Ein Nachfolger für den Waldkäfer
Jahrelang im Wald vergammelt: Wie ein Kraiburger einen 50 Jahre alten „Wald-Bulli“ retten will
Nach dem Waldkäfer hat der Kraiburger Hobby-Restaurator Flo Rauscheder das nächste Projekt: einen 50 Jahre alten, vergammelten VW-Bus. Was er damit vorhat und was bis dahin vor ihm liegt.
Kraiburg - Winker-Blinker, eine durchgehende vordere Sitzbank, 13 Fenster, Baujahr 1958 und die rare Farbkombi palmgrün-sandgrün lassen das Herz von Flo Rauscheder höher schlagen.
Anderen verschlägt es beim Anblick des VW T1 Bulli die Sprache: Er ist Kernschrott, hat mehr Rostlöcher als Blech, statt Polstersitzen gibt es haufenweise Laub und Erde.
50 Jahre im Wald vergammelt
Der Bulli gammelte 50 Jahre in einem Wald in Weiden in der Oberpfalz vor sich hin. „Jep, der Zustand ist grausam“, sagt der Hobbyschrauber Flo Rauscheder. Das ist Nichts, was ihn abschrecken könnte. Er hat ein weiteres verrücktes Projekt. Er will den Bus restaurieren und TÜV-fertig machen, ein Road-Trip ist schon in Planung. Dass das möglich ist, hat er mit seinem Waldkäfer bewiesen (wir berichteten). Auch der Waldkäfer war einst Kernschrott und fährt heute mit TÜV-Plakette komplett restauriert.
Restaurieren heißt bei dem 39-Jährigen nicht, dass der T1 so aussehen wird wie in einer 60 Jahre alten VW-Reklame. Nicht sauber, schick und poliert will er den Bulli, sondern verwittert und vermoost sowie rostig - das heißt ist der Szene „rattig“.
„Was fehlt, wird ergänzt, was nicht zu retten ist, ausgetauscht. Von der Innenausstattung sind noch Reste der Verkleidung und Bezüge erhalten. Die sollen dann ins Innendesign integriert werden.“ Die Roststellen werden mit Owatrol konserviert. Die Originalfarbe ist „pgsg“, das begehrte palmgrün-sandgrün, das man an einigen Stellen noch erkennen kann.
Kurios: Nicht geplündert
Grandios findet Rauscheder, dass der alte Bus, der ursprünglich als Mannschaftsfahrzeug einer Ziegelei im Einsatz war, nicht geplündert worden war oder Opfer von Vandalismus gewesen ist. Zuletzt diente das Vehikel als „Fischerhütte“, nur der Motor war vor Jahrzehnten ausgebaut worden.
Das Getriebe funktioniert, der Tank scheint intakt zu sein und zudem sind Lenkrad, der Glasnadeltacho, die Winker-Blinker, sämtliche Radkappen und sogar alle Türen noch da. Letztere gaben dem jahrelangen Rostfraß nach und schlummerten neben dem T1 in Laub und Erde. Sogar der Zündschlüssel lag noch auf dem Beifahrersitz. „Das ist total irre“, freut sich Rauscheder.
Bei der wahnwitzigen Bergung halfen viele treue Freunde mit, darunter sein Bruder Markus Rauscheder, sein Kumpel und Rallyefahrer Adi Ruhaltinger und natürlich seine Freundin Laura Ubrig aus Burghausen, die das ganze Unterfangen dokumentiert und Videos und Beiträge für Social Media erstellt. Auch der Kraiburger Dokumentarfilmer Sebastian Ruben ließ seiner Kamera nicht entgehen, wie mit vereinten Kräften und einem Traktor die Sicherung in einem Stück über die Bühne ging.
„Das war ein Wunder: Zwei der Reifen hatten sogar noch Luft, der Rahmen ist in einem Stück erhalten. Für die selbsttragende Karosserie ist das unbeschreiblich wichtig“, erklärt Rauscheder, der mit seinen Freunden den Schrottwagen auf einen Anhänger zog und so am vergangenen Wochenende von Weiden nach Kraiburg überführte - mitsamt des Drecks aus dem Wald wie Tannennadeln, Erde und Laub.
„Das wird spannend, alles zu durchwühlen. Ich hoffe noch weitere Relikte zu finden, die zum Bulli gehören“, so der Schrauber, der sein Geld als Zusteller bei der Post verdient.
Eine Brotzeit als „Ablöse“
Völlig fasziniert von Flos Enthusiasmus sind Eva und Hermann Biber, Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Volkswagen so lange stand. Hermann half bei der Bergung und ist Feuer und Flamme für das Projekt. „Ich finde es toll, dass dem T1 neues Leben eingehaucht wird“, sagt er. Und er freute sich über die Brotzeit als „Ablöse“.
Die eigentliche Arbeit hat noch nicht begonnen. Damit er den Waldbulli optimal von allen Seiten bearbeiten kann, baut Rauscheder zunächst ein 3D-Gestell aus einem Stahlrahmen, in dem der VW festgezurrt wird. So kann er das Vehikel in alle Richtungen drehen, tut sich beim Schweißen leichter und kann das Ganze auch mal ins Freie schieben und dort werkeln.
Eine zeitliche Einschätzung, wie lange es dauert, bis der Waldbulli bereit für TÜV und Roadtrip ist, kann Flo nicht abgeben. Beim Waldkäfer hat er etwa zweieinhalb Jahre an Arbeit reingesteckt. „Aber da war ich noch Pionier und hatte so ein krasses Projekt noch nie gemacht. Viel Tüfteln und Ausprobieren war nötig. Beim T1 profitiere ich jetztdavon.“
Kuriositäten-Konservator mit Kultstatus:
Durch die Berichterstattung in den OVB Heimatzeitungen bekamen Rauscheder und sein Kugelporsche, der gut fünf Jahrzehnte bei Unterreit im Wald verschüttet war, jede Menge Aufmerksamkeit. Auf Instagram (Waldkeafer58) und in der Szene ist der 1200er Käfer heute Kult - und Flo Rauscheder inzwischen ein gefragter Mann, wenn es ums Konservieren solcher Kfz-Raritäten geht. Er ist ein Kuriosiäten-Konservator mit YouTube-Kanal, zu finden unter „Florian Rauscheder“. Dort kann man verfolgen, welche Wunder er mit viel Geduld, Fingerfertigkeit und Schweißbrenner vollbringt. Auch der Waldbulli hat schon viele Instagram-Fans. Der Waldkäfer kann in Flos Hobbyschraubergarage besucht werden. Kontaktaufnahme nur via Instagram.

