Weil ein Protein im Gehirn fehlt
Grundlos fröhlich: Die fünfjährige Luisa aus Waldkraiburg leidet am Angelman-Syndrom
Sie ist grundlos fröhlich und bekommt bei Stress Lachkrämpfe. Luisa Marschner (5) leidet am Angelman-Syndrom. Als ihre Mama Sandra die Diagnose erfuhr, war sie am Boden zerstört. Jetzt tut sie alles, damit ihre Tochter trotz Behinderung voll am Leben teilnehmen kann.
Waldkraiburg – „Sie ist die eine, die immer lacht“, heißt es in einem bekannten Song. Und tatsächlich lacht die fünfjährige Luisa aus Waldkraiburg fast immer, wenngleich der Grund dafür ein sehr ernster ist. Luisa Marschner leidet am Angelman-Syndrom. Dabei handelt es sich um einen seltenen Gendefekt. Eines von 15.000 Neugeborenen ist davon betroffen.
Neurologische Erkrankung
Die neurologische Krankheit geht mit erheblichen Störungen der körperlichen und geistigen Entwicklung einher. Auch eine reduzierte Sprachentwicklung gehört dazu. Betroffene schauen glücklich aus, lachen viel und strecken oft die Zunge hervor. Luisa hüpft und springt im Garten umher und umarmt immer wieder ihre Mama.
Mutter Sandra weiß, ihre Tochter weist zwar nur relativ milde Symptome des Angelman-Syndroms (AS) auf, dennoch ist sie hyperaktiv und häufig auf intensiver Suche nach körperlicher Nähe.
Schwangerschaft verlief ganz normal
Schwangerschaft und Geburt seien völlig normal verlaufen, erzählt Sandra Marschner. Nichts habe anfangs auf eine Behinderung des Kindes hingedeutet. „Als ich einige Wochen nach der Entbindung mit meiner Tochter auf der Couch saß, dachte ich mir plötzlich, irgendwas könnte mit dem Baby nicht stimmen“, erinnert sich die Altenpflegerin, die dieses Gefühl im Nachhinein „Mama-Gespür“ nennt.
Besonderheiten haben die Mutter beunruhigt
Sie verwarf derlei Gedanken wieder, bis sie später doch Besonderheiten an ihrem Kind feststellte. „Die Kleine streckte oft ihre Zunge aus, sie weinte sehr viel, und überhaupt kam mir das Kind körperlich betrachtet ein bisschen auf eine Seite fixiert vor.“
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Es lief eine Frühförderung für Luisa an, doch von einer Diagnose war Familie Marschner damals noch weit entfernt. Monate später beobachtete Mama Sandra, dass Luisa keine Wortketten bilden konnte und beim Laufen ruckartige Bewegungen machte.
Da läuteten sämtliche Alarmglocken
Jetzt läuteten bei der Mutter sämtliche Alarmglocken. Sie recherchierte im Internet und stieß dabei auf das Angelman-Syndrom.
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Mit dieser Befürchtung brachte die Waldkraiburgerin ihre Luisa in eine Klinik. Dort wurde die Diagnose Angelman-Syndrom eindeutig nachgewiesen. Das Mädchen war zu diesem Zeitpunkt drei Jahre alt. „Obwohl ich diese Befürchtung ja schon hatte, war ich trotzdem am Boden zerstört, gleichzeitig aber auch erleichtert, weil wir jetzt genau wussten, was mit Luisa los ist“, sagt Sandra Marschner.
Fünfjährige nimmt voll am Leben teil
Die Fünfjährige nimmt trotz Einschränkungen voll am Leben teil. Sie besucht die Integrationsgruppe der Kita unterm Regenbogen. Wie es nächstes Jahr schulisch aussehen wird, weiß Sandra Marschner allerdings noch nicht. Ein Mensch mit AS braucht immer Unterstützung.
Selbsthilfeverein setzt sich für Fachzentrum ein
Es gibt einen Selbsthilfeverein von Eltern für Eltern, der „Angelman e.V.“ heißt. Tini Gerlach, die dem Vorstand angehört: „Unser Verein ist in sechs Regionalgruppen in ganz Deutschland verteilt. Wir helfen Eltern die Diagnose besser zu verstehen, sie zu akzeptieren und den Alltag mit einem Angel-Kind neu zu gestalten.“
Sandra Marschner ist Mitglied des Vereins, der ihr als sehr wertvoll erscheint. „Ich habe auch schon an einem Treffen teilgenommen.“
Unter dem Motto „Wachgeküßt“ hat der Verein eine Spendenkampagne gestartet. Das Motto kommt nicht von Ungefähr, wie Jürgen Vogel, prominenter Schauspieler und Schirmherr des Vereins in einem Video erläutert: „Den Angelman-Kindern fehlt nur ein winziges Protein im Gehirn. Forscher haben jetzt einen Weg gefunden, ein schlafendes Gen zu wecken, um so betroffene Kinder wachzuküssen.“ Tini Gerlach erklärt: Mit den Spendengeldern könne ein dringend benötigtes Fachzentrum in München konkretisiert und dadurch die Förderung hoffnungsvoller Forschungsvorhaben weiter vorangetrieben werden.
Für den Angelman-Verein setzt sich auch Trainerin Alexandra Schlesag ein. Die 49-Jährige beteiligt sich an der Spendenkampagne. In ihrem „Trainingsplatzl“ in der Reichenberger Straße 7 bietet sie am Samstag, 3. Juli, 8 bis 18 Uhr, kostenlose Trainingsstunden an. Dabei werden Spenden für die Kampagne „Wachgeküsst“ gesammelt. Am Samstag, 10. Juli, folgt ein „Zwölf-Stunden-Spinning-Marathon“. Die erste Stunde kostet fünf Euro, jede weitere zwei Euro. Der Erlös des Tages kommt dem Verein und damit auch der kleinen Luisa zugute.huc
