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Diplomatie und Dauerstreit

Entspannung oder Eskalation? USA und China senden widersprüchliche Signale aus

Eine Reihe Spitzentreffen geben mal wieder Hoffnung auf eine Entspannung zwischen den USA und China. Doch parallel laufen gegenseitige Schuldzuweisungen weiter – und beide sehen den anderen im Abstieg.

Seit einem Jahr bemühen sich die USA und China darum, ihren Konflikt unter Kontrolle zu behalten – und betreiben aber doch beide ihre konfrontative Politik weiter. Und so befinden sich Entspannung und Eskalation in permanentem Wechsel. Derzeit gibt es mal wieder Anzeichen der Entspannung. Staatschef Xi Jinping empfing am Mittwoch überraschend Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom. Und Außenminister Wang Yi reist am heutigen Donnerstag in die USA, um einen baldigen Gipfel zwischen Xi und US-Präsident Joe Biden vorzubereiten. Doch all das hilft nicht, solange beide Seiten vom Niedergang des anderen phantasieren.

Ein wenig Optimismus erlaubt die Tatsache, dass Gavin Newsom in Peking gleich eine ganze Riege führender Politiker treffen durfte – in, wie die Nachrichtenagentur AP schrieb, ungewöhnlich freundschaftlicher Atmosphäre. Ein Kontrast sei das zum oftmals frostigen Dialog zwischen den USA und China der vergangenen Jahre. Newsom vereinbarte unter anderem mehr Zusammenarbeit im Klimaschutz, auch auf subnationaler Ebene. Er ist nach Angaben seines Büros der erste Gouverneur eines US-Staates seit 2017, der von Xi empfangen wurde. Ist das ein Signal Pekings?

Kommt es zum Wiedersehen? Zuletzt sah man Xi Jinping und Joe Biden im November 2022 gemeinsam.

Mehrere US-Minister reisten in den vergangenen Monaten nach China, manche trafen auch Xi Jinping. Dieser empfing kürzlich sogar eine Senatsdelegation unter Leitung des Mehrheitsführers Chuck Schumer von Bidens Demokraten. Es gebe „tausend Gründe, die Beziehungen zwischen den USA und China zu verbessern“, sagte Xi bei dem Treffen. Zwei neue bilaterale Arbeitsgruppen zu Wirtschaft und Finanzen hatten diese Woche ihre ersten Online-Treffen. US-Verteidigungsvertreter werden Anfang November erstmals seit über einem Jahr wieder an einem hochrangigen Verteidigungsdialog in Peking teilnehmen.

USA und China: Auf Entspannung folgt stets die nächste Krise

Also alles gut? So einfach ist die Lage leider nicht. Denn parallel laufen gewohnt negative Mechanismen weiter. China gibt den USA die Schuld am Krieg im Nahen Osten und eigentlich an allen geopolitischen Problemen dieser Welt. Die USA begrenzen die Exporte von Hochtechnologie in die Volksrepublik immer weiter. Misstrauen, wenn nicht gar die Paranoia, gegenüber den USA ist in China seit langem weit verbreitet. Umgekehrt gilt die Volksrepublik in den USA heute als größte Gefahr für Amerikas nationale Sicherheit. Nachsichtigkeit gegenüber China ist für US-Politiker ein politisches Eigentor.

Beide, die USA und China, sind innenpolitisch in Narrativen verfangen, wonach der jeweils andere sich im Niedergang befindet. Sich selbst sehen beide Supermächte dagegen im Aufwind. Beide halten ihr eigenes politisches System, ihre eigene Wirtschaft, ihre Gesellschaft, ihre Außenpolitik für überlegen.

China: Eindämmung durch die USA scheitert

Eine scheinbare Kleinigkeit heizte in China erst vor wenigen Wochen diese Stimmung wieder an. Der Telekommunikationskonzern Huawei legte ein neues Smartphone namens Mate 60 Pro vor, in dem ein fortschrittlicher Chip steckt, hergestellt in China. Die USA schneiden China zunehmend von Hochtechnologie-Importen ab, einschließlich Chips. Und nun hatte man einfach selbst einen Halbleiter entwickelt. Viele in China sahen das als Beweis des Scheiterns US-amerikanischer Versuche, Chinas Aufstieg auszubremsen.

„Die Betrachtung Chinas als ‚Risiko‘ ist auf die abnehmende Wettbewerbsfähigkeit [der USA] und die Angst vor dem Ende ihrer Hegemonie zurückzuführen“, triumphierte im Juli die staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Seit dem Irrsinn der Trump-Jahre und Trumps chaotischer Corona-Politik sieht Peking die USA auf dem absteigenden Ast, aller technologischen Überlegenheit Amerikas zum Trotz.

USA sehen China in der Wirtschaftskrise

Doch auch in Washington gewinnt die Sichtweise Anhänger, dass Chinas jahrzehntelanger Wirtschaftsboom vorbei ist und die Volksrepublik schwächer wird. Biden selbst nannte Pekings Wirtschaft eine „tickende Zeitbombe“. Sicher, die Verlangsamung der Exporte, die Deflation auf dem Immobilienmarkt und die zunehmende Überalterung bedrohen Chinas Aufstieg.

Doch es spricht viel dafür, dass die Erzählung vom Niedergang des jeweiligen Gegners in beiden Staaten vor allem an die Bevölkerung daheim gerichtet ist: Beide Seiten übertreiben letztlich die Probleme der anderen Seite. Ein gutes Klima für Verhandlungen schafft dieses Narrativ nicht.

Erzählung des Niedergangs: Beide Seiten übertreiben es

Allerdigs sei es keineswegs so, dass ganz China die USA im Niedergang sehe, betonten die US-amerikanischen China-Experten Daniel Fu und Arran Hope vor wenigen Tagen in einem Beitrag für das Fachmagazin The Diplomat. Es sei vielleicht die Mehrheitsmeinung, schreiben sie – zitieren in ihrem Text aber eine ganze Reihe prominenter Professoren mit der Gegenthese: Es werde schwer, zu den USA ökonomisch und in der Forschung aufzuschließen. „In Kreisen der politischen Elite Chinas gibt es dieselbe Debatte über die gegenwärtige Stellung und die Zukunft der USA wie umgekehrt im Westen [zu China]“, so Fu und Hope.

Die Rivalität der beiden Großmächte wird auf absehbare Zeit nicht abnehmen. Minimalziel wäre derzeit eine friedliche Koexistenz. Es gebe „eine nachweisbare Veränderung im Vergleich zu dem, wo wir vor ein paar Monaten waren“, sagte Gouverneur Newsom am Donnerstag. Das wäre eine gute Nachricht für die Welt.

Rubriklistenbild: © Adam Schultz/White House/Imago

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