Sonderpädagogisches Förderzentrum
Warum Waldkraiburgs Schulleiter Burkhard Schröder nach 40 Jahren meint: „Ich kann zufrieden gehen“
Nach 40 Jahren verabschiedet sich Schulleiter Burkhard Schröder in den Ruhestand. In dieser Zeit war er Zeuge und Mitwirkender eines enormen gesellschaftlichen Wandels. Dabei spielte auch Peter Maffay für ihn persönlich eine besondere Rolle.
Waldkraiburg – „Wehmut?“ Burkhard Schröder, Leiter des Sonderpädagogischen Förderzentrums, überlegt. „Nein.“ Pause. „Ich muss abwarten. Es war doch eine lange, prägende Zeit.“ Am 29. Juli hat der 65-jährige seinen letzten Arbeitstag; nach 40 Jahren, in denen er Zeuge und Treiber einer gewaltigen gesellschaftlichen Veränderung war.
In München aufgewachsen
Schröder wuchs in den 1960er-Jahren in der Nähe des Münchner Spastikerzentrums auf. „Die lebten im ehemaligen Schweinestall des großen Altenheims am Luise-Kiesselbach-Platz hinter riesigen Mauern. Das hat mich sehr bewegt.“ Als Konfirmant hatte er erste persönliche Kontakte mit ihnen. Durch die Aktion Friedensdorf erlebte er kriegsversehrte und traumatisierte Kinder aus Vietnam. Und dann lernte er noch den Autor Claus Fussek kennen, den „Engel der Alten“. Schröder: „Und so hatte ich den Wunsch, mit behinderten Menschen zu arbeiten.“
Wieso als Lehrer? „Ich war als Schüler nicht einfach. Wir waren sehr kritisch und haben Lehrern, die keinen modernen Unterricht gemacht haben, das Leben schwer gemacht. Ich wollte es dann besser machen.“
Die Liebe führte ihn nach Mühldorf
Nach Studium und Zivildienst führte ihn die Liebe nach Mühldorf. Zunächst arbeitete er fünf Jahre in Simbach, ehe er an die SFZ-Außenstelle Starkheim wechselte und 19 Jahre blieb.
„Da habe ich Teamarbeit gelernt.“ Mit den Schülern gestalteten sie die Fassade im Stil von Hundertwasser. Ggemeinsam realisierten sie zahlreiche Musikprojekte. Sein Favorit: die Aufführung von Peter Maffays „Tabaluga“ mit allen Schülern. „Diese künstlerische Arbeit hat mich als junger Lehrer unheimlich geprägt.“
Vor 16 Jahren holte ihn der damalige Schulleiter Peter Promberger nach Waldkraiburg. Jetzt wurde aus dem Lehrer ein Verwalter – er war zunächst zweiter, dann erster Konrektor und seit sechs Jahren Schulleiter.
Von der Hilfsschule zum Angebot für Integration
40 Jahre. Was hat sich da alles verändert? „Anfangs hießen wir noch Hilfsschule, und es gab ein Sonderschulpflichtgesetz. Jetzt sind wir ein Angebot. Jetzt entscheiden die Eltern, welche Schule ihre Kinder besuchen.“ Hinzu kam die mobile Arbeit an den Regelschulen. „Wir sind jetzt wesentlich mehr beratend für Eltern, Erzieher, Schüler und Lehrer tätig.“
Behinderte werden heute nicht mehr – wie in Schröders Kinder- und Jugendtagen – hinter Mauern weggesperrt. Aber: „Unsere Gesellschaft tut sich immer noch schwer damit, Randgruppen zu integrieren. Es hat sich eine ganze Menge getan, aber es ist noch nicht selbstverständlich. Wir gehören eigentlich noch mehr in die Mitte der Gesellschaft.“
„Die Öffnung der Gesellschaft ist erfolgt“
Auch sein Schulalltag hat sich gewandelt. Unterrichten war zuletzt die Ausnahme. „Das, wofür man mal angetreten ist, fehlt.“ Er habe dennoch Spaß an der Arbeit als Schulleiter gefunden. Zuletzt war er für 350 Schüler und 60 Kollegen verantwortlich, hat eines der größten Förderzentren Oberbayerns geleitet und den Neubau in Waldwinkel mit auf den Weg gebracht. „Ich habe die Schule nicht umgekrempelt. Ich habe die Arbeit meiner Vorgänger fortgeführt.“
40 Jahre. Haben sich seine Vorstellungen erfüllt? „Gute Frage. Ich habe nicht die Welt und die Gesellschaft ändern können. Die Öffnung zur Gesellschaft ist erfolgt. Aber mit klaren Grenzen. Unsere Gesellschaft hat Anforderungen an Leistung, die unsere Schüler so nicht erfüllen können. Mir ging es auch darum, dass unsere Schüler auch Platz an Regelschulen haben.“
Jetzt steht die Familie im Vordergrund
Jetzt also der Ruhestand. „Ich habe eine große Vorfreude.“ Es sei einfach Zeit, er hatte zuletzt gesundheitlich Probleme und seine Familie meinte: „Mach Schluss, damit du uns erhalten bleibst.“
Langweilig wird ihm sicher nicht. Die fünfjährige Enkelin freut sich schon auf ihn, im Haus ist einiges liegengeblieben, und mit seiner Frau möchte er auch mal außerhalb der Ferien verreisen. „Einfach ein paar ruhige Sachen.“ Und er möchte sich weiterhin ehrenamtlich für Kinder engagieren. „Jetzt geht es aber erst einmal um mich und meine Familie.“
Ein Abschied mit Wehmut?
40 Jahre. Gibt es wirklich keine Wehmut? „Ich glaube, dass ich damit gut zurechtkomme. Die Schule ist in guten Händen und gut bestellt.“
Am Mittwoch, 27. Juli, ist die offizielle Feier mit den Ehrengästen. Davor gab und gibt es noch eine kleine Abschiedstour durch „seine“ Schule: Alle Außenstellen haben ihn noch einmal eingeladen. „Die haben wohl etwas vorbereitet“, freut sich Schröder. „So ganz verkehrt kann ich es also nicht gemacht haben. Ich kann echt zufrieden gehen.“