Wer ist dafür, wer dagegen?
Bärbel Bas im Kreuzfeuer: Kritik und Lob zu ihrem Rentenvorstoß
Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas sieht dringenden Handlungsbedarf bei den deutschen Renten. Nicht alle befürworten den Vorstoß der SPD-Politikerin.
Berlin – Die deutsche Rente trägt sich schon lange nicht mehr selbst. Der demografische Wandel in Deutschland bedeutet, dass immer weniger Menschen in die Rentenkasse einzahlen. Gleichzeitig beziehen immer mehr Bürgerinnen und Bürger Geld aus dem Rententopf. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) schlägt vor, dass auch Beamte in die Rentenkasse einzahlen sollten. Ihr Vorstoß löst auch innerhalb der neuen Koalition eine Debatte aus. Doch viele unterstützen den Vorschlag der SPD-Politikerin.
Der bisherige Vorsitzende des Arbeits- und Sozialausschusses des Bundestags kritisierte die „Aufregung“ über den Vorschlag. Gegenüber der Augsburger Allgemeinen monierte Bernd Rützel (SPD); „Ich verstehe die Aufregung um den Vorschlag von Bärbel Bas gar nicht.“ Das, was die Ministerin vorgeschlagen habe, sei Beschlusslage der SPD und finde sich in deren Programmen. „Wir haben uns angesehen, wie es die Österreicher gemacht haben“, sagte der SPD-Sozialexperte mit Blick auf das Nachbarland im Süden.
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Bärbel Bas und die Rente: Reform-Vorschlag mit Unterstützung der Wirtschaftsweisen
Bereits die Ampel-Regierung habe die Selbstständigen in die gesetzliche Rente einbeziehen wollen. „Das Gerechte daran ist, dass alle ihren solidarischen Beitrag leisten“, erklärte Rützel weiter. Durch die Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten würden die Beitragsbasen verbreitert und zunächst die Beiträge stabilisiert. Aber es gebe auch Herausforderungen, wenn ein neues Modell eingeführt werde. „Die Integration ist kein Pappenstiel, es braucht eine lange Übergangsphase.“
Auch die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer hält die Einbeziehung von Beamten ins Rentensystem für „sinnvoll“. Beamte in die Rentenkasse einzahlen zu lassen, löse zwar nicht das grundlegende Problem, dass künftige Renten und Pensionen von künftigen Beitragszahlern und Steuerzahlern bezahlt werden müssten, sagte Schnitzer den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es komme also auf das Zahlenverhältnis der jüngeren Generation zur älteren Generation an. „Und das verschlechtert sich.“
Kritik aus der Union über Bas‘ Renten-Reform: „kein tragbares Finanzierungsmodell“
Dennoch sei es „sinnvoll“, das Pensionssystem der Beamten zu reformieren und in ein allgemeines Rentensystem für alle zu überführen – „schon um sicherzustellen, dass alle Einschränkungen, die man von gesetzlich Versicherten verlangt beziehungsweise verlangen sollte, auch eins zu eins auf sie übertragen werden“. Konkret nannte Schnitzer etwa die Begrenzung des Anstiegs der Rentenansprüche und die Erhöhung des Renteneintrittsalters.
Zuvor hatte vor allem Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) den Rentenvorstoß von Bas kritisiert. Man könne über alles reden, aber es sei „kein tragbares Finanzierungsmodell“, meinte der CDU-Politiker am Sonntag in der ARD-Sendung „Caren Miosga“. Seine Kritik begründete er damit, dass jeder, der in die Rentenkasse einzahle, entsprechend seiner Beiträge auch etwas herausbekommen würde. Im Koalitionsvertrag gebe es für Bas‘ Vorschlag keine Grundlage, mahnte Frei weiter. „Das ist nicht Common Sense in der Koalition.“
CSU kritisiert Renten-Vorschlag von Bas scharf: „Strohfeuer, ohne langfristige Entlastungswirkung“
Peter Aumer, fachpolitischer Sprecher für soziale Sicherheit der CSU im Bundestag, äußerte sich ebenfalls kritisch über Bas‘ Vorhaben. Gegenüber der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA erklärte Aumer: „Wir haben im Koalitionsvertrag das weitere Vorgehen in Sachen Rente klar festgelegt. Ich erwarte von Bundesarbeitsministerin Bas, dass sie die Umsetzung dieser Absprachen jetzt zügig in Angriff nimmt und nicht wieder neue Baustellen aufmacht.“
Weiter monierte der CSU-Politiker: „Frau Bas suggeriert mit ihrem Vorschlag, dass durch den Einbezug von Beamten und Selbstständigen die gesetzliche Rente im Eilverfahren gesichert werden kann und Geld im Überfluss zur Verfügung steht. Dies ist nicht der Fall. Bestenfalls handelt es um ein kurzfristiges Strohfeuer, ohne langfristige Entlastungswirkung.“ Stattdessen will Aumer zunächst die im Koalitionsvertrag vereinbarte Expertenkommission zum Thema Rente umsetzen. Daran hätte sich auch Bas zu halten. Stattdessen wolle er die von der CDU/CSU vorgeschlagene Aktivrente und Frühstart-Rente angehen.
Kritische Stimmen aus der Presse: „politische Nebelkerze“ – Gewerkschaft für Österreich-Modell
Doch auch aus der Presse gibt es kritische Stimmen. Das Handelsblatt etwa schreibt über den Vorschlag, es sei eine „politische Nebelkerze“: „Zum einen stabilisieren die zusätzlichen Beitragszahler das System nicht. Auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige werden eines Tages Leistungen in Anspruch nehmen – in vielen Fällen überdurchschnittlich. Der kurzfristige Einnahmeschub verpufft schnell, langfristig steigen die Verpflichtungen.“
Funktioniert das Österreich-Modell besser als das deutsche Renten-Konzept? Tatsächlich liegen die Renten (bzw. Pensionen) in Österreich deutlich höher als in Deutschland. Die Gewerkschaft IG Metall schreibt dazu: „Die durchschnittliche Altersrente lag im Jahr 2022 in Österreich bei 1751 Euro (brutto) pro Monat, in Deutschland bei 1177 Euro (brutto). Das sind die Durchschnittswerte für alle damaligen Rentnerinnen und Rentner.“
IG Metall unterstützt den Vorschlag von Bärbel Bas zur Renten-Reform
Die Gewerkschaft befürwortet eine Rente nach österreichischem Vorbild schon länger. In einem Fazit auf ihrer Website plädiert die IG Metall für eine „solidarische“ Rente: „Eine Rente, die alle Erwerbstätigen solidarisch mitfinanzieren. Und etwas höhere Beiträge, die von Beschäftigten und Arbeitgebern gemeinsam getragen werden. Das wäre eine Formel für bessere Renten. Österreich macht es vor.“
Über den aktuellen Vorschlag der Arbeitsministerin schreibt Walther Schneeweiß von der IG Metall in einer Pressemitteilung: „Wir unterstützen den Vorschlag der Bundesarbeitsministerin und erwarten möglichst bald ein Konzept zur schrittweisen Realisierung dieser Vorschläge. Auf jeden Fall sollte es in der angekündigten Kommission zur Weiterentwicklung der Alterssicherung diskutiert werden. Wir setzen uns für eine gerechte und finanziell nachhaltige Zukunft der gesetzlichen Rente entschlossen ein.“ (sischr/afp)
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