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Trotz der Bedenken

Mehr Waffenlieferungen – Olaf Scholz genehmigt Ausfuhr an Saudi-Arabien

Trotz der Versprechen im Koalitionsvertrag lieferte die Bundeswehr Waffen an Saudi-Arabien. In Zukunft wird der Export „in spezifischen, individuellen Fällen“ noch leichter.

Vilnius – Am Mittwoch (12. Juli) hat die Bundesregierung einer Aufweichung der strengen Exportregeln für Waffenexporte nach Saudi-Arabien zugestimmt. Flugzeuge vom Typ Eurofighter sollen trotzdem nicht geliefert werden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) konnte mit Grünen und FDP eine Einigung darüber erzielen, „in spezifischen, individuellen Fällen“ einer Ausfuhr in das Wüstenemirat zuzustimmen, wie der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, am Rande des NATO-Gipfels in Vilnius mitteilte. Dabei lobte dieser die Bemühungen Saudi-Arabiens, die zu einem Waffenstillstand mit dem Jemen geführt hätten. Die genauen Kriterien für Fälle, in denen einem Export in Zukunft zugestimmt werden kann, blieben jedoch im Dunkeln.

Olaf Scholz versteht sich prächtig mit dem saudischen Kronprinz Mohammed bin Salman.

Die Große Koalition aus CDU und SPD hatte 2018 zunächst einen Ausfuhrstopp gegen Saudi-Arabien verhängt, was damals mit Riads Verstrickungen in den Jemen-Krieg begründet worden war. In dem im März 2015 ausgebrochenen Krieg, hatten beide Seiten gegen das Kriegsrecht verstoßen. Bereits geschlossene Verträgen waren hiervon jedoch ausgenommen. Nachdem im November desselben Jahres der Washington Post-Kolumnist Jamal Khashoggi in der saudischen Botschaft in Istanbul ermordet wurde, bahnte sich eine Verschärfung an. Die damalige Bundesregierung setzte ein umfassendes Exportverbot durch. Die europäischen Partner in der Waffenproduktion verärgerte das damals sehr.

Keine Eurofighter – Trotz des Drängens der europäischen Partner im Rüstungsprojekt

Bei Gemeinschaftsprojekten der europäischen Länder, genügt das Veto eines Vertragspartners, um eine Ausfuhr zu unterbinden. Frankreich hatte behauptete, das Exportverbot unterminiere „die Glaubwürdigkeit des europäischen Verteidigungsprojekts“. Präsident Emmanuel Macron hatte die deutsche Position als „demagogisch“ bezeichnet und den Druck auf die Bundesregierung erhöht. Auch der damalige britische Außenminister Jeremy Hunt hatte sich wenig begeistert gezeigt. Er hatte die Bedenken zwar geteilt, dass gelieferte Waffen zum Unrecht im Jemen beitragen könnten. Man habe aber, so seine Behauptung, mehr Einfluss auf Riad, wenn man zwar Waffen liefere, dies jedoch an bestimmte Konditionen knüpfe.

Es sei erwartbar, dass die erneute Absage an eine Ausfuhr von Eurofightern am Mittwoch (12. Juli) Großbritannien wieder verärgern wird, schreibt das Portal Politico. Zwar besitze Saudi-Arabien schon 72 der Flugzeuge, man hätte sich vor fünf Jahren jedoch mit London auf die Option geeinigt, weitere vier Dutzend Kampfjets bestellen zu können. Die Inselnation dränge schon seit längerem auf eine Genehmigung für diese Ausfuhr. Bundeskanzler Scholz hatte dem in Vilnius jedoch eine deutliche Absage erteilt. „Ich versichere Ihnen: Eine Entscheidung über die Lieferung von Eurofightern nach Saudi-Arabien steht in absehbarer Zeit nicht auf der Tagesordnung“, so der Kanzler.

Bei welchen Rüstungsprojekten arbeiten die europäischen Länder zusammen?

Der Eurofighter wird gemeinsam von Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien hergestellt. Frankreich, das zunächst mit von der Partie war, ist inzwischen ausgestiegen. Den Truppentransporter Airbus A400M produziert Frankreich hingegen weiter mit, genau wie Deutschland, Frankreich und Spanien. Zurzeit laufen Planungen für das „Main Ground Combat System“. Der Panzer soll den französischen Leclerc und den deutschen Leopard 2 ablösen, Frankreich und Deutschland wollen hierbei zusammenarbeiten.

