Aufreger in der Bürgerversammlung
„Halbe Ruine“ – Frust über das Jettenbacher Schloss und den Grafen
Bürgermeisterin Maria Meier konnte rund 60 Bürger sowie den fast vollzähligen Gemeinderat in der Mehrzweckhalle begrüßen.
Jettenbach – Einen anschaulichen und tiefen Blick in die eigene Städtebauhistorie erhielten die Jettenbacher im Rahmen ihrer jüngsten Bürgerversammlung.
Noch bevor Bürgermeisterin Maria Meier den anwesenden rund 60 Bürgern sowie dem fast vollzähligen Gemeinderat in der Mehrzweckhalle Haushalts- und Rechenschaftsbericht ablegte, zeigte Rainer Heinz Mängel und Möglichkeiten der lokalen Baustruktur auf.
Der Rosenheimer Architekt und Stadtplaner war von der Gemeinde beauftragt worden, eine städtebauliche Analyse für die Städtebauförderung zu erstellen, die ausreichend Anlass zu regen Diskussionen in der Bürgerschaft bot.
Konflikte mit den Grafen Toerring
Besonders der Burgberg mit baufälligem Zehentstadel, Mühle, ehemaliger Brauerei und natürlich einem „Dornröschenschloss, das leider keiner kennt“, so der Diplom-Ingenieur, biete viele Möglichkeiten für Sanierungen und eine attraktive Umgestaltung. Auch bei Leerständen sei dieses Areal um das „Brachfeld Brauerei“ samt ehemaligem Gewerbegebiet zuvorderst zu nennen.
Hier seien nicht nur Städtebauförderung und Gemeinde gefragt, sondern auch bürgerschaftliches Engagement. Denn: Von einer aufgehübschten Burg könne auch das zweite große Ziel einer Ortsmittenbelebung profitieren und Besucher anlocken. „Derzeit kommt doch keiner zum Einkaufen nach Jettenbach“, betonte Heinz.
Am Thema Schloss und Burgberg als attraktive Anziehungspunkte scheiden sich die Geister bei den Jettenbachern, die mit diesem Thema schon länger abgeschlossen haben. Unmut geht in Richtung der Grafen Toerring, denen das Areal samt Schloss gehört. Die seien in der Pflicht, an denen scheitern doch alle Bemühungen seit Jahrzehnten, beschwert sich der ehemalige Vereinssprecher des SpVgg Jettenbach Peter Heindl und stößt damit weitere Wortmeldungen an, die in diese Richtung gehen.
Bürgermeisterin Maria Meier stellte dann unmissverständlich klar, dass eine Belebung des Orts ohne Fördertöpfe und einer Zusammenarbeit mit dem Haus Toerring, das engstens mit der Ortsgeschichte verknüpft ist, nicht zu machen sei. Rainer Heinz fügte allerdings hinzu, dass vonseiten der Grafen bisher wenig Ideen gekommen seien. „Man muss einfach dran bleiben und den Austausch mit Städtebau und Toerring gleichermaßen suchen", schloss Heinz.
In eine andere Richtung ging der Beitrag von Uta Marschmann: „Wir sind so daran gewöhnt, dass der Burgberg eine halbe Ruine ist. Sollten wir uns nicht lieber auf die Lebensqualität konzentrieren?" Abgesehen von einer Vernetzung der Rad- und Wanderwege und einer Ortskernbelebung, auf die Rainer Heinz bereits eingegangen war, wäre eine Bademöglichkeit eine schöne Sache. Gerne nehme er diese Anregung auf, so Heinz, ein Dorfweiher sei ja vorhanden, aber: "Der gehört doch auch irgendwem", so der Stadtplaner mit einem Schmunzeln.
Dorfladen und Cafe
Auch die Möglichkeit für Cafés oder einen Dorfladen sei zu prüfen; bei rund 700 Einwohnern müssten allerdings Konzept und die Wirtschaftlichkeit stimmen, so Rainer Heinz und nahm dann mit vielen Fragezeichen und Anregungen im Gepäck seinen Abschied von der Bürgerversammlung.
Überraschend wenig Diskussionsanlass boten im Anschluss die kurzen Vorträge von Mitarbeitern der Firma Energie Südbayern (ESB), die einen Standort in Waldkraiburg haben. Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Erdgasknappheit stellten sie ihr Angebot bei Flüssiggas, Pellets, Wärmenetzen und einer möglichen Umstellung auf Wasserstoff vor.
Breitbandausbau kommt holprig voran
Es war wieder Peter Heindl, der nach der für ein Wärmenetz lohnenden Anzahl von Anschlüssen fragte. Steffen Otto, Geschäftsführer der ESB Wärme GmbH, musste zugeben, dass dies vom Verbrauch abhinge, was zu prüfen sei. Wobei man wieder beim Thema Ortsentwicklung sei. Gemeinsame Lösungen seien gefragt.
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Der Vortrag von Maria Meier über Einwohnerentwicklung, Haushalt samt Rechenschaftsbericht ging dann zügig über die Bühne: Der aktuelle Haushalt 2021 liegt bei 2,5 Millionen Euro, Rücklagen haben sich wegen der Bauarbeiten an der Wasserversorgung um knapp 400 000 Euro verringert, die allerdings auch um 140 000 Euro. Positiv sei, so Meier, die „soweit gebaute Wasserversorgung“ zu vermerken, dafür gestalte sich der Breitbandausbau weiterhin „holprig“. Die Baustellen gehen den Jettenbachern also sicher nicht nur am Burgberg nicht aus.



