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Zwischen Ausprobieren, Langeweile und Hilfeschrei

Wo drückt den Waldkraiburger Jugendlichen der Schuh? Das sagt der Jugendbeamte der Polizei

Schmierereien in Tiefgarage, Stefan Gerlach, Jugendbeamter Polizei Waldkraiburg
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Schmierereien wie hier in der Tiefgarage rücken Waldkraiburg und seine Jugendlichen immer wieder in ein schiefes Licht. Der Jugendbeamte der Polizei, Stefan Gerlach, hat dazu eine klare Meinung.

Kürzlich sorgten rechtsradikale Schmierereien in Waldkraiburg für Aufregung. Anlass, um einmal mit dem Jugendbeamten der Polizei über die Probleme der Jugendlichen in der Stadt zu sprechen.

Waldkraiburg – Polizeihauptkommissar Stefan Gerlach macht Eindruck. Er ist groß und kräftig, ruhig und gelassen. Er ruht in sich, hat keine Scheu vor deutlichen Worten und eine klare Haltung. Kurz: Stefan Gerlach ist ein gestandenes Mannsbild, er erntet Respekt.

Seit elf Jahren ist Gerlach Jugendbeamter der Waldkraiburger Polizei, seit elf Jahren steht er mit allen Schulen in engem Kontakt, besucht er immer wieder die Klassen, klärt über Gewalt, legale wie illegale Drogen und die Gefahren der Neuen Medien auf. Seit elf Jahren ist er in alle Straftaten der Jugendlichen bis 21 Jahre eingebunden, betreut er auch jugendliche Intensivtäter, hat ihre Entwicklung im Blick, ist deren Ansprechpartner. Wenn jemand die Waldkraiburger Jugendszene kennt, dann er.

„Schmierereien kommen überall vor“

Entsprechend ordnet er die jüngsten rechtsradikalen Schmierereien in der Tiefgarage und überhaupt die Schmierereien in Waldkraiburg ein: „Denen ist meist langweilig.“ Die Schmierereien seien „keine Waldkraiburg typische Sache. Da kann man hinfahren, wohin man will, Schmierereien kommen überall vor.“

Polizeihauptkommissar Stefan Gerlach hat als Jugendbeamter seit elf Jahren den Finger am Puls der Jugend. Sein Fazit: Die Jugendlichen sind in Waldkraiburg nicht besser oder schlechter als andernorts.

Er sieht auch keine politische Botschaft: „Die machen sich keine Gedanken, was das bedeutet. Sie wissen es oft nicht.“ Egal, welche Symbole die Jugendlichen wählen. Sie machen die einfach nach.

„Wir haben nicht den Boden für richtig extreme Gruppierungen“

„Wenn wir eine radikale Szene hätten, dann würde es uns auffallen“, sagt Gerlach bestimmt. Derartige Gruppen seien organisiert und würden sich nicht mit Schmierereien aufhalten. Die verwenden inzwischen Aufkleber, mit denen sie Laternenpfähle und ähnliches verunstalten.

Waldkraiburg sei dafür auch die falsche Stadt: „Wir haben nicht den Boden für richtig extreme Gruppierungen, weil wir so eine Vielfalt an Nationen und Religionen haben.“ Er sehe in den Schulen immer wieder, wie viele Nationalitäten in den Klassen vertreten sind und wie gut die miteinander auskommen. Das würden auch die Jugendpfleger vor Ort bestätigen: „Bei denen ist auch nichts auffällig.“

Die ganz normalen Themen: Alkohol, Cannabis, Laden- und Fahrraddiebstähle

In Waldkraiburg schlagen bei der Polizei unter den Jugendlichen die normalen Themen auf: Alkohol, Cannabis, Laden- und Fahrraddiebstähle. „Das ist nicht mehr oder weniger als in anderen Städten.“ Die Pubertierenden würden Grenzen austesten. „Die müssen genauso ihre Erfahrungen machen, wie wir.“

„Bei manchen ist es auch ein Hilfeschrei“, sagt Gerlach und erzählt von einer Gymnasiastin, die daheim extrem kurzgehalten wurde, die neben Schule auch den ganzen Haushalt schmeißen musste und „die Belohnung war Null“. Die Folge: Das Mädchen wurde ein paar mal beim Klauen erwischt. Danach sprachen er und das Jugendamt mit der Mutter. „Die hatte gar nicht gesehen, was sie ihrer Tochter alles abverlangt hat.“ Das hat geholfen, jetzt ist wieder alles im Lot.

Natürlich sind auch das Internet und vor allem das Handy ein Thema. „Aber da ist der Suchtfaktor höher als der Kriminalitätsfaktor“, hat Gerlach beobachtet. Die Jugendlichen seien schon sehr sensibilisiert, sie wüssten genau, wenn sie etwas Verbotenes verschicken oder bekommen: „Da ist ganz schnell ein Cut da und wird von ihnen schnell gestoppt.“

Wichtig ist ein Ansprechpartner für die Jugendlichen

Wichtig ist aus seiner Sicht, dass das Haus der Jugend wieder offen sei und es die Jugendpfleger vor Ort gibt. „Es ist wichtig, dass sie einen Ansprechpartner haben, dass sie spüren, da ist jemand, der sich für sie interessiert. Vor allem für die, die sonst alleine sind“, sagt Gerlach. „Für die ist es wichtig, dass sie einen Treffpunkt und Ansprechpartner haben, die sich um sie kümmern, die ihnen helfen, wenn sie mal ein Problem haben.“

Seit elf Jahren hat Gerlach, der in seiner Freizeit auch eine Fußball-Jugendmannschaft trainiert, den Finger am Puls der Zeit, erlebt er die neuesten Trends. Seit elf Jahren verfolgt er so manchen Lebenslauf: Einige verstehen die Warnschüsse einfach nicht und biegen falsch ab; andere schaffen es dagegen „wieder auf die Füße zu kommen“.

Das Fazit zu Waldkraiburgs Jugendlichen? „Das passt.“

In den elf Jahren hätten sich die Zeiten „brutal“ geändert, werde den Kindern immer mehr abverlangt: Entweder sind sie überbehütet und hetzen von einem Termin zum nächsten oder sie bleiben einfach sich selber überlassen.

Wie steht es nun um Waldkraiburgs Jugendliche? „Ich war heute erst wieder in der Realschule in einer siebten Klasse. Die Schüler sind zwischen zwölf und 14 Jahre alt. Ein Großteil von ihnen ist noch total unbedarft. Das sind brave Kinder, die haben Anstand und eine anständige Erziehung“, sagt Polizeihauptkommissar Gerlach und urteilt mit all seiner Erfahrung, mit allem, was er gesehen und erlebt hat: „Das passt.“

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