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Interview

Erst bei der ARD – jetzt Chef bei Welt TV: „Man braucht keinen Milliardenetat für gutes Nachrichtenfernsehen“

olaf-scholz
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Jan Philipp Burgard im Interview mit Bundeskanzler Scholz.

Er kennt beide Seiten des TV-Journalismus: Jan Philipp Burgard spricht im Interview über die Unterschiede

Der Chefredakteur des Nachrichtensenders Welt TV, Jan Philipp Burgard, startete seine Karriere bei den Öffentlichen-Rechtlichen Sendern ARD, WDR und NDR, war vor seinem Wechsel USA-Korrespondent und stellvertretender Leiter des ARD-Studios in Washington. Mit Welt TV wurde er gerade in der Kategorie „Beste Information“ für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. Im Interview teilt er Einblicke in die Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und privatwirtschaftlichen Sendern und verrät seine Pläne für das neue Streitgespräch „Duell des Tages“.

Sie haben vor zweieinhalb Jahren die ARD verlassen und sind als Chefredakteur nach Berlin gezogen. Welche Unterschiede konnten Sie feststellen?
Jan Philipp Burgard: Es liegt in der Natur der Sache, dass ein privatwirtschaftlicher Sender agiler ist als ein föderal organisiertes öffentlich-rechtliches System. Wir haben sehr kurze Entscheidungswege. Die Innovationsfreude ist groß. Ein Beispiel: Als ich die Idee hatte, mit „Welt Reporter“ ein neues Reportage-Magazin zu entwickeln, vergingen bis zur ersten Sendung gerade mal zwei Wochen.
Wie groß war der Kulturschock für Sie?
Jan Philipp Burgard: Von einem Kulturschock kann keine Rede sein. Ich war einfach vom ersten Tag an begeistert, wie motiviert, professionell und dynamisch das Team ist. Gleichzeitig ist unsere Mannschaft vergleichsweise klein. Da muss jeder Einzelne jeden Tag sein Bestes geben, damit wir von 6.00 Uhr morgens bis 20.00 Uhr live Nachrichten senden können.   
Also sind die Öffentlich-Rechtlichen Sender privaten Fernsehsendern überlegen?
Jan Philipp Burgard: Personell und finanziell befinden wir uns definitiv in einer „David gegen Goliath“-Situation. Aber wir sind sehr kreativ und effizient. Man braucht keinen Milliardenetat, um gutes Nachrichtenfernsehen zu machen – wie unsere Nominierung für den Deutschen Fernsehpreis beweist.
Ärgert es Sie manchmal, dass Sie zum Beispiel nicht überall in der Welt eigene Korrespondenten haben?
Jan Philipp Burgard: Nein. Wir haben eine ganze Reihe unserer Kolleginnen und Kollegen von Print und Online für TV-Schalten fortgebildet. Dadurch konnten wir unser Korrespondentennetz erheblich erweitern und sind in aller Regel in der Lage, innerhalb von wenigen Stunden einen Reporter an jedem Ort der Welt zu haben.
In den nächsten Wochen soll mit „Duell des Tages“ ein neues Streitgespräch starten. Was steckt dahinter?
Jan Philipp Burgard: Wir haben festgestellt, dass unser Publikum neben tiefen Analysen auch Kommentarformate schätzt. Viele Meinungen, die wir auf Sendung bringen, hört man bei anderen Sendern nicht. Wir haben uns mit unserer ausgeprägten Debattenkultur ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet. Um unserem Zuschauerinteresse weiter Rechnung zu tragen, starten wir in der kommenden Woche mit einem täglichen „Duell des Tages“ in Länge von zehn Minuten.
Also nur Politiker, die sich wieder mit Politikern streiten?
