Tummelplatz für Urviecher
Warum auf einer Ausgleichsfläche der Stadt Mühldorf jetzt Wasserbüffel grasen
Auf rund sechs Hektar Weideland am Rande von Oberneukirchen grasen dank einer Ausgleichsfläche der Kreisstadt für verschiedene Bebauungsgebiete nun fünf Murnau-Weidenfelser-Rinder und zwei Wasserbüffel samt Kälbchen. Betrieben wird das im Mai 2022 fertiggestellte Weideprojekt vom lokal ansässigen Landwirt-Ehepaar Matthias und Josefine Reißaus.
Mühldorf/Oberneukirchen – „Mit der Zeit übernimmt man zwangsläufig ein paar Charakterzüge der Tiere, um die man sich kümmert. Manchmal grunze ich nur noch wie die Wasserbüffel, anstatt zu reden,“ erzählt Matthias Reißaus mit einem Schmunzeln.
Beim Rundgang über das Weideland am Rande von Oberneukirchen, auf dem sich seit Kurzem ein Teil seiner Wasserbüffel und der rotbraunen Murnau-Weidenfelser-Rinder, einer der ältesten Rinderrassen, tummeln, grunzt und muht es an allen Ecken und Enden.
Fast ein Hektar pro Rind oder Büffel
Auf dem Mund gefallen ist der Oberneukirchner Landwirt und Züchter ganz und gar nicht. Mit Verve erzählt er den Gästen – darunter Mühldorfs Bürgermeister Michael Hetzl und seiner Oberneukirchner Kollegin Anna Meier – von den Vorzügen des im Mai 2022 fertiggestellten neuen Weideprojekts, das aus einer Ausgleichsfläche der Kreisstadt für verschiedene Bebauungsplangebiete entstanden war.
Auf rund sechs Hektar Land können nun nach Herzenslust fünf Rinder samt drei Kälbern sowie zwei Wasserbüffel mit zwei Kälbern grasen. „Fast ein Hektar pro Kuh, das ist ein Geschenk, das dank seines Strukturreichtums Lebensraum für viele weitere Amphibien- oder Insektenarten bietet“, freut sich Reißaus, der sich mit seiner Frau Josefine seit Jahren den imposanten Wiederkäuern verschrieben hat.
Imposant – und auch etwas komisch, wie Oberneukirchens Bürgermeisterin Annerl Meier zugeben muss. „Wenn ich mit dem Auto an den Wasserbüffeln vorbeifahre, die sich gemütlich wie in der Badewanne direkt unter der Straßenüberführung suhlen, muss ich immer lachen. Anders als andere Rinder können Wasserbüffel nicht so schwitzen und bauen sich daher selbstständig ihre Suhlbecken, erklärt Matthias Reißaus.
Als er und seine Frau Josefine Reißaus vor rund drei Jahren auf die Gemeinde wegen ihrer Tiere zukamen, war sie hellauf begeistert. Eine Oberneukirchener Ausgleichsfläche, die weiter nördlich in Richtung Grünthal reicht, wurde seitdem bereits als Weideland genutzt; nun ist sie dank der Kreisstadt, die gemeinsam mit der Gemeinde und der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt das Weidelandprojekt in die Tat umsetzte, erweitert. Die städtische Ausgleichsfläche von Mühldorf wurde mittels Oberbodenabschub hergerichtet und an das Grundstück der Gemeinde Oberneukirchen mit Übergangsmöglichkeit für die Tiere angeschlossen. Auch eine Viehtränke für die Trinkwasserversorgung wurde installiert. Die Kosten betrugen dabei rund 106.000 Euro.
Amphibien- und Insektenarten fühlen sich pudelwohl
„Ausgleichsflächen kann man vielfältig gestalten. Das hier ist allerdings eine besondere, von deren Vielfältigkeit und Mehrwert für die Region wir überzeugt sind“, betont Bürgermeister Hetzl am Rande der Begehung. Den Mehrwert genutzt haben seit der Instandsetzung durch die Landschaftspflege Heinz Oilschinger nicht nur die Rinder und Büffel. Auf dem Weg über das Gelände, das in seiner morphologischen Vielfalt mal mit Altgrasforsten, mal mit abgegrasten Flächen, dazwischen ein paar Wasserwannen zum Suhlen besticht, bietet mittlerweile Raum für diverse Heuschreckenarten, die seltenen Bläulingsschmetterlingsarten sowie die gefährdeten Gelbbauchunken.
Damit diese sich ebenfalls ungestört an den Tümpeln vermehren können, werden die Vierbeiner immer mal wieder für kurze Zeit aus den Brutbereichen der Amphibien mit der leuchtend gelben Färbung am Bauch abgeriegelt, erklärt Reißaus. Und: „Das sei aber das einzige Management, das das Weidelandprojekt braucht.“ Maschinell gemäht müsse das Gras dank Abweidung nicht werden. Die Wiederkäuer wandeln das Futter in hochwertiges Eiweiß um. Eine sehr kostengünstige Lösung für die Kreisstadt und eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten, beteuert der Landwirt.
Projekt sollte Schule machen
Auch die Nachfrage von Bürgermeister Hetzl, warum Reißaus ausgerechnet die beiden Spezies zusammen auf die Weide lasse, nahm der engagierte Züchter zum Anlass, weitere Vorteile herauszustreichen: Was die Wasserbüffel nicht abgrasen, das erledigen die Murnau-Weidenfelser-Rinder; die würden sogar das invasive Springkraut fressen, das ansonsten mit seiner Verbreitung die Biodiversität gefährde.
Kurzum, ein Projekt, das Schule machen sollte. Auch aus Sicht der Verbraucher, die das Fleisch der Tiere aus der extensiven, naturnahen Landwirtschaft am Schluss auf dem Teller haben werden. Um diese Seite der Geschichte zu untermauern, gab es für die Gäste zum Rundgang auch noch ein schmackhaftes Allerlei mit herzhaften Rindsstücken aus dem eigenen Stall als Verpflegung.
