt, der aufgrund des Verdachts auf die Deportation ukrainischer Kinder gegen ihn im März dieses Jahres erlassen wurde. Kurios: bei Putins Videoansprache (siehe Update von 19.55 Uhr) scheint nicht der russische Präsident selbst zu sprechen. Vielmehr wirkt es, als würde Putin entweder synchronisiert oder als ob dessen Stimme künstlich vertieft wurde. Der Kreml veröffentlichte die Rede – inklusive der fremden Stimme – auf Telegram. Was dahinter steckt, ist unklar.
Brics-Gipfel in Südafrika: Putin schießt gegen Westen
Update vom 22. August, 19.55 Uhr: Wladimir Putin hat das Aufkündigen des Getreideabkommens mit der Ukraine erneut mit scharfer Kritik am Westen und an Kiew gerechtfertigt. Keine der vertraglich festgehaltenen Bedingungen zur Erleichterung des Exports von russischem Getreide und Dünger sei erfüllt worden, klagte der russische Präsident bei einer per Video übertragenen Rede auf dem Gipfeltreffen der Brics-Staaten in Südafrika. „Die Verpflichtungen gegenüber Russland diesbezüglich wurden einfach ignoriert“, behauptete er. Moskau werde die Blockade ukrainischer Häfen erst dann wieder aufheben und zum Abkommen zurückkehren, wenn alle russischen Forderungen erfüllt seien, so Putin.
Update vom 22. August, 18.00 Uhr: Joachim Weber, Sicherheitsexperte der Universität Bonn, sieht in der aktuellen Dynamik des Brics-Gipfels den Anbruch einer neuen geopolitischen Epoche. Es werde deutlich, dass sich „weltpolitische Gewichte verschieben“ und die internationale Ordnung „in Bewegung kommt“, sagte er dem Sender Phoenix am Dienstag (22. August). Es seien „Wandlungsprozesse im Gange“, die sich möglicherweise langfristig auswirken werden, so Weber. „Das werden wir beobachten müssen.“
Weber spricht von einem neuen „G7 der Zukunft“, das sich gegenwärtig entwickle. Anders als die G7 kämen in der Brics-Gruppe aber „sehr unterschiedliche Weltgegenden, sehr unterschiedliche Kulturen, sehr unterschiedliche Staatsformen“ zusammen – von fast diktatorischen Staaten bis hin zu durchaus freiheitlichen Demokratien. Insofern sei es fraglich, wie nachhaltig und „linear“ die Zusammenarbeit dieser Staaten sein wird. Weber verweist auf das Verhältnis zwischen China und Indien, die „nicht gerade als beste Freunde gelten.“
Brics-Staaten wollen Allianz ausweiten, um dem „Diktat“ des Westens ein Ende zu bereiten
Update vom 22. August, 16.28 Uhr: Auch andere Brics-Staaten befürworten grundsätzlich die Aufnahme weiterer Länder in ihr Bündnis aufstrebender Volkswirtschaften, die eine Gegenmodell zur westlich geprägten Weltordnung anstreben. China gilt bei den Erweiterungsplänen als treibende Kraft und wirbt entsprechend in seinen Staatsmedien. Peking hofft auf eine „gerechtere Weltwirtschaftsordnung“, heißt es laut der Deutschen Presse-Agentur etwa in einem Kommentar der chinesischen Staatszeitung Global Times. Die Brics-Staaten brächten „positive Energie in die Weltwirtschaft“, so der chinesische Staatssender CGTN. Experten zufolge wolle China „Brics plus“ als Bühne für politischen Aktivismus gegen die USA nutzen und China ins Zentrum der Weltordnung rücken.
Update vom 22. August, 15.20 Uhr: Russland befürwortet die Pläne zur Erweiterung der Brics-Allianz zu einer „Brics plus“-Gruppe. Eine solche Erweiterung bringe zweifellos eine Stärkung mit sich und „erhöht ihr Gewicht in den globalen Fragen“, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow im Vorfeld des heute beginnenden Treffens. Man wolle dem „Diktat“ des Westens unter Führung der USA ein Ende setzen, hieß es vorab auch von Russlands Seite. Lawrow vertritt Russlands Machthaber Wladimir Putin, der befürchten muss, aufgrund eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag als Kriegsverbrecher festgenommen zu werden. Allerdings hat Putin schon vor Beginn des Gipfels angekündigt, per Videokonferenz an dem Gipfel teilzunehmen.
