Debatte vor Bund-Länder-Gipfel
Asylverfahren noch außerhalb der EU durchführen? Grüne und SPD widersprechen Wüst
Vor dem Bund-Länder-Gipfel zur Migration starten hochrangige Politiker von Union und FDP eine Debatte über Asylverfahren außerhalb Europas. Das sorgt für Kritik.
Düsseldorf/Berlin – Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen lehnen die von CDU und FDP vorgeschlagenen Asylverfahren außerhalb der Europäischen Union (EU) ab. Rechtsstaatliche Verfahren und die Einhaltung der Menschenrechte müssten in den Drittstaaten zwingend gewährleistet sein, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der Rheinischen Post. Schon die Unions-Innenminister der Großen Koalition, Horst Seehofer und Thomas de Maizière, seien daran gescheitert.
Erfolgversprechender seien die laufenden Verhandlungen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit dem EU-Parlament über Asylverfahren in Zentren an den europäischen Außengrenzen. „Darüber hinaus verhandelt aktuell Bundeskanzler Scholz mit Nigeria über Migrationszentren für Rückkehrer, um sie bei ihrer Heimkehr zu unterstützen“, sagte Wiese. Beides greife ineinander und sei menschlicher als Asylverfahren außerhalb der EU.
SPD und Grüne gegen Asylverfahren außerhalb Europas
Grünen-Politikerin Irene Mihalic reagierte ebenfalls skeptisch. „Mich verwundert schon, dass sich die Union als christliche-konservative Partei so leicht damit tut, Lösungen zu vertreten, die nicht dem EU-Recht entsprechen und das Recht auf Asyl faktisch aushebeln sollen“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag der Rheinischen Post. Nötig seien stattdessen realistische, rechtskonforme Lösungen.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst hatte sich dafür ausgesprochen, Asylverfahren außerhalb Europas zu prüfen. Nach ihrer Ankunft in Europa sollten Geflüchtete in Partnerländer entlang der Fluchtrouten gebracht werden, „damit dort Verfahren und Schutzgewährung nach rechtsstaatlichen Regeln stattfinden“, sagte der CDU-Politiker der Süddeutschen Zeitung. „Das heißt, die, die keinen Schutzstatus erwarten können, kommen erst gar nicht in unser Land.“
Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr befürwortete eine Durchführung von Asylverfahren in Drittländern außerhalb der EU. Das würde „Klarheit über den Schutzstatus schaffen und verhindern, dass sich Menschen ohne Perspektive auf die gefährliche Route übers Mittelmeer begeben“.
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Asylverfahren außerhalb Europas: Migrationsforscher hält Wüsts Vorschlag für „sinnvoll“
Positiv über Wüsts Vorschlag äußerte sich der Migrationsforscher Gerald Knaus. „Das ist sinnvoll“, sagte er im TV-Sender Welt. „Gerade alle die, die Bauchweh haben bei dem Gedanken, die Asylverfahren in Drittstaaten zu machen, muss man immer daran erinnern, was wir jetzt haben: Wir haben jetzt seit über sechs Jahren eine unmenschliche, unmoralische, intensive Kooperation mit Libyen, wo Menschen zurückgebracht werden, auch finanziert von der EU.“
Beim Bund-Länder-Gipfel am kommenden Montag (6. November) beraten die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen der Bundesländer mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) über die Migrationspolitik. (dpa/cs)
Rubriklistenbild: © Christoph Reichwein/dpa
