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Probleme nicht nur beim Personal
Absagen und Ärger bei der Kabinettsbildung: Wie einsam wird Merz als Kanzler?
Noch vor seinem Amtsantritt kämpft Friedrich Merz mit Personalproblemen. Absagen und Unmut in der CDU sorgen für Diskussionen. Eine Analyse
Wenn am Montag die Delegierten des kleinen CDU-Parteitags dem Koalitionsvertrag mit der SPD zustimmen, dann ist es ein Meilenstein für Friedrich Merz – und ein weiterer Schritt hin zum Bundeskanzleramt. Doch während der CDU-Vorsitzende formell an Macht gewinnt, scheint ihm im Inneren der Partei der Rückhalt zu bröckeln. Das Bild, das sich dieser Tage in Berlin zeigt, ist das eines Kanzlers in spe, der die Regierungsmacht erringt – und zugleich eine Partei führt, in der sich bemerkenswert viele abwenden.
Statt Kampf um Ministerämter gibt es Absagen
In der Regel ist die Aussicht auf ein Ministeramt in der Bundesregierung für viele in der zweiten und dritten Reihe der Partei ein Ziel, auf das ganze Karrieren ausgerichtet werden. Unter Merz aber scheinen selbst Spitzenkräfte einen Bogen um den Kabinettstisch zu machen. Noch bevor überhaupt die Koalitionsverhandlungen begannen, sagte Ines Claus, Fraktionsvorsitzende der CDU in Hessen, öffentlich ab. Die profilierte Landespolitikerin war als potenzielle Ministerin gesetzt, sitzt im Präsidium der CDU und gilt parteiintern als bestens vernetzt. Doch sie will lieber in Wiesbaden bleiben.
Kurz vor Ostern folgte der nächste Rückzieher: Carsten Linnemann, eigentlich ein enger Vertrauter von Merz und hoch gehandelt für das Wirtschaftsressort, erklärte, er ziehe das Amt des CDU-Generalsekretärs einer Regierungsposition vor. In der Wirtschaft gilt er als ausgewiesen kompetent – doch offenbar reichten weder Autorität noch Verhandlungsgeschick von Merz, um ihn zum Wechsel zu bewegen.
Wen holt Friedrich Merz in sein Kabinett? Diese Minister stehen bereit
Auch David McAllister, ehemaliger Ministerpräsident von Niedersachsen und seit Jahren mit Gewicht in Brüssel, winkte ab – obwohl es um das traditionsreiche Auswärtige Amt ging. Für die CDU ist es das erste Mal seit sechs Jahrzehnten, dieses Ressort überhaupt wieder zu führen. McAllister aber will in Europa bleiben. Das ist bemerkenswert. Denn es war bisher unüblich, dass ein Parteichef in spe derart öffentlich Absagen einstecken muss – und das auch noch von Parteifreunden mit Ambitionen und Einfluss.
In Berlin wird hinter vorgehaltener Hand bereits gemunkelt, Merz tue sich auch bei der Besetzung des Regierungssprechers schwer – ein Posten, der in früheren Zeiten mit Kämpfen und Eifersüchteleien überhäuft war, so begehrt war er.
Doch die Probleme enden nicht im Personalbereich. Aus den Landesverbänden, insbesondere aus dem Osten, wird Unmut laut. Dort empört man sich über mangelnde Kommunikation mit dem Bundesvorsitzenden. Merz, so die Klage, spreche zu selten mit den Vorsitzenden der Landesparteien. Hinzu kommt, dass Katherina Reiche, eine frühere Bundestagsabgeordnete aus Brandenburg, als Ersatz für Linnemann im Wirtschaftsministerium gehandelt wird. In den ostdeutschen CDU-Verbänden stößt das auf scharfe Kritik. Reiche lebe seit Jahren nicht mehr im Osten, habe den Kontakt zur Lebensrealität dort verloren, so der Tenor. In einer Region, in der die AfD in Umfragen zweistellig führt, ist das ein heikler Vorwurf.
Verliert der künftige Kanzler Merz seine Strahlkraft schon vor Amtsantritt?
Und dann ist da noch Jens Spahn. Der einstige Gesundheitsminister soll, wie mehrere Medien berichten, Fraktionsvorsitzender im Bundestag werden. Dass diese Personalie über den Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA bestätigt wurde, gilt als weiteres Anzeichen für interne Abstimmungsprobleme. Vor allem: Merz war offenbar nicht eingeweiht – oder wurde übergangen. In beiden Fällen ist das politisch brisant. Denn es wirft eine zentrale Frage auf: Wem kann Merz eigentlich noch trauen?
In der Führung der CDU wächst derweil die Sorge, der künftige Kanzler könnte seine politische Strahlkraft bereits vor Amtsantritt verlieren.
Die Aufgabe, die vor Merz liegt, ist gewaltig. Deutschland steht vor wirtschaftlichen Herausforderungen, die gesellschaftliche Polarisierung nimmt zu, und die AfD steht bereit, die nicht mehr so Große Koalition mit Anfragen, Pöbeleien und verbalem Gift vor sich herzutreiben und die Demokratie zu zersetzen. Merz‘ Personalentscheidungen stoßen auf Zurückhaltung, seine Kommunikationslinien innerhalb der Partei scheinen gestört, und der Rückhalt aus den eigenen Reihen wackelt.
Wenn der neue Kanzler eines braucht, dann ist es ein starkes Team. Doch die entscheidende Frage dieses Frühlings lautet: Wer will überhaupt wirklich in seinem Team spielen?