Brics-Gipfel in Südafrika: Russland wird wohl auf Aufnahme von Belarus in die Gruppe drängen
Update vom 22. August, 13.30 Uhr: Der diesjährige Brics-Gipfel ist programmatisch von Plänen zur Erweiterung der Gruppe geprägt. Die Allianz von China, Indien, Russland, Südafrika und Brasilien soll künftig zu einer vergrößerten „Brics plus“-Gruppe anwachsen - darüber herrscht Einigkeit. Wer jedoch konkret in den Kreis aufstrebender Volkswirtschaften neu aufgenommen werden soll, dürfte Gegenstand möglicher Konflikte werden. So erwarten Beobachter, dass Russland auf eine Aufnahme seines engen Verbündeten Belarus drängen wird. In Belarus sind Tausende russische Soldaten stationiert, Machthaber Alexander Lukaschenko, der seit 2020 von den meisten Staaten nicht mehr als legitimes Staatsoberhaupt anerkannt wird, hatte das Land auch als Aufmarschgebiet für russische Angriffe auf die Ukraine bereitgestellt.
Wladimir Putin: Der Aufstieg von Russlands Machthabern in Bildern




Politikwissenschaftler sieht im Brics-Gipfel „viel Zündstoff“
Update vom 22. August, 12.10 Uhr: Der Politikwissenschaftler Thomas Jäger äußerte gegenüber ntv ebenfalls Bedenken zur Funktionsfähigkeit der Brics-Gruppe. In deren Gipfel stecke „viel Zündstoff“, da die fünf Mitgliedsstaaten „ganz unterschiedliche Vorstellungen“ davon hätten, wie die zukünftige Welt auszusehen habe. China sei an einer maximalen Vergrößerung der Allianz aufstrebender Volkswirtschaften interessiert, da es aufgrund seiner Größe ohnehin immer der mit Abstand mächtigste Staat innerhalb dieses Zusammenschlusses wäre.
Brasilien und Indien hingegen strebten grundsätzlich eine gleichberechtigte Mitgliedschaft an, „die China ihnen nicht gewährt“, so Jäger. Im Gegensatz zu den G7-Staaten seien die Brics-Staaten nicht in der Lage, „einen gemeinsamen politischen Willen auszubilden“. Einigkeit bestehe bisher nur in dem Willen, „besser an Geld zu kommen.“
Mit Blick auf Russland sagte Jäger, dass der Ukraine-Krieg „der große Konflikt ist, um den es auf dem Gipfel gehen wird“, auch wenn er nicht offiziell auf der Tagesordnung steht. Die Brics-Staaten hätten „alle ihre eigenen Friedensvorstellungen“, die Putin unter Druck setzten würden, den Krieg irgendwie zu beenden und „zu einer Lösung zu kommen“. Putins Vertreter auf dem Brics-Gipfel, Außenminister Lawrow, werde Mühe haben, die Partner davon zu überzeugen, dass Russland den Krieg noch gewinnen könne. Unterstützen würde diesen Krieg niemand, vor allem wegen dessen „Auswirkungen auf den gloablen Süden“.
Brics-Gipfel: Kritiker sehen in der Allianz eine „weitgehend dysfunktionalen Organisation“
Update vom 22. August, 10.40 Uhr: An der Sinnhaftigkeit einer Erweiterung der Brics-Gruppe bestehen allerdings auch Zweifel. Kritiker verweisen auf die unterschiedlichen Interessenlagen der fünf alliierten Volkswirtschaften. Die weltpolitischen Ausgangsbedingungen hätten sich im Vorfeld des diesjährigen Brics-Gipfels grundlegend geändert, was „zu einer ernsthaften Selbstanalyse“ Anlass geben sollte, zitiert die Deutsche Presse-Agentur die Londoner Times.
Deren Autoren sehen eine grundsätzliche Spaltung „zwischen drei unvollkommenen Demokratien auf der einen Seite - Südafrika, Indien und Brasilien, die eine enge Beziehung mit westlichen Gebern aufrechterhalten wollen - und den verbündeten Autokratien China uns Russland auf der anderen Seite.“ So sei Indien nicht begeistert von der Idee, gemeinsam mit China in einen antiwestlichen Block eingebunden zu werden, da die größte Demokratie der Welt sich zunehmend als Rivale Pekings begreift. Ungelöste Konflikte dieser Art machten die Brics-Allianz zu einer „weitgehend dysfunktionalen Organisation“, die nicht weniger dysfunktional werde, indem man sie erweitert.
