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Flugblatt-Affäre

Tosender Applaus trotz Skandal: Aiwanger lässt sich im Bierzelt feiern

Hubert Aiwanger steht wegen der Flugblatt-Affäre heftig in der Kritik. Bei einem Bierzelt-Auftritt ist davon jedoch nichts zu merken.

Aschau – Auf Hubert Aiwanger warteten am Donnerstag zwei wichtige öffentliche Termine. Zunächst die seit Tagen überfällige persönliche Erklärung zur Flugblatt-Affäre, die seit dem ersten Artikel in der Süddeutschen Zeitung nicht nur die Landespolitik bewegt. Zwar gab sich der Chef der Freien Wähler (FW) in Bayern dabei kleinlaut, während er sein Statement weitestgehend von einem Zettel ablas. Zugleich nutzte er diesen Auftritt aber auch, um einmal kräftig zurückzuschlagen. Schließlich habe er „den Eindruck, ich soll politisch und persönlich fertig gemacht werden“. Damit war die Pflicht erfüllt.

Die Kür folgte am Abend im Chiemgau. Beim traditionellen Bieranstich im Festzelt auf dem Aschauer Markt war Aiwanger als Gastredner geladen. Quasi ein Heimspiel, denn dem Niederbayern liegt es im Blut, sein Publikum mitzunehmen – mit leicht eingängigen Parolen, die auch jedem Stammtisch zur Ehre gereichen würden.

Nichts zu spüren von der Flugblatt-Affäre: Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger zeigte sich im Bierzelt in Aschau gewohnt angriffslustig.

Aiwanger in Aschau: „Einziger Politiker, der das Maul aufmacht“

Das antisemitische Flugblatt aus der Schulzeit, für dessen Existenz Bruder Helmut die Verantwortung übernommen hat, war dabei zu keiner Sekunde Thema, wie unter anderem t-online und der Stern berichten. Statt mit kritischen Nachfragen wie in den vergangenen Tagen wurde Aiwanger mit viel Applaus bedacht.

Die Steilvorlage dafür lieferte Parteifreund Sepp Lausch, der den FW-Chef ankündigte als „einzigen Politiker, der das Maul aufmacht, der noch Rückgrat hat, der sich nicht verbiegen lässt“. Zugleich befand der Landtagskandidat – dann doch mit Blick auf das allerdings unausgesprochene Papier aus dem Schulranzen: „Angriffe auf Aiwanger sind auch Angriffe auf die einfachen Leute, die den Mund aufmachen.“

So in Stimmung gebracht, trugen die Aschauer den 52-Jährigen beinahe mit ihren Jubelschreien zum Rednerpult. Von wo aus Aiwanger die Anwesenden als „liebe Freunde des gescheiten Menschenverstands“ begrüßte. Der Dank erfolgte in langem, ja tosendem Applaus.

Beste Laune im Bierzelt: Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hatte in Aschau sichtlich Spaß.

Aiwanger im Bierzelt: „Bauern sind die wahren Grünen“

Etwa 40 Minuten lang knöpfte sich der bayerische Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident dann vor allem die Berliner Ampel-Koalition und speziell die Grünen vor. Um festzuhalten: „Hier in diesem Zelt sitzen die wahren Grünen, die Bauern und wahren Naturschützer.“ Ein Politiker im Wahlkampfmodus. Neben der Landwirtschaft ging es um den Fokus auf die lokalen Themen, die deutsche Wirtschaft und das Handwerk, wie t-online zu entnehmen ist.

Laut Stern waren Elogen auf den Verbrennungsmotor und das Brennholz an der Tagesordnung. Außerdem machte sich Aiwanger für Familie, Heimat und Tradition stark. Alles nicht neu aus seinem Mund. Aber für den unter Beschuss geratenen Familienvater wohl umso wichtiger, seine Themen wieder einmal gekonnt unters Volk zu bringen. Der erwartbare Applaus streichelt obendrein die Seele.

So war seine Botschaft, „Zukunftshoffnung statt Zukunftsangst“ zu verbreiten, wohl nicht nur an die Zuhörer gerichtet, sondern irgendwie auch an sich persönlich. Denn wie seine politische Karriere zumindest kurzfristig weiter verläuft, liegt eben nun in den Händen von CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder.

Aiwanger und die Flugblatt-Affäre: Söder will an Freien Wählern festhalten – aber auch an seinem Vize?

Der Nürnberger, der auch immer auf das Kanzleramt in Berlin schielt, will auch nach der Landtagswahl am 8. Oktober mit den Freien Wählern zusammen in München regieren. Das unterstreicht er quasi bei jeder Gelegenheit. Aber auch mit Aiwanger? Schließlich weiß auch Söder nicht, was da noch alles blühen könnte, aus der Vergangenheit seines Stellvertreters.

Die Nachfrage, ob in seinen Schul-Akten noch weiteres Belastendes zu finden sein könnte, beantwortete Aiwanger jedenfalls unter der Woche betont defensiv: „Lassen wir uns überraschen, was da jemand mir unter die Nase halten will.“ Eine Antwort, die suggeriert, dass die Flugblatt-Affäre kein einmaliger geschmackloser Ausrutscher gewesen sein dürfte.

Drängt ein bisschen: Ministerpräsident Markus Söder will von Hubert Aiwanger dringend Antworten auf 25 Fragen der CSU.

Söder macht Aiwanger Druck: „25 Fragen zeitnah beantworten – am besten noch heute“

Bislang ist Söder bei der Causa Aiwanger nur Passagier. Lediglich einen Fragenkatalog hat er seinem Stellvertreter aufs Auge gedrückt. Ansonsten die Füße stillgehalten. Noch. Denn auch der sonst durchweg führungsstark auftretende 56-Jährige weiß: Lange sollten dieses Thema nicht mehr vor sich hin köcheln und den Wahlkampf belasten.

Und so folgte an diesem Freitag ein Ultimatum light. „Für mich ist wichtig, dass die 25 Fragen jetzt umfassend und glaubwürdig beantwortet werden, und zwar zeitnah. Und zeitnah heißt am besten noch heute, im Laufe des Tages“, ließ Söder am Freitag am Rande eines Termins im mittelfränkischen Bechhofen wissen.

Denn so wirklich überzeugt schien der Landesvater nicht gewesen zu sein von Aiwangers Termin am Tag zuvor. Also dem ersten. An dem das ganze Land Anteil nehmen konnte. „Die Entschuldigung gestern war dringend notwendig. Es bleiben aber noch viele Fragen offen“, erinnerte Söder den umtriebigen Koalitionspartner an eine weitere Pflicht. (mg)

Rubriklistenbild: © IMAGO / Smith

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