Anders als im Koalitionsvertrag vereinbart: Ampel-Koalition liefert so viele Waffen wie seit 2018 nicht mehr

Letztes Jahr hatte eine Annäherung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran Hoffnungen auf einen dauerhaften Waffenstillstand in dem Stellvertreterkrieg, den beide Länder im Jemen führen, gemacht. Tatsächlich war eine brüchige Feuerpause zustande gekommen, die bis Anfang Oktober 2022 hielt. Obwohl die Feuergefechte kurz zuvor wieder ausgebrochen waren, stimmte die Ampel-Regierung am 06. Oktober 2022 der Ausfuhr von Ausrüstung und Bewaffnung von Kampfflugzeugen sowie von Munition zu. Ein starker Kontrast zu einer Aussage Annalena Baerbocks (Grüne), die sie im März 2019 auf Twitter veröffentlicht hatte: „Saudi-Arabien beteiligt sich am Jemen-Krieg und tritt Menschenrechte mit Füßen. Rüstungsexportstopp an Saudi-Arabien muss weiter gelten“.

Das seien genau die Waffensysteme, „mit denen Saudi-Arabien in der Vergangenheit Luftangriffe im Jemen geflogen“ habe, auch „systematisch gegen zivile Ziele“, hatte Max Mutschler vom Bonner International Center for Conversion (BICC) diese Entscheidung gegenüber der Tagesschau kritisiert. Man könne nicht immer Ausnahmen für gemeinsame europäische Rüstungsprojekte machen, so Mutschler weiter, denn „Letzten Endes hebelt man damit die deutschen Regeln und Gesetze aus, weil man eben immer sagt, es ist eine europäische Kooperation mit den Partnern“. Die Entscheidung war kurz nach einem Besuch von Olaf Scholz in Riad gefallen. Es sei also um deutsche Wirtschaftsinteressen in Zeiten der Energiekrise gegangen: Öl und Wasserstoff aus Saudi-Arabien.

Waffenlieferungen mit oder ohne Waffenstillstand – trotz des Widerstands aus den eigenen Reihen

Erst im März 2023 konnten sich die Saudi-Arabien und die vom Iran unterstützen Huthi-Rebellen auf den Entwurf eines Abkommens einigen, um die Waffenruhe zu verlängern. Die FDP setzt die Ampel-Koalition jedoch schon seit dem ersten Waffenstillstand unter Druck, das Exportverbot zu überdenken, mit Erfolg. In ihrem ersten Regierungsjahr 2022 hatte die Ampel-Regierung Lieferungen von Rüstungsgütern für 44,2 Millionen Euro nach Saudi-Arabien genehmigt, so viel wie seit 2018 nicht mehr, wie die Zeit schreibt. Im ersten Halbjahr 2023 hätten die Genehmigungen dann aber deutlich abgenommen. Dennoch stellt es einen Bruch des Koalitionsvertrages dar, der vorsah, keine Rüstungsgüter an Staaten zu exportieren, solange diese am Jemen-Krieg beteiligt sind.

Inzwischen regt sich im Ampel-Bündnis Widerstand gegen laxe Waffenausfuhrbestimmungen. Vor gut einer Woche sprachen sich Politiker von Grünen und SPD dafür aus, Rüstungsexporte in Diktaturen grundsätzlich zu unterbinden. „Wenn man Rüstungsgüter liefert, dann an EU-Staaten und Nato-Mitglieder oder auch an die Ukraine, weil es eine angegriffene Demokratie ist“, sagte Anton Hofreiter (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur. Darüber hinaus müsse man sich gut überlegen, ob ein geostrategisches Interesse bestehe, was bei Diktaturen aber nie der Fall sei, da man nicht wisse, in welche Richtung sie sich wenden würden. Die erneuten Zusagen von Olaf Scholz, konnten aber auch diese Überlegungen nicht verhindern. (Tadhg Nagel)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Saudi Press Agency \ apaimages

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