Zurück auf der Straße
DGB-Maikundgebung in Waldkraiburg: Sozialstaat nicht wegen Aufrüstung vernachlässigen
Der DGB ist zurück auf der Straße. Zum ersten Mal seit zwei Jahren hat der Gewerkschaftsbund wieder zu einer Maikundgebung aufgerufen. Unter dem Motto „GeMAInsam Zukunft gestalten“ war die Kundgebung auch als Friedensdemo zu verstehen. Denn mit Blick auf die Ukraine dürfe die Zukunft nicht mit militärischen Mitteln gestaltet werden, forderte Hauptredner Andreas Bernauer.
Waldkraiburg – Von den großen Demonstrationszügen der Vergangenheit war heuer nichts zu sehen, nur knapp ein Dutzend Radfahrer schloss sich der Radldemo durch Waldkraiburg an. Aber Richard Fischer, Vorsitzender des DGB-Kreisverband und stellvertretender Landrat, sagte selbst, die Gewerkschaften müssen sich nach den Corona-Jahren wieder mehr ins Gespräch bringen, die Diskussion mit Betrieben und Angestellten suchen. „Die Demokratie endet nicht vor den Werkstoren.“
Keinen Rüstungswettlauf
Allgegenwärtig ist der Krieg in der Ukraine, auch bei der Maikundgebung. „Der Krieg ist durch nichts zu rechtfertigen“, sagte Andreas Bernauer, stellvertretender Bezirksgeschäftsführer ver.di Bayern. Der DGB sei schon immer Teil der Friedensbewegung gewesen, jetzt dürfe es keinen Rüstungswettlauf geben. 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr: Einerseits nachvollziehbar, dass die Bundeswehr ausgestattet werden muss, andererseits hätte das Geld auch in Schulen, Rente, Infrastruktur oder den ÖPNV fließen können. „Das ist aber nicht passiert, Geld für den sozial-ökologischen Umbau fehlt. “ Die Gefahr eines 3. Weltkriegs sei groß, daher müsse eine Welt mit weniger Waffen Ziel sein.
Der Krieg in der Ukraine zeigt Versäumnisse der Vergangenheit, legt aber auch Abhängigkeiten offen dar. Auf fossile Energie dürfe man sich nicht länger verlassen, sei aber in Bayern beispielsweise mit der Windkraft noch nicht auf dem richtigen Weg.
Trotz der hohen Inflationsrate sieht Bernauer Forderungen nach Lohnerhöhungen als gerechtfertigt. Beispiele zeigen, dass auch in schwierigen Zeiten gute Abschlüsse zu schaffen sind. „Den Aufschwung sollen wir nicht mit Lohnforderungen bremsen, beim wirtschaftlichen Abstieg sollen wir auch keine höheren Löhne fordern. Den Unternehmen würde es doch nie passen“, kritisierte Bernauer.
Dass sich immer mehr Unternehmen aus dem Tarif verabschieden, hielt Bernauer für bedenklich. „Es sind weniger als 50 Prozent.“ Die Politik könnte ihren Teil dazu beitragen, zum Beispiel mit einem Tariftreue- und Vergabegesetz, über das sich zum Beispiel Arbeitsbedingungen regeln lassen. In vielen Bundesländern gebe es ein solches bereits, in Bayern allerdings nicht. „Der politische Wille fehlt.“
Bernauer richtete den Blick auch auf die sozialen Berufe, die nur wenig Wertschätzung erfahren. Das Personal sei knapp, die Anforderungen groß. „Das ist nicht mit warmen Worten zu stemmen.“ Man müsse deren Arbeit aufwerten, nur so lasse sich etwas gegen den Fachkräftemangel tun.
Die Pläne für einen Kapitalstock für die Rente sieht Bernauer kritisch: „Das macht die Rente nicht stabiler und sicherer.“ Außerdem müsse die Rente ein Niveau von 53 Prozent erreichen. Die Frage nach der Finanzierung ist für ihn klar: „Das Geld ist da, nur ist es falsch verteilt“, sprach er den Reichtum an, der sich nur auf einen kleinen Teil der Bevölkerung verteilt. Größere Vermögen müssten stärker besteuert werden, es brauche eine Vermögens- und Unternehmenssteuer.
Nachhaltig in die Zukunft entwickeln
Wer mehr soziale Sicherheit will, dürfe nicht der AfD seine Stimme geben. „In ihrem Parteiprogramm vertritt sie eine arbeitnehmerunfreundliche Seite.“ Die AfD gehöre nicht in die Parlamente, sondern auf den „Schutthaufen der Geschichte“.
Ein Grußwort sprach auch Landrat Max Heimerl, der sein Amt im Krisenmodus kennt. Zuerst Corona, jetzt der Ukraine-Krieg. Deutschland habe in der Vergangenheit von der Globalisierung profitiert, jetzt gelte es, das Geschäftsmodell nachhaltig in die Zukunft zu entwickeln und Abhängigkeiten zu reduzieren. Es brauche den Staat als verlässlichen Partner und ein Miteinander von Unternehmen und Mitarbeitern. „Der Sozialstaat muss finanzierbar bleiben, die Schwächeren dürfen dabei nicht auf der Strecke bleiben.“
Bürgermeister Robert Pötzsch weiß es zu schätzen, in Frieden aufgewachsen zu sein. Doch er appellierte daran, dass jeder sein Handeln hinterfragen soll. „Was kommt an, wenn man für 700 Euro eine Woche Urlaub in der Türkei macht. Oder billige Teiglinge im Ausland eingekauft werden, der regionale Bäcker aber nicht überleben kann.“