Update vom 22. August, 9.50 Uhr: Die Allianz fünf aufstrebender Volkswirtschaften Brics trifft sich zu ihrem 15. Gipfel in Südafrikas Wirtschaftsmetropole Johannesburg. Im Vordergrund des Spitzentreffens, das vom 22. bis 24. August dauert, steht die Erweiterung der Gruppe. Bislang gehören Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika dem Staatenbund an. Jetzt will die Gruppe zu „Brics plus“ werden und zahlreiche neue Mitglieder aufnehmen. Es um nicht weniger als die Suche nach einer neuen globalen Ordnung, oder gar, wie es aus Russland heißt: um ein Ende des westlichen Diktats unter Führung der USA.
Brics-Gipfel in Südafrika: Brasilien, Indien, Russland, Südafrika und China gehören Staatenbund an
Erstmeldung vom 21. August: Johannesburg – Die Brics-Gruppe aus den Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika versteht sich als Gegengewicht zu westlichen Bündnissen wie den sogenannten G7. Kremlchef Wladimir Putin reist wegen eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshof gegen ihn allerdings nicht selbst zum kommenden Gipfeltreffen in der südafrikanischen Wirtschaftsmetropole Johannesburg – und erfährt damit nun selbst eine unmittelbare Auswirkung des von ihm angezettelten Ukraine-Kriegs.
Russlands Isolation: Sergej Lawrow vertritt Kreml-Chef Putin auf Brics-Gipfel in Südafrika
Der Haftbefehl des Internationalen Gerichtshofs gegen den Kremlchef erging wegen der Verschleppung von Kindern von ukrainischem auf russisches Staatsgebiet. Sergej Lawrow, der Außenminister Russlands, wird den russischen Präsidenten bei dem Treffen vom 22. bis 24. August vertreten. Dass Putins sich nun aufgrund der Gefahr, festgenommen zu werden, selbst eine Reisebeschränkung auferlegen muss, spricht Bände. Die internationale Isolierung war bereits Anfang des Jahres bei der UN-Vollversammlung deutlich geworden.
Die Staaten China, Indien und Südafrika hatten sich bei der Abstimmung enthalten, Brasilien hatte indes für einen Rückzug Russlands aus der Ukraine gestimmt. Dennoch arbeiten die fünf Brics-Länder – das Akronym setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der teilnehmenden Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zusammen – nun gemeinsam daran, den Westen zu schwächen und den Welthandel neu zu gewichten. Für Russland ist das auch ein Weg aus der Isolation. Die fünf Länder repräsentieren derzeit 42 Prozent der Weltbevölkerung und rund ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung.
Brics-Gipfel hochrangig besetzt: Chinas Präsident Xi Jinping in Südafrika dabei
Trotz des Fehlens des Kremlchefs vor Ort in Südafrika ist der Brics-Gipfel hochrangig besetzt: Chinas Präsident Xi Jinping ist chinesischen Staatsmedien zufolge am Montag zu dem Treffen in Südafrika aufgebrochen. Erwartet werden auch Brasiliens Staatschef Luiz Inacio Lula da Silva, Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa sowie der Regierungschef des zweitbevölkerungsreichsten Landes der Erde, der indische Präsident Narendra Modi. Putin nimmt per Videoschalte teil. Außerdem sind Berichten zufolge Vertreter von 34 weiteren Staaten sowie zahlreiche Führungspersönlichkeiten aus Afrika und dem Globalen Süden beim Gipfel dabei. Die Brics-Gruppe versucht, ihren internationalen Einfluss zu stärken und versteht sich als Gegengewicht zu westlichen Bündnissen wie den G7 oder der Nato.
Die Staaten sprechen sich gegen eine Weltordnung aus, die ihrer Ansicht nach den Interessen der reichen westlichen Mächte dient, insbesondere denen der USA. Auf der Agenda des Gipfels steht eine mögliche künftige Erweiterung, für die sich die Gruppe zuvor offen gezeigt hatte. Mindestens 40 Länder, darunter afrikanische Staaten wie Algerien, Ägypten und Äthiopien, haben ihr Interesse an einer Aufnahme in die Gruppe bekundet. Insgesamt wurden über 60 Nationen zum Gipfel eingeladen, darunter alle afrikanischen Länder. Nur eine Nation wies man zurück: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte Interesse bekundet, am Gipfel teilzunehmen – erhielt aber keine Einladung. Ehemalige Kolonialherren und westliche Industriemächte sind offenbar nicht erwünscht (bme/nak mit AFP/dpa).
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