Nach Jamaika-Aus
Alles nur inszeniert? FDP bringt sich mit Rechtfertigung erneut in Erklärungsnot
Der Tweet der FDP zum Aus der Sondierungsgespräche schlägt weiter hohe Wellen. Nun hat sich die Partei dazu geäußert. Doch mit der Rechtfertigung bringen sich die Liberalen erneut in Erklärungsnot.
München - Mit den Worten "Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren" trat FDP-Chef Christian Lindner am Sonntag gegen Mitternacht vor die Kameras. Es sind die Worte, die das Scheitern der Gespräche um eine Jamaika-Koalition zementieren. Auch beim offiziellen Twitteraccount der FDP fand sich schnell ein grafisch aufbereitetes Statement der historischen Worte. Ebenso schnell mehrten sich im Netz die Zweifel an der Spontanität dieser Erklärung.
Im Seitenquelltext des Posts der FDP findet sich der entscheidende Hinweis darauf, wie lange vor dem Statement von Christian Lindner vor der versammelten Hauptstadtpresse das Bild von der FDP vorbereitet wurde. Der Dateiname des Fotos „171116_Sondierung_FB_IG_800x800px9.png“. Wer sich die ersten Buchstaben ansieht, erkennt die Datumsangabe 17/11/16 also der 16. November 2017. Eine Journalistin des Spiegel hat die FDP öffentlich damit konfrontiert.
LIebe @fdp, wieso hat eure Grafik das Datum von Donnerstag als Dateinamen? Ach ja, das war der eigentlich letzte Tag der Sondierungen, richtig... Der Abbruch der Gespräche war aber wirklich noch nicht länger geplant, ne, @c_lindner?#JamaikaAbbruch #Jamaika pic.twitter.com/U5CTHpiEZ3
— Ann-Katrin Müller (@akm0803) 20. November 2017
Die FPD hat der Spiegel-Journalistin mittlerweile geantwortet. Die Erklärung: Es seien mehrere Optionen vorbereitet worden.
Freitag sollte die Sondierung enden. Wir haben alle Szenarien vorgedacht. Gerne hätten wir gesagt: Ein Anfang ist gemacht. Trendwenden sind aber nicht in Sicht. pic.twitter.com/MmnnwT54hk
— FDP (@fdp) 20. November 2017
Ein Punkt der gegen diese Erklärung spricht: Einer der Mitarbeiter der FDP, die die Social Media Kanäle betreuen, hatte auf Nachfrage, ob das Statement bereits vorbereitet gewesen sei, am 19. November geantwortet: „Eine Kachel mit Text ist in einer Minute gebaut. (TD)“. Das Bild soll demnach nicht vorbereitet worden sein, sondern spontan in der Nacht in aller Eile zusammengeschustert worden sein - das impliziert die Antwort.
Den Geist des Sondierungspapiers können wir nicht verantworten. Wir wären gezwungen, unsere Grundsätze aufzugeben und alles das, wofür wir Jahre gearbeitet haben. Wir werden unsere Wähler nicht im Stich lassen, indem wir eine Politik mittragen, von der wir nicht überzeugt sind. pic.twitter.com/Jnw6ukJFRL
— FDP (@fdp) 19. November 2017
Auch der Auftritt von Christian Lindner vor der Presse wirkt im Nachhinein fragwürdig. Augenscheinlich nervös hantierte der PR-Profi mit seinem Zettel vor den Mikrofonen, verhaspelte sich sogar. Die historischen Worte, die er sprach - wohl doch nicht mehr als eine wohlgeplante Inszenierung.
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