Jan Philipp Burgard: Nein. Es treten nicht nur Politiker gegen Politiker an. Es debattieren Politiker mit Journalisten oder Journalisten mit anderen Journalisten über eine jeweils tagesaktuelle Frage. Damit machen wir unser Meinungsspektrum noch breiter.
Politische Talkshows gibt es von den Öffentlich-Rechtlichen Sendern fast jeden Tag, braucht es dann eine weitere Sendung?
Jan Philipp Burgard: Ja, denn offenbar suchen unsere Zuschauerinnen und Zuschauer gezielt Meinungsformate. Das zeigt auch die positive Resonanz auf unsere Sendung Welt Talk, die im Unterschied zum „Duell des Tages“ aber eine Stunde lang ist.  
Herr Dr. Burgard, was macht gutes Nachrichtenfernsehen aus?
Jan Philipp Burgard: Gutes Nachrichtenfernsehen ist schnell, relevant und glaubwürdig. Das gilt für unsere Politikberichterstattung genauso wie für „Breaking News“. Unser ganzes Team geht jeden Tag an seine Grenzen. Mancher von uns riskiert sogar sein Leben, um über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu berichten. Aber ohne die mutige Arbeit unserer Reporter würde die Welt wohl nicht von russischen Kriegsverbrechen und vom unermesslichen Leid der Menschen in der Ukraine erfahren. Im Zeitalter von Fake News und Desinformation sind unsere Augenzeugenberichte wichtiger und wertvoller als je zuvor.  
Ihr Sender ist zum ersten Mal für den renommierten Deutschen Filmpreis nominiert. Haben Sie damit gerechnet?
Jan Philipp Burgard: Im News-Geschäft erhält man ja selten gute Nachrichten. Insofern haben wir uns im Newsroom alle riesig über die Nominierung gefreut. Wir empfinden es als große Anerkennung unserer Arbeit, dass die Jury offenbar wahrnimmt, wie sehr unsere Relevanz im Nachrichtenfernsehen gestiegen ist. Das sieht man zum Beispiel an unseren Interviewpartnern. Vom Bundeskanzler über den NATO-Generalsekretär bis hin zum Bundespräsidenten haben wir immer relevante Gäste im Programm, wie in unserer Sendung Welt Talk. Besonders freut uns, dass wir nicht nur für eine einzelne Sendung oder eine einzelne Reporterleistung nominiert sind, sondern für unsere Nachrichtenberichterstattung insgesamt.
Wie wichtig ist pointierte Sprache im Fernsehen?
Jan Philipp Burgard: Wir sprechen die Sprache unserer Zuschauerinnen und Zuschauer. Und wir wollen unser Publikum nicht belehren oder erziehen, sondern informieren. Jeden Morgen versuchen wir in der Redaktionskonferenz die Themen zu finden, die ganz Deutschland bewegen. Wir senden zwar aus Berlin, aber verstehen uns auch als Sprachrohr der Menschen jenseits der Großstädte – vom Bayerischen Wald über die Lausitz bis zum Sauerland. Wir zeigen zum Beispiel in unseren Reportagen, wie die Kommunen durch die Migrationskrise ans Limit geraten. Wir zeigen die Welt, wie sie ist – und nicht, wie wir sie gerne hätten.  
Dr. Jan Philipp Burgard

Zur Person

Jan Philipp Burgard, Jahrgang 1985, ist Chefredakteur des Nachrichtensenders Welt TV. Regelmäßig zu sehen ist er als Moderator der Sendung „Welt Talk“. Von 2017 bis 2021 berichtete Burgard als ARD-Korrespondent aus den USA. Seine journalistische Laufbahn begann er beim Iserlohner Kreisanzeiger, außerdem schrieb er für Zeitungen und Magazine wie Die Welt, Focus, Die Zeit und Handelsblatt. Burgard studierte Politikwissenschaft, Neuere Geschichte und Öffentliches Recht in Bonn und Paris. Für seine Arbeit wurde er mit dem RIAS Medienpreis und dem Los Angeles Independent Film Festival Award ausgezeichnet. Burgard ist auch Bestsellerautor, zuletzt erschien von ihm im Piper-Verlag das Buch „Mensch, Amerika!“